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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Ihre dichten Wedel spendeten uns wohltuenden Schatten, und es war, als durchquerten wir einen riesenhaften Laubengang. Vor uns gabelte sich der Weg, und wir hielten uns rechts, um nach hundert Ellen die Einfahrt zu unserem neuen Palast zu erreichen. Zwei Wachsoldaten grüßten uns militärisch und ließen uns sofort auf das Grundstück fahren, da sie mich natürlich kannten.
    Unmittelbar hinter der Toreinfahrt hielt ich unsere Wagen an und bat Ti und Mutnedjemet abzusteigen. Ich nahm sie rechts und links bei der Hand und ging mit ihnen los. Der Kiesweg führte uns zwischen dicht gesetzten Dumpalmen und Beetenmit blau leuchtenden Kornblumen auf eine Wegkreuzung zu, in deren Mitte eine kleine Kapelle stand. Darin befand sich eine Stele aus Sandstein. Sie zeigte die königliche Familie, wie sie Opfergaben darbrachte und mit erhobenen Händen den Strahlenaton, der den oberen Teil des Bildes einnahm, anbetete.
    Für einige Augenblicke verharrten wir im stillen Gebet, ehe ich sagte: «Pharaos Bildhauer Bek selbst hat sie für uns angefertigt.»
    Wir gingen rechts um die Kapelle herum und nahmen den Weg in südliche Richtung. So schritten wir durch einen klar geordneten, nach einem strengen Plan bepflanzten Park, in dem nichts dem Zufall überlassen, sondern alles exakt vermessen und mathematisch gegliedert war. Bald erreichten wir die Terrasse. Teilweise lag sie unter einem weit vorgezogenen Dach, welches von vier schlanken und bunt bemalten Holzsäulen getragen wurde. Der größere Teil aber lag im Freien und konnte durch ein satt gelbes Stoffsegel vor der Sonne geschützt werden.
    Bevor wir eintraten, machte Ti noch einmal kehrt und blickte zurück in den Garten, der leicht abfallend vor unseren Füßen lag. Erst jetzt ließ sich die gesamte Gartenanlage erfassen: Die Kieswege gliederten das vor uns liegende Grundstück in vier gleich große Quadrate, deren Mitte jeweils ein ebenfalls quadratischer Teich bildete. Die zwei Teiche im Süden waren mit Lotos, der Wappenpflanze Oberägyptens, und die im Norden mit Papyrus, der Wappenpflanze Unterägyptens, bestückt. Die Wege wurden allesamt von recht niedrigen Dumpalmen gesäumt, und nur am Rande des Gartens, unmittelbar vor seinen Mauern, ragten im Wechsel Dattelpalmen und Sykomoren empor. In der nordöstlichen Ecke versteckte sich zwischen weiß blühendem Jasmin und Granatapfelbäumen, jeden Schatten ausnützend, ein komfortables Gartenhaus. Erst gegen Abend, bevor Aton im Westen versank, konnte man dort die letzten wohltuenden Strahlen genießen und beobachten, wie unser Palast in goldgelbes, sich zunehmend rot färbendes Licht getaucht wurde.
    Ti schien mit dem, was sie sah, zufrieden, denn sie nahm meinen Kopf zwischen ihre Hände und küsste mich so inniglich, so leidenschaftlich, dass mir die Anwesenheit Mutnedjemets für einen kurzen Augenblick unangenehm war.
    Wir traten in einen breiten Vorraum, in dessen Mitte eine Doppelflügeltür in eine weite und großzügige Halle Einlass gewährte. Die geschlossene Decke wurde von vier bunten Säulen getragen, deren zwei nördlichen Kapitelle die Form geschlossener Lotosblüten, und die südlichen die von Papyrusbündeln hatten. Die Wände waren in hellem Ocker getüncht, und nur die Sockel waren bis in Hüfthöhe in verschiedenen Ziermustern bemalt. An der rechten Wand standen zwischen mächtigen Blumenkübeln und steinernen Wasserbecken lebensgroße Steinfiguren von Nimuria und Teje, auf der linken von Echnaton und meiner Tochter Nofretete. Vor der Rückwand ragte ein in den Fußboden eingelassenes Steinpodest empor, auf welchem Ti und ich bei Empfängen und Festlichkeiten unseren Platz haben würden. Neben diesem Podest führte eine unauffällige Tür in einen Umgang, der den zweigeschossigen Innenhof, der sich hinter der Halle anschloss, umgab.
    Von diesem Umgang aus erreichte man eine Vielzahl von Zimmern des Erdgeschosses, und an seiner südwestlichen Ecke gelangte man über eine Treppe hinauf in unsere Wohngemächer. Erst führte ich Mutnedjemet in ihre beiden Zimmer. Ich zeigte ihr die neuen Truhen und Kommoden, das Bett und all die anderen Möbel, die eigens für sie angefertigt worden waren. Wir ließen das staunende Mädchen, das schweigend sein neues Zuhause in Augenschein und in Besitz nahm, zurück und gingen allein von Raum zu Raum. Ti sprach während all der Zeit kein Wort. Ihre Fingerspitzen strichen ab und an vorsichtig über einen zierlichen Schmetterling, einen winzigen Käfer oder eine bucklige Katze,

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