Im Land des Falkengottes. Amenophis
weil wir auf keinen Fall unangenehm auffallen wollten.
Ich musste König Kurigalzu viel von Amenophis und dessenFamilie erzählen. Er erkundigte sich nach den Palästen, den Tempeln und ihrer Ausstattung ebenso wie nach den Pferden und der Jagdleidenschaft Nimurias.
Als wir schließlich den Palast Fürst Imreschs erreichten, war es sehr spät. Gleichwohl setzten wir uns noch auf die Gartenterrasse und tranken noch einen Becher Wein.
«Fürst Imresch», unterbrach ich das Schweigen. «Wir haben Euch viel zu verdanken. Auf unserer langen Reise, und auch hier in Babylon, haben wir herrliche Dinge gesehen und erlebt. Und ich bin mir sicher, dass wir noch Vieles vor uns haben. Auf Euren Ka!»
«Lieber Eje, lieber Acha! Als Erstes bitte ich um eines: Lassen wir das mit dem Fürsten. Sagt einfach Imresch zu mir, wie ich darum bitte, Eje und Acha sagen zu dürfen. Zum anderen seid euch gewiss, dass ich gerne mit euch gereist bin und euch gerne meine Heimat zeige. Und schließlich darf ich euch sagen, dass Nimuria und eure Väter auf euch beide stolz sein können, wie Ihr heute vor Kurigalzu aufgetreten seid. Ihr dürft mir glauben, auch für mich war das von großer Bedeutung. Auf Euren Ka!»
Fröhlich und in bester Laune hoben alle die Becher und tranken einen kräftigen Schluck des schweren, fruchtigen Weines.
«Sag, Imresch, gibt es bei euch auch große Feste, an welchen Frauen teilnehmen dürfen?», fragte ich.
Imresch lachte herzhaft und nahm nochmals einen großen Schluck, ehe er etwas nachdenklich wurde. Dann schüttelte er den Kopf. «Ja, genau vier: die eigene Hochzeit, die Hochzeit des Sohnes, die Hochzeit des Bruders und die Hochzeit des besten Freundes!»
Diesmal waren wir es, die ungläubig den Kopf schüttelten.An den folgenden Tagen unternahmen wir Ausfahrten in die Stadt und deren nähere Umgebung. Wir besuchten Bauerngehöfte und Pferdegestüte, Tempel und die Paläste der Freunde Imreschs, Schiffsbauer und Bewässerungsfachleute, Töpfer und Schmiede. Mit der ausdrücklichen Erlaubnis König Kurigalzus durften wir auch die Werkstätten besichtigen, in welchen die viel gerühmten babylonischen Kampfwagen hergestellt wurden. Wir wurden zwar auffallend schnell durch die einzelnen Räume geführt, aber Acha, Cheruef und ich merkten uns einer genauen Absprache gemäß, ganz bestimmte Einzelheiten. Acha war für die Radaufhängung verantwortlich, ich für die Räder, und dort insbesondere für die Speichen, und Cheruef für die Deichsel und das Pferdegeschirr. Sorgsam prägten wir uns das Gesehene ein, denn wir konnten es nicht wagen, auch nur einen Strich aufzuzeichnen.
Die Nachmittage verbrachten wir grundsätzlich im Hause Imreschs, wo es zur schönen Angewohnheit wurde, dass ich mich mit Perisade im Garten unterhalten konnte. Abends aßen wir entweder im kleinen Kreis bei Imresch und seiner Familie, oder bei dessen Freunden, denn sie alle wollten uns wenigstens einmal eingeladen haben. Besonders Acha genoss unsere Auftritte, denn er hegte immer die Hoffnung, doch noch ein aufgeschlossenes Mädchen anzutreffen. Daraus wurde vorerst nichts, den Göttern sei es gedankt. Denn wer weiß, was mit uns geschehen wäre, hätte man Acha in einer unangenehmen Situation angetroffen.
Regelmäßig schrieb ich Briefe an Ameni und vergaß dabei nie, eine Zeile aus unserem Gedicht einzufügen. Da es ein Liebesgedicht war, musste ich immer entsprechende Geschichten erfinden, und mehr und mehr beschlich mich die Ahnung, dass sich Ameni von Anfang an einen Spaß daraus gemacht hatte.
So schrieb ich denn in meinem neunten Brief:
«An den Vormittagen fühle ich mich manchmal sehr einsam, da mich Perisade nicht begleiten kann. In das Haus Imreschs zurückgekehrt, begebe ich mich sogleich in den Garten, damit niemand mein trauriges Gesicht sieht. Doch wer mir sagt: ‹Schau, sie ist da!›, der belebt mich.»
Wie mag Ameni darüber gelacht haben!
Irgendwann, es mochten vier Wochen seit unserer Ankunft vergangen sein, fühlte ich mich morgens sehr krank. Ich begann zu frieren, Schweiß stand auf meiner Stirn, und ich musste erbrechen. Ich fühlte mich elend und schaffte es gerade noch, mich in mein Schlafzimmer zu schleppen, wo ich mitten im Raum die Besinnung verlor und zusammenbrach.
Als ich wieder erwachte, war es draußen dunkel. Drei Kerzen erhellten den Raum nur spärlich. Ich atmete schwer, und auf meiner Stirn lag ein feuchter Lappen. Ich war zu schwach, um auch nur meinen Kopf zu drehen. Aus den
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