Im Land des Falkengottes. Echnaton
immer ganz und gar ergeben war, wollte ich dies jetzt auch Echnaton gegenüber sein.
Ich schwor es mir!
Schon bald, nachdem Echnaton vom Tod seines Vaters erfahren hatte, bestimmte er den achten Jahrestag der Gründung Achet-Atons als den Tag, an welchem das Fest seiner Alleinherrschaft gefeiert werden sollte. Damals schickte Pharao seine Boten in alle Landesteile, bis nach Nubien, Syrien, Babylon, zu den Inseln und Städten im Norden und nach Waschukkanni, zu König Tuschratta von Mitanni. So war sichergestellt, dass sie alle rechtzeitig von dem großen Ereignis erfuhren und ihre Abgesandten und vor allem ihre Geschenke schicken konnten. Dass Echnaton an diesem Tag Nofretete zur Mitregentin erheben würde, konnten die Gäste Pharaos freilich nicht ahnen.
Weil Achet-Aton eine noch so junge Stadt war, brauchte kaum Arbeit dafür aufgewendet zu werden, ihre Tempel, Paläste und Häuser zu streichen. All ihre Farben waren noch frisch wie am ersten Tag. Die Menschen nahmen sich jetzt umso mehr Zeit dafür, die Plätze und Gärten der Stadt in ein Meer von Blüten zu verwandeln und für sich selbst die aufwendigsten Kleider und Perücken herzustellen. Selbst die Männer trugen jetzt nicht mehr die einfachen glatten Schurze, wie sie seit alters her hohe Beamte, Schreiber, Arbeiter und Bauern gleichermaßen getragen hatten. Die Pracht der faltenreichen Schurze in allen nur denkbaren Ausführungen war unbeschreiblich. So fieberte Achet-Aton und mit ihm das ganze Land dem großen Festtag entgegen.
Auf den Tag genau acht Jahre, nachdem Echnaton seine Stadt gegründet hatte, im zwölften Jahr seiner Herrschaft, am vierten Tag des vierten Monats des Peret, begannen die Festlichkeiten.
Echnaton und Nofretete fuhren nicht in ihren Prunkwagen vom Nordpalast in die Stadt, sondern entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit wurden sie von zwölf Nubiern in einer Sänfte getragen. In drei weiteren Sänften folgten die sechs Prinzessinnen. Den langen Zug führten Soldaten der Leibgarde an. Dann kamen die Priester des Aton, an ihrer Spitze der Erste Sehende Merire. Unmittelbar vor der königlichen Sänfte gingen die Sandalenträger, der Siegelbewahrer und der Bewahrer der Kronen Seiner Majestät, und seitlich des Königspaares je zwei Wedelträger mit den gewaltigen Fächern aus blütenweißen Straußenfedern. Hinter der königlichen Familie folgten Teje, Mutnedjemet und ich, dann die beiden Wesire sowie Acha und Aper-el. Den Schluss bildeten wieder Soldaten der Leibgarde. Der Königsweg zum Stadtpalast wurde dicht an dicht von Soldaten gesäumt, damit sich niemand, gleich mit welcher Absicht, dem Herrscher und seiner Familie nähern konnte.
An diesem Tag waren alle Zweifel am Guten Gott vergessen, und so jubelte alles Volk vor Freude, als der prunkvolle Tross an ihnen vorüberzog, die Menschen brachten Hochrufe aus und warfen Blumen. Echnaton trug neben Geißel und Krummstab, neben einem schweren Prunkkragen und dem Zeremonialbart den blauen Kriegshelm, den Chepresch. Nofretete war in ein Kleid aus hauchdünnem, weißem Tuch gehüllt, trug ebenfalls einen breiten Halskragen und ihre hohe, oben abgeflachte Krone, deren lange, blaue Bänder im kühlen Wind des Morgens über ihrem Rücken hin und her flatterten.
Nur mühsam kamen wir voran, ehe wir nach mehr als einer Stunde beim Klang der Trompeten und Fanfaren und zum Wirbel der Kriegstrommeln die gewaltigen Tortürme des Stadtpalastes durchschritten. Der Audienzplatz, der jetzt vor uns lag, war den Mächtigen der Beiden Länder, den hohen Beamten und Würdenträgern, den Priestern und hohen ausländischen Gästen vorbehalten. Sie alle, ohne Ausnahme, warfen sich zu Boden, als die königliche Sänfte erschien. Die Fanfaren, Trompeten undTrommeln verstummten jetzt, und statt ihrer erklang jetzt ein vieltausendstimmiger Chor, der den Lobpreis unseres Herrschers anstimmte, welchen der Priester Panehsi einst für seinen König gedichtet hatte:
«Lob Dir, Guter Gott, der mich baute,
der mir Gutes bestimmte,
der mich werden ließ und mir Brot gab,
der für mich sorgte mit seinem Ka!
Ich spende Lob bis zur Höhe des Himmels,
ich bete an den Herrscher der Beiden Länder,
Echnaton: Schicksalsgott, Lebensspender,
Herr der Gebote, das Licht jeden Landes,
von dessen Anblick man lebt.
Der Nil der Menschheit,
von dessen Ka man sich sättigt.
Gott, der Große erschafft und Arme,
Luft für jede Nase, durch den man atmet.»
Währenddessen erreichten die Sänften das
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