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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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helleres Grau, färbten sich mit der erscheinenden, aber durch die Hügel uns noch verborgenen Sonne dunkelrot, um dann zu leuchten wie fleischfarbener Karneol, und davon überzuwechseln in eine golden leuchtende Pracht, die nur den Göttern selbst vorbehalten war. Dann trafen die ersten Strahlen des mehr und mehr aufsteigenden Aton das Gesicht des ihm wohlgefälligen Pharao. Seine Gesichtszüge verklärten sich, seine Augen, vom Sonnengestirn geblendet, schlossen sich, und seine Lippen bewegten sich nun fast unmerklich im Gebet.
    Jetzt erinnerte ich mich der Worte meines Vaters, wonach sich Re an bestimmten Tagen des Jahres genau in der Senke des Hügels, in der Mitte des gewaltigen Schriftzeichens für «Horizont», erhob und für kurze Zeit den Halbkreis der Senke mit seiner ganzen Scheibe ausfüllte.
    Diese Erscheinung fesselte Echnaton ebenso wie mich. Unwillkürlich erhoben wir uns beide und breiteten unsere Arme zum stillen Gebet aus. Jetzt, da Aton vollkommen und in seiner ganzen Größe erschienen war, füllte sein Licht den Talkessel vor uns vollständig aus, ließ er den Fluss, den Sand und alles Gestein golden glänzen, ergriff seine Pracht Besitz von allem, was wir sahen. Es dauerte lange, ehe Echnaton seinen Platz verließ und zu seinem Zelt zurückkehrte.
    «Diesen Ort hat Aton selbst für sich und für mich auserwählt», sprach Pharao in einem schwärmerischen Ton nach einer langen Zeit des Schweigens.
    «Er gab mir dieses Zeichen, und er sprach zu mir, damit ich hier eine Stadt errichte, eine Stadt, wie sie schöner und herrlicher noch kein Auge gesehen hat. Eine Stadt, die nur meinem Vater Aton gewidmet ist, ihm allein. Alles, was dein Auge rundherum sieht, so weit unsere Blicke reichen, werde ich ihm allein weihen. Kein anderer Gott soll hier je verehrt werden, niemand anders soll hier herrschen als mein Vater Aton und ich für ihn. Und ich werde dieser Stadt den Namen ‹Achet-Aton› geben, ja, ‹Horizont des Aton› soll diese Stadt heißen. So sei es, und so werde es geschrieben!»
     
    Wir verließen den Ort, der von jetzt an Achet-Aton hieß, an diesem Tag noch nicht. Getrieben von der ihm eigenen Unruhe und Ungeduld ließ Echnaton alles liegen und stehen, um mit mir und einigen Soldaten einen Teil des weiten Talkessels zu erkunden. Unser Weg führte uns nach Norden. Nach mehr als zwei Stunden erreichten wir den Fuß des Gebirges, das dort bis fast an den Fluss reicht. Nachdem wir bis auf halbe Höhe des Berges emporgestiegen waren, gingen wir in südliche Richtung die halbkreisförmige Bergkette entlang, bis kurz vor die Senke, in welcher Aton erschienen war. Hier öffnete sich eine Schlucht nach Osten zu, die auf den ersten Blick für die Anlage von Gräbern vorzüglich geeignet schien. Wir verharrten hier lange undgenossen den Blick hinab auf das vor uns liegende Tal, das breite Silberband des Flusses und das dahinter liegende fruchtbare Grünland.
    Die Sonnenscheibe neigte sich schon nach Westen zu, als wir wieder hinabstiegen und mitten durch den Talkessel hindurch zu unserem Zeltplatz zurückkehrten. Nur kurze Zeit später versank die Sonnenscheibe und tauchte den Ort, welchem Pharao den Namen Achet-Aton gegeben hatte, in ein sanft-rotes Licht.
    Pharao ging an diesem Abend entgegen seiner sonstigen Gewohnheit sehr früh zu Bett und befahl, ihn und mich am nächsten Morgen drei Stunden vor Sonnenaufgang zu wecken. Ich hörte noch, wie Echnaton im Zelt nebenan das Lied, welches er zu seiner Thronbesteigung für Nafteta geschrieben hatte, vor sich hin summte, und ich glaubte zu wissen, dass er jetzt seine künftige Stadt damit meinte. Leise sprach ich zur Melodie die Worte des Liedes:
    «Wie ist sie schön! Die Goldene ist blühend, strahlend, ganz in Blüte! Für Dich singt die ganze Erde, für Dich tanzt jeder, der lebt! Die Beiden Länder und die Völker preisen Dich im Himmel bis zum Horizont. Wie ist sie schön!»
    Dann schlief ich ein. Ich fiel in einen tiefen Schlaf, um bald darauf in der Stadt Echnatons wieder zu erwachen. In allen Einzelheiten sah ich sie. Ich sah das neue Gempa-Aton, das noch prächtiger war als jenes, das Echnaton in Waset errichtet hatte. Ich sah den Königspalast und seine Gärten. Ich sah zwischen den Häusern der Stadt zahllose Palmen, deren Wipfel sich im sanften Südwind hin und her bewegten, und ich sah das Königspaar mit seinen Kindern, wie sie in zweispännigen Wagen durch die breiten Straßen fuhren, umjubelt von glücklichen und zufriedenen

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