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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Menschen. Schließlich sah ich mich selbst, wie ich Zugang begehrte zu Pharao, um ihn vor einer Gefahr zu warnen, die ich selber nicht mit Namen zu nennen vermochte. Unsichtbare Wächter hielten mich auf, ließen mich nicht zu ihm.Immer wieder drängte ich nach vorn, versuchte, die Dämonen beiseite zu schieben, schlug auf sie ein und verfluchte sie.
    «Ich muss Pharao retten!», brüllte ich sie an. «Er wird Euch bestrafen, wenn Ihr mich nicht vorlasst!»
    Aber es half nichts. Ich sah, wie Echnaton und Nofretete auf ihren Wagen strahlend durch die Straßen von Achet-Aton fuhren, doch sie fuhren auf einen Abgrund zu, den keiner sah. Sie taten es aber allein, die Menschen folgten ihnen nicht, und je weiter sie fuhren, umso weniger hatten meine Worte Aussicht, gehört zu werden. Schweißgebadet und müde vor Anstrengung hechelte ich zuletzt nur noch leise: «Echnaton! Echnaton!»
    «Was ist mit dir, Eje?», fragte er mich jetzt und sah mich mit gütigen, ja eher traurigen Augen an, während seine Hände meine Schultern umfassten.
    «Ich muss dich warnen», flüsterte ich, und noch während ich die Warnung aussprach, wurde mir bewusst, dass ich dies alles nur geträumt hatte. «Ich habe sie gesehen», sagte ich leise und voller Furcht.
    «Ich habe deine Stadt gesehen, Echnaton. Sie war so herrlich anzusehen. Aber sie wird dich zugrunde richten. Ich habe es geträumt. Glaube mir, Echnaton, sie wird dich zugrunde richten!»
    «Es war doch nur ein Traum, Eje. Heute sehen wir nur im Traum eine herrliche Stadt, aber in wenigen Jahren wird dieser Traum Wirklichkeit sein. Zweifle nicht!»
    Dann ging er zu einem kleinen Tisch, schüttete ein wenig Wein in einen Becher und sagte: «Steh auf! Komm zu mir und trinke!»
    Ich tat, wie er sagte, ging zu ihm und trank den Becher in einem Zug aus.
    «Warum musste ich dazu aufstehen?», fragte ich ihn unsicher.
    «Wärest du liegen geblieben und gleich wieder eingeschlafen, hättest du vielleicht wieder schlimme Dinge geträumt. Wenn man aber aufsteht und einige Schritte geht, kehrt der böse Traum nicht wieder zurück.»
    Es war, wie er gesagt hatte: Der Traum kehrte in dieser Nacht nicht wieder zurück.
     
    Am anderen Morgen mahnte Echnaton zur Eile. Ohne etwas zu essen oder zu trinken, gingen wir im Schein einiger Fackeln von unserem Lagerplatz geradewegs nach Osten den Weg zurück, den wir am Abend zuvor von der Anhöhe her gekommen waren. Soldaten trugen den Proviant, und der Schreiber, der uns begleitete, einige Rollen Papyrus und Schreibzeug. Echnaton war jetzt wieder der gehetzte junge Mann, der unruhige und unermüdliche, und wieder einmal fragte ich mich, woher dieser sonst so schwächliche Körper die Kraft nahm, die Anstrengungen dieses langen Marsches zu bewältigen. Dann stiegen wir im flackernden und spärlichen Licht der Fackeln den Hang hinauf, bis wir den Grund der Senke, in welcher wir am Morgen zuvor Aton erblickt hatten, erreichten. Erst jetzt setzten wir uns nieder und rasteten.
    Niemand wagte zu sprechen, denn der Sonnenaufgang war nicht mehr weit. Allmählich kündigte sich das Licht an. Der Himmel färbte sich wieder rot, und dann blendeten uns die ersten Lichtstrahlen der Sonnenscheibe. Doch Echnaton wandte seinem Gott den Rücken zu und sah hinab in das weite Tal. Mehr und mehr breitete sich dort der Glanz Atons aus und der Winkel des Landes, welches er erleuchtete, wurde weiter, je höher er emporstieg.
    Echnaton nahm einen Papyrusbogen und einen Binsenstift, färbte ihn ein und zeichnete in großzügigen, doch sehr genauen Linien den Fluss und den Höhenzug, welcher den weiten Talkessel umfasste, ein, sodass es aussah, als hinge ein Halbkreis an einer langen, waagrechten Linie. Den untersten, mittleren Punkt des Halbkreises kennzeichnete er mit einem kleinen Kreuz und sagte dabei mehr zu sich: «Hier befinden wir uns jetzt.»
    Genau darüber, knapp unterhalb der Waagrechten setzte er wieder behutsam ein kleines Kreuz und flüsterte: «Das ist unserLagerplatz», bevor er beide Punkte mit einer hauchdünn gezogenen Linie verband. Von dem als unserem Standort gekennzeichneten Punkt aus zog er jetzt zwölf weitere Linien nach oben, die teils jenseits der Linie endeten, die den Fluss darstellten, teils dort, wo die Enden des Halbkreises die Waagrechte berührten. Dann begann er zu sprechen.
    «Östlich von hier, in dem schmalen Tal hinter uns, werde ich mein Grab errichten lassen. Von dort sendet Aton jeden Morgen seine Strahlen über Achet-Aton. In der

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