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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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waren, wand sich um die ganze Krone, kreuzte sich auf deren Rückseite, um hinten lose auf den Rücken herabzufallen. Über der Stirn wölbten sich aus reinem Gold Uto und Nechbet empor, Schlange und Geier, um die Trägerin der Krone vor Feinden zu schützen.
    Nafteta schenkte Echnaton ein zweites Kind, eine Tochter. Sie gaben ihr den Namen Maketaton, «Schützling des Aton».
    Nachdem es ausgesprochen und für alle offenkundig war, dass Echnaton mit seiner Familie nach Norden ziehen würde, Nafteta aber wegen der Geburt des Kindes noch nicht die Anstrengungen einer langen Reise auf sich nehmen sollte, beschloss Echnaton, mit mir allein nach Men-nefer zu fahren, um, wie wir uns ausdrückten, «die dortige Lage zu erkunden». Niemand, auch Echnaton und ich nicht, konnte eigentlich mit dieser Erklärung etwas anfangen, doch es klang wichtig und es rechtfertigte, dass wir Waset verließen. Sosehr ich Ameni liebte, sosehr ich an Waset hing, ich verspürte in diesen Tagen einen nicht zu erklärenden Drang, mit Echnaton den Süden zu verlassen. Ti als die einstige Amme und Ziehmutter Naftetas wich nicht von der Seite meiner Tochter und ihrer Kinder, und so brach ich allein mit Echnaton und einer Hand voll Soldaten und Schreibern nach Norden auf.
    Es war Echnatons ausdrücklicher Wunsch, ohne großen und feierlichen Abschied abreisen zu dürfen, und Ameni kam ihm nur ungern nach, liebte er doch prunkvolle Auftritte und ließdeswegen keine Gelegenheit aus, um zu erklären, wie wichtig sie für das Volk und dessen Liebe zum Herrscher wären.
     
    Früh am Morgen verließ unser Schiff den Hafen von Waset und segelte mit der Strömung des Flusses und ohne Hilfe der Ruder gemächlich nach Norden, vorbei an Nubt und Gebtu, bis Kaine, wo sich der Fluss nach Westen zuwendet, bei Hut-Sechem in Richtung Süden einen kleinen Halbkreis beschreibt, um dann, in unzähligen kleinen Windungen, träge in nordwestlicher Richtung weiterzufließen.
    Wir sprachen unentwegt über Echnatons Zukunft, über Aton und die Tempel, die Pharao ihm zu errichten gedachte, über unsere Familien und darüber, wer wohl bereit sein würde, eines Tages mit Echnaton nach Norden zu ziehen. Anders als bei früheren Fahrten zog es Echnaton diesmal vor, außerhalb der Städte und Dörfer unser Lager aufzuschlagen. Er wollte kein Aufsehen erregen, sondern die Reise dazu nützen, sich mit seinem engsten Vertrauten auszutauschen.
    Das Zelt Pharaos stand in der Mitte der kleinen Zeltstadt, die in weniger als einer Stunde errichtet war. In nicht allzu großer Ferne, in nordwestlicher Richtung und jenseits des Flusses, lag die alte Stadt Chmenu. Das gegenüberliegende, westliche Flussufer war ein breiter, fruchtbarer Landstreifen, und hinter uns bildete das aufsteigende Gebirge einen weiten Kessel. Ein Teil des Berges sah aus wie ein riesiger Ziegel mit einer tiefen Einbuchtung in seiner Mitte und glich somit unserem Schriftzeichen für «Horizont». Ich erinnerte mich daran, dass mein Vater einmal vor vielen Jahren diese Stelle in seinen Erzählungen erwähnt hatte, konnte aber einen Zusammenhang jetzt nicht mehr herstellen. An diesem Abend war Echnaton von einer besonderen Ausgelassenheit, was ich auf die zunehmende Entfernung von Waset und die Vorfreude Pharaos auf Men-nefer und On zurückführte. Er konnte es kaum mehr erwarten, Merire, dem alten Priester und Lehrmeister aus dem Tempel des Re, vonseinem Gempa-Aton zu berichten, von dessen Größe und Ausstattung, aber auch von der Auseinandersetzung mit Ramose.
    Im Morgengrauen, lange vor Sonnenaufgang, ließen mich Geräusche, welche durch die dünnen Zeltplanen gut vernehmbar, mir aber nicht gleich erklärlich waren, erwachen. Offenbar war ich so sehr aufgeschreckt worden, dass ich nicht mehr einschlafen konnte. Ich kleidete mich deswegen an, verließ mein Zelt und wollte zum Fluss gehen.
    Es waren weit mehr Soldaten auf den Beinen als nur die nächtlichen Wachen, was mir die vorangegangene Unruhe erklärte. Schließlich entdeckte ich auch Echnaton. In weitem Abstand zu einem Spalier von Soldaten saß er auf einem Thronsessel und erwartete mit nach Osten gerichteten Blicken den Sonnenaufgang. Ich wollte den Betenden nicht stören und setzte mich deswegen in einiger Entfernung auf einem einzelnen Felsblock nieder.
    Die Kühle des erwachenden Tages tat gut, und es war herrlich anzusehen, wie sich die wenigen, dünnen Wolkenfetzen über den Bergen farblich veränderten. Von einem dunklen wechselten sie über in ein

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