Im Land des Eukalyptusbaums Roman
sie. »Offenbar lebte er seither mit Selbstvorwürfen und seinem schlechten Gewissen, und das führte ihn in diese völlige Isolation.« Nola blickte zu Wade auf und merkte erst jetzt, daß er vollkommen nüchtern war. Ihre Blicke trafen sich, und instinktiv wußte er, woran sie dachte.
»Ich habe keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt, seit ich hier war und Grundwasser entdeckt habe«, erklärte er leise.
Nola verzog die Brauen zu einem Stirnrunzeln. Sie überlegte, was ihn so plötzlich umgestimmt haben mochte.
Nebeneinander traten sie auf die Veranda hinaus. »Die Sauferei fing an in der Nacht, als Ellen starb. Aber Trauer läßt sich nicht wegspülen. Egal, wieviel ich trank, ich konnte sie nicht vergessen, ebensowenig das, was passiert war. Immer denke ich, ich wäre es ihr schuldig, in meinem Leben voranzukommen und wenigstens die letzten Jahre, die es mir noch bietet, mit Würde und Anstand zu verbringen, soweit möglich.«
»Ganz meine Meinung«, nickte Galen, der auf der Türschwelle stand.
»Bei all dem Durcheinander habe ich ganz vergessen zu fragen, ob Sie Nachrichten aus Maryborough mitbringen?« erkundigte sich Nola.
»Die Antwort ist ja. Drei Schiffe liegen im Hafen vor Anker, die das Vieh aufnehmen können.«
»Das ist ja wunderbar!«
»Unglücklicherweise ist es nur möglich, weil ein anderer Pech hatte. Eine Schiffsladung Schafe sollte eigentlich abgehen, aber wegen der Trockenheit haben die Farmer den Großteil ihrer Herden verloren. Ich reite ins Viehcamp hinaus und rede mit den Jungs«, erklärte Galen. »Der Auftrieb kann fürs erste nicht mehr weitergehen.«
»Wieso nicht?«
»Ich darf Langford nicht allein lassen. Der Transport wird sich verzögern.«
»Sie dürfen die Viehzählung und den Treck nicht aufschieben«, widersprach Nola. »Um Langford kann ich mich kümmern. Wade kann ja bei mir bleiben. Er ist sowieso noch lange nicht imstande, zu reiten.«
»Ich will gern mein Bestes tun, wenn irgend möglich«, mischte sich Wade ein.
»Sind Sie sicher?« bohrte Galen nach.
»Ganz sicher. Wir werden gut miteinander auskommen. Jetzt sind Sie schon so weit gekommen, bei der Rettung der Herde, daß Sie es auch zu Ende bringen sollten.«
»Ich reite nach Julia Creek und versuche, den Doktor zu verständigen, damit er herauskommt und nach Langford sieht, und nach Ihnen, Wade.«
»Ich bin in Ordnung, Galen.«
»Warten wir ab, was aus Langford wird. Wenn sich sein Zustand in ein paar Tagen nicht bessert, kann ich mich selbst nach Julia Creek aufmachen, um nach einem Arzt zu suchen«, versprach Nola.
Galen nickte.
»Bitte sagen Sie mir, wo Ellen begraben liegt?« meldete sich Wade zu Wort. »Immer wollte ich ihr Grabbesuchen und ihr die letzte Ehre erweisen, Abschied von ihr nehmen ...«
»Davon habe ich keine Ahnung«, versetzte Galen.
Wade war bestürzt.
»Nachdem sie gestorben war«, beeilte sich Galen zu erklären, »hielt Langford sie noch stundenlang in den Armen und wollte mir nicht erlauben, sie zu beerdigen. Als ich nach Julia Creek ausritt, um Sie aufzusuchen, war es bereits dunkel. Eigentlich wollte ich sie anderntags beerdigen, aber während meiner Abwesenheit hat er das selbst erledigt. Er war in einem furchtbaren Zustand. Wahrscheinlich weiß er selbst nicht mehr, wo er sie begraben hat. Mich hat er schwören lassen, nicht nach ihrem Grab zu suchen, und auf einer so großen Farm käme das sowieso der Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen gleich. Komisch ist nur, daß ich nie darauf gestoßen bin. Er wollte nicht, daß irgendwer erfährt, wie es passiert ist. Den anderen Arbeitern auf der Farm hat er erzählt, sie wäre weggegangen. Dann verkroch er sich in sein Haus und kam nie wieder ins Freie.«
Nola war bestürzt, und plötzlich wußte sie, daß es Ellens Grab sein mußte, auf das sie bei ihrer Suche nach Shannon gestoßen war. Ihr wurde auf einmal klar, wie sehr sie sich in Galen getäuscht hatte. Noch immer wußte sie nicht, was seiner Frau zugestoßen war, doch daß er ihr nichts zuleide getan hatte, davon war sie mittlerweile überzeugt.
Galen drehte sich zu ihr um. »Sie kennt die Stelle, wo das Grab ist, glaube ich«, setzte er hinzu.
Sie nickte. »Mein Gott, wenn ich die Wahrheit gewußt hätte ...!« Sie unterbrach sich.
Wade warf ihr einen prüfenden Blick zu. »Wollen Sie mir die Stelle zeigen?«
»Ich bin nicht sicher, ob ich sie wiederfinde, aber Hank könnte bestimmt ...« Nolas Augen füllten sich mit Tränen. »Es hat keinen Grabstein«,
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