Im Land des Falkengottes. Amenophis
Zelt entfernt, da erhoben wir uns, und als er kurz vor dem Zelt angelangt war, kniete Imresch nieder, und ich verbeugte mich tief.
Noch ehe ich mich wieder aufgerichtet hatte, hörte ich die angenehme Stimme des Kassitenkönigs: «Ich sehe, Ihr seid wieder wohlauf, mein geschätzter Eje. Da lastet eine Sorge weniger auf meinen alten Schultern! Erhebt Euch! Erhebt Euch!»
Ein strahlender Kurigalzu schritt auf mich zu, ergriff meine rechte Hand und drückte sie mit seinen beiden Händen fest zusammen.
«Göttlicher und gnädiger König! Ich stehe tief in Eurer Schuld, denn wie mir Fürst Imresch sagte, habt Ihr sogar Euren eigenen Leibarzt nach mir gesandt!»
«Das konnte ich mir auch nicht nehmen lassen, wo doch sonst die Ägypter im Ruf stehen, über die besten Ärzte zu verfügen. Mein Arzt soll es ja nicht alleine gewesen sein, der Euchwieder gesund machte», strahlte der König, und ich bekam einen roten Kopf.
«König Kurigalzu! Ihr hättet vielleicht auch zwei Tage länger gelegen, wäret Ihr an meiner Stelle gewesen. Eine angenehmere Pflegerin als Perisade kann ich mir nicht vorstellen.»
Kurigalzu machte eine ausladende Handbewegung, mit der er uns wortlos Platz nehmen ließ. Lange und eingehend besprachen wir all die Dinge, auf die mich Imresch hingewiesen hatte. Kurigalzu war sich der Rolle seines Landes als vorgeschobener Posten Ägyptens durchaus bewusst und erkannte die Gefahren, wenn er sich zu eng an uns band. Wie so viele andere auch aber lockte ihn der Reichtum unseres Landes, unser Gold.
Schließlich besprachen wir eine mögliche Heirat Nimurias mit der einzigen Tochter Kurigalzus, der zwölfjährigen Prinzessin Narainda. Ich setzte dem König auseinander, dass es nur eine Frau geben konnte, die den Titel Große königliche Gemahlin trug, und dass dies bereits Teje, meine Schwester, war. Kurigalzu wusste das und war auch grundsätzlich damit einverstanden, dass Narainda nur eine Nebenfrau sein konnte. Gleichwohl wollte er die Gewissheit haben, dass seine Tochter nicht unbeachtet im Frauenpalast ihr Dasein fristet.
«Würdet Ihr mit Freunden und ihren Kindern so umgehen, Majestät?», fragte ich ihn, und ohne seine Antwort abzuwarten, fuhr ich fort: «Wenn Nimuria Eure Tochter zur Frau nimmt – und ich sehe nichts, was dagegen sprechen könnte –, dann wird er sie mit der Würde und der Liebe behandeln, wie es ihr als Frau und als Eurer Tochter zukommt. Darauf habt mein Wort, göttlicher und gnädiger Herrscher!»
Das war mutig gesprochen, denn ich hatte nicht die geringste Vorstellung, wie Prinzessin Narainda aussah. Und sollte es nicht zu einer ganz zufälligen Begegnung mit ihr kommen, was nach den hiesigen Sitten eher unwahrscheinlichwar, würde sie auch kein Ägypter vor ihrem Eintreffen in Waset oder Men-nefer zu Gesicht bekommen.
«Ich nehme den Einzigen Freund meines Bruders Nimuria und den Bruder der Großen königlichen Gemahlin gerne beim Wort! Darauf lasst uns trinken! Wie sagt man bei Euch in Ägypten? Auf Euren Ka!»
«Auf Euren Ka, göttlicher und gnädiger Herrscher!»
«Fürst Imresch», fuhr Kurigalzu fort, «wird Euch jetzt die Hand seiner Tochter nicht mehr vorenthalten können, mein edler Eje! Viele Prinzen meines Landes werden Euch dafür beneiden!»
Der König schien wirklich über alles Bescheid zu wissen.
«Noch mehr als hier wird man mich in Ägypten beneiden, Majestät, denn – erlaubt mir die Offenheit – dort bekommen die Prinzen Perisade wenigstens zu sehen, während man sie hier nur vom Hörensagen kennen darf!»
An diesem Abend war es König Kurigalzu, der viel von seinem Land erzählte. Von großen Jagden im nahen Gebirge, wo er schon zahlreiche Löwen, Bären und Hirsche erlegt hatte. Von Schlachten, die er angeführt und dank der berühmten babylonischen Streitwagentruppe überlegen gewonnen hatte. Und von dem Palast «Dur-Kurigalzu», den er außerhalb Babylons gerade errichtete und welchen er mir vor meiner Abreise zu zeigen versprach.
Imresch und ich verließen gut gelaunt und mit einem Gefühl von Zufriedenheit spät in der Nacht den königlichen Palast. Hoffentlich würde auch Nimuria mit all dem einverstanden sein, was ich verhandelt hatte!
Da jetzt so vieles offenkundig und schon ausgesprochen war, bat ich Imresch schon am folgenden Tag um ein Gespräch. Er brauchte nicht viel nachzudenken, um zu wissen, worum es mir ging. Während eines Spazierganges durch seine Gärtenerklärte ich ihm, dass ich Perisade gerne zur Frau nehmen
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