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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Nähe des Flusses, endlich unter Wasser, wurden die Hochfelder künstlich bewässert. Um diese Arbeit wurde wahrhaft niemand beneidet, und nicht allein wegen ihres geringen Ertrages wurden die Hochfelder nur der Steuerklasse drei zugeordnet. Dann waren die Steuerbeamten an der Reihe. Jedes Feld wurde genau vermessen, ehe es einer Familie zugeordnet wurde, damit die Steuerabgaben genau festgelegt werden konnten. War schließlich die Zeit der Aussaat vorüber, kehrte wieder etwas Ruhe ein. Nur die Unzufriedenen, die ewig Unzufriedenen hielten nicht still. Jetzt kamen die, deren Feld zu klein bemessen wurde, die zu wenig Saatgut erhalten hatten oder deren Feld angeblich der falschen Steuerklasse zugeordnet wurde, um auf die ihnen angeblich widerfahrene Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen. Erst beschäftigten sie ihre Bürgermeister, dann belästigten sie die Gerichte, und schließlich verärgerten sie den Wesir.
    Im Palast von Waset war es ruhig geworden. Nofretete erwartete täglich die Geburt ihres ersten Kindes, weswegen von den Ärzten völlige Ruhe verordnet wurde. In der Umgebung Naftetas herrschte eine eigenartige Stimmung. Auf der einen Seite versuchten alle, zuversichtliche Heiterkeit zu verbreiten, auf der anderen Seite gab es doch die bedrückende Angst, dass meine Tochter, wie ihre Mutter, die Geburt nicht überleben könnte. Je näher der Tag ihrer Niederkunft rückte, umso häufiger kehrten sie in mein Gedächtnis zurück, die Bilder des Entsetzens, von Blut und Tod. Doch war da auch das Glück, das Glück über die Geburt neuen Lebens, über die Geburt meines ersten Enkels. Eje Großvater!
    «Großvater», sagte ich laut und ahmte dabei die Stimme eines Kindes nach. «Großvater!»
    Ti war schon vor Tagen im Palast des Prinzen eingezogen. Als die Amme Naftetas gehörte sie jetzt auch dorthin. Ich gab mir die größte Mühe, Gelassenheit vorzutäuschen. Es sei Sache derFrauen und bestenfalls des Vaters, ein Großvater habe da nichts zu schaffen und stünde nur im Weg herum.
    «Du musst dir keine Sorgen machen», versuchte Nafteta mich zu beruhigen, als ich ging. «Es wird alles gut werden, du wirst sehen.»
    «Ich weiß nicht, ob ich mir Sorgen machen werde, mein Kind. Aber ich werde jede Sekunde an dich denken, so lange, bis man mir sagt, dass es euch beiden gut geht.»
     
    «Es geht ihnen gut!», rief mir mein Diener schon vom großen Tor entgegen. «Es geht beiden gut, mein Herr!»
    Wie hatte mich der kleine Nubier an diesem Tag glücklich gemacht!
    «Steh schon auf», sagte ich ungeduldig, als er vor mir kniete. «So rede schon!»
    «Ihr habt ein Enkelkind, gnädiger Herr, und beide sind gesund, Mutter und Kind.»
    Was sollte der Arme auch sonst schon wissen.
    «Maja», rief ich laut nach meinem Verwalter. «Maja! Ich habe ein Enkelkind, und beide sind gesund. Ich fahre sofort zu ihnen.»
    Ich weiß nicht, ob mich Maja überhaupt hören konnte, aber das war nicht so wichtig. Ich brauchte einfach nur einen Anlass, meine Freude hinauszuschreien.
    Weil ich so glücklich war, fuhr ich auch nicht mit dem Wagen, sondern ließ mich mit der Sänfte zum Palast bringen. Vor mir ging der Standartenträger, und ich genoss es an diesem Tag außerordentlich, wenn er rief: «Macht Platz für Eje, den Einzigen Freund Seiner Majestät!» Und im Stillen fügte ich hinzu: den glücklichsten Großvater der Beiden Länder.
    Sah ich sonst über die Köpfe der Menschen hinweg, wenn ich durch die Straßen von Waset getragen wurde, so blickte ich heute in jedes Gesicht, das mich ansah. Und grüßte mich sogar einer der vielen Unbekannten, dann grüßte ich freundlich nickend zurück.
    Innerhalb des Palastes kannte mich freilich jeder, und je weiter ich in sein Inneres vordrang, umso fröhlicher grüßten und beglückwünschten mich die Menschen. Ich fand das rührendste Familienglück vor, das ich mir vorstellen konnte. Nafteta – noch reichlich blass im Gesicht – lag in ihrem Bett, und Amenophis saß neben ihr auf der Bettkante, hielt das Kind, das ganz in Leinen gewickelt war, in seinen Armen und wiegte es hin und her.
    «Geht es dir gut, mein Kind?», fragte ich Nofretete leise, und als sie mir lächelnd zunickte, rann mir eine Träne der Glückseligkeit über die Wange. Ich wischte sie mir schnell weg, ehe ich Naftetas Stirn küsste und meine Tochter beglückwünschte. Dann ging ich zu Amenophis und dem Kind.
    «Auch dir meinen Glückwunsch und alles Gute, mein Schwiegersohn. Aber jetzt sage mir doch endlich einer,

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