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Im Land des Eukalyptusbaums Roman

Titel: Im Land des Eukalyptusbaums Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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Ruf geht die Themse hinunter, zusammen mit Ihrem, Miss Grayson!«
    »Ich finde, daß Sie jetzt wirklich übertreiben, Mr. Shelby.« Nola reckte energisch das Kinn vor. »Ich hattedas Pech, einen Arbeitgeber zu haben, der meine Auffassungen nicht teilt. Ich finde, Mädchen sollten für den Ernst des Lebens gerüstet sein, in dem sie sich alle Rechte erkämpfen müssen!«
    Tilden spürte, wie er die Beherrschung verlor. »Bitte verzeihen Sie, wenn ich den Eindruck einer Überreaktion erwecken sollte«, entgegnete er aufgebracht, stand auf und stützte die Hände auf den Tisch. »Aber halten wir uns doch an die Tatsachen! Letzten Monat beschwerte sich Lord Stamford, daß Sie seinen Töchtern das Pokerspielen beibringen ...«
    »Ach, Mr. Shelby«, verteidigte sich Nola, »insgeheim hat ihm das gefallen. Übrigens haben sie dabei eine erkleckliche Summe gewonnen. Schließlich brauchen junge Damen auch eine Aussteuer. Wenn seine Frau Gemahlin nicht gewesen wäre ...«
    Jetzt war Tilden so weit, Nola ins Wort zu fallen. »So begeistert war er, daß er beinahe handgreiflich mir gegenüber geworden wäre!« Nola entging nicht das Zucken seiner Mundwinkel, das mit seinem zornigen Blick einherging, und sie tat gut daran, zu schweigen.
    »Zuvor hatte sich Lady Claudia Cranley über Sie empört, weil ihre Töchter ein Baumhaus in ihrem Park errichtet hatten.«
    »Und wenn schon! Ich glaube, jeder darf – und sollte – lernen, mit Hammer und Nägeln umzugehen.«
    »Wenn Sie mich ausreden ließen, Miss Grayson, würden Sie begreifen, daß es nicht um das Baumhaus selbst ging. Vielmehr hieß es, Sie hätten den Mädchen beigebracht, sich Pfeil und Bogen zu basteln und damit zu schießen. Vom Baumhaus zielten sie dann auf Besucher. Nachdem Sie bereits entlassen waren, hat Lord LinleyLady Cranley auf Schmerzensgeld verklagt – wegen Körperverletzung an seiner Frau, die in den ... sagen wir: die seitdem nicht mehr richtig sitzen kann.«
    Nola konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. »Sie können auch kaum ein Ziel verfehlen, das so groß ist wie ...« Tilden schien Nolas Belustigung allerdings nicht zu teilen, und so nahm sie sich zusammen und räusperte sich.
    »Und davor hatte man Sie entlassen, weil Sie unter Alkoholeinfluß rauchten und Schnupftabak nahmen – im Haus Ihrer Arbeitgeber!«
    Nun schien Nola ernstlich gekränkt. »Warum soll eine Frau nicht auch Zigarre rauchen oder schnupfen? Außerdem habe ich Ihnen damals schon erklärt, daß ich nur betrunken gespielt hatte.«
    »Da müssen Sie meinem Gedächtnis nachhelfen, Miss Grayson. Wieso gaben Sie vor, betrunken zu sein?« Tilden hob eine seiner buschigen Brauen.
    »Um eine andere Angestellte vor der Kündigung zu bewahren.« Obwohl ihre ständigen Rechtfertigungen sie allmählich ermüdeten, erinnerte sich Nola nicht ungern an den Spaß in der Küche von Grange Lodge. Sie und die Haushälterin Lily Bramston hatten angenommen, alle im Haus schliefen bereits. Vier kleine Brandys hatten sie schon getrunken, als sie auf die Idee kamen, eine Zigarre zu rauchen und die Schnupftabakdose zu öffnen. Husten und hysterische Lachsalven, Niesen und Prusten waren die Folge. Mit dem Lärm weckten sie den Hausherrn, Viscount Wallace, und als sie ihn die Treppe herunterpoltern hörten, verbarg sich Lily in der Besenkammer, und Nola fing an, aus voller Kehle zu singen. Der Viscount sah die offene Weinbrandflascheund glaubte, Nola sei völlig betrunken. Daraufhin wurde sie entlassen, aber wenigstens hatte Lily ihre Stellung behalten.
    »Ich begreife nicht, wieso sich Männer über solche Kleinigkeiten aufregen können!« gab Nola schnippisch zurück. Immerhin durfte der Butler rauchen, und zwar mit ausdrücklicher Genehmigung des Hausherrn, und mehr als einmal hatte sie ihn beim Nippen an der teuersten Weinbrandflasche ertappt.
    »Ob Sie das begreifen, Miss Grayson, oder nicht, spielt keine Rolle. Diese Männer zahlen Ihr Gehalt!« Tilden senkte seine Stimme plötzlich. »Und der Mann, der vor Ihnen steht, hat keine Stelle mehr, die er Ihnen vermitteln könnte!«
    »Sie finden doch bestimmt noch etwas für mich, Mr. Shelby.« Nola gingen allmählich die Ersparnisse aus, und die Miete für ein anständiges Wohnheim war recht hoch.
    Tilden fiel in den Stuhl zurück und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Er schloß kurz die Augen und dachte an die Schreibarbeit, die auf ihn wartete. Er war vollkommen ausgelaugt und am Ende seines Lateins – jedenfalls, was Nola Grayson betraf.

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