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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Regierungsjahr Prinz Amenophis zum Mitregenten ausgerufen wurde. Pharao hatte lange mit dieser Entscheidung gerungen, denn er fühlte sich noch stark genug, sein göttliches Amt allein auszuführen, und er wusste, dass eine Doppelregentschaft viele Schwierigkeiten mit sich bringen würde. Wer von den beidenHerrschern würde dann der oberste Priester des Landes sein? Wer der Befehlshaber der Armee? Wer würde verantwortlich sein für die Beziehungen zu anderen Ländern, für die Flotte, die Steinbrüche, die Goldgewinnung und die Bauarbeiten? Doch Ameni hatte auch ein Alter erreicht, in welchem er im Grunde jeden Tag mit dem Schlimmsten rechnen musste. Hatte er nicht selbst miterlebt, wie früh und vor allem plötzlich sein Vater, der Osiris Thutmosis, dem schakalköpfigen Anubis in die westlichen Gefilde folgen musste? Wie wichtig wäre es für ihn gewesen, wenn er aus eigenem Erleben etwas von den Staatsgeschäften erfahren hätte, und nicht nur aus Büchern oder aus dem Munde seines Lehrers Juja, meines Vaters. Nimuria war erst fünfzehn Jahre alt, als sein Vater starb, sodass vorher niemand eine Mitregentschaft überhaupt in Erwägung gezogen hatte. Pharaos Sohn aber würde bald das einundzwanzigste Lebensjahr vollenden. Das bot die Möglichkeit, ihn beizeiten und unter der Anleitung des erfahrenen Herrschers an der Ausübung der Macht teilhaben zu lassen, bis er einst Geißel und Krummstab allein in seinen Händen hielt.
     
    Die Beiden Länder brachten wieder eine reiche Ernte ein. Die Getreidespeicher Pharaos, die der Tempel und der Vornehmen aller Gaue waren gefüllt, und schon während der Ernte zeigte sich, dass die vorhandenen Speicher all das Getreide nicht fassen würden. Und da die Bauern unentbehrlich waren, ließ Nimuria im ganzen Land zusätzliche Vorratskammern von Soldaten anlegen.
    Auch Obst und Gemüse brachten die Felder und Gärten im Überfluss hervor. In diesem Jahr waren die Weintrauben von der Flussmündung im Norden bis hinab in den Süden Oberägyptens saftiger und süßer denn je zuvor. Die Kinder der Bauern schleppten die Trauben in Körben zu den gemauerten Wannen, wo sie zertreten wurden. Der ausgepresste Saft floss in große Tonkrüge, wo er gärte. Die Gefäße verschloss man mit Stöpselnaus Nilschlamm, in die kleine Löcher gebohrt wurden, damit aus ihnen Luft und Gärdämpfe entweichen konnten. Erst wenn der Wein ganz vergoren war, wurden die Gefäße völlig verschlossen und eingelagert. Einer der besten Weine dieses Jahres war ein Weißer, der im Osten der Flussmündung von einer Domäne des Re von On kam.
    Auf den Weiden hüpften Kälber und Lämmer, und es gab so viele Enten im Schilf des Flusses, dass sie selbst die Götter nicht zu zählen vermocht hätten. Täglich waren es mehr Schiffe, die von Norden und Süden nach Waset kamen, um Getreide, Wein, Oliven, einfach alles, was Waset für die bevorstehenden Festtage brauchte, anzuliefern.
    Aus den Fremdländern und aus dem elenden Kusch kamen Gold, Elfenbein, feinste Tuche und Edelsteine zu uns. Das ferne Punt lieferte Weihrauch, damit die Götter Ägyptens von seinem Duft, der Tag für Tag zu ihnen aus Tausenden Tempeln emporstieg, erfreut wurden.
    Es kamen aber auch fremde Schiffe, wie wir sie noch nie gesehen hatten, ganz anders in der Bauweise als unsere Barken. Sie brachten die ersten Gäste aus dem fernen Mykene, aus Troja und der Insel Alaschia im Nordosten der Flussmündung. Weiterhin kamen Schiffe von den Küstenstädten Ugarit, Byblos und Tyros. Ein jeder, der von diesen Schiffen stieg, sah anders aus. Die Kreter hatten langes, schwarzes Haar, welches in langen, feingekräuselten Locken über ihre Schultern fiel. Ihre Stirn war fliehend und verlief mit der spitzen Nase in einer nahezu geraden Linie. Die Lippen waren schmal und fast schwarz, und ein jeder von ihnen trug einen kunstvoll zurechtgeschnittenen Kinnbart. Man sagte ihnen allerdings allgemein nach, dass es kein Volk auf der Welt gab, welches so log wie sie. Die Haare der Männer aus Ugarit, Byblos und Tyros glänzten bläulich, wie die Federn der Raben, wenn die Sonne auf sie scheint. Aber im Gegensatz zu den Kretern, die wegen der Hitze, welche auf ihrer Insel herrschte, nur Schurze trugen, ähnlich wie wir Ägypter,waren die anderen in lange, teilweise schwere Gewänder gehüllt. Wir Ägypter verachteten diese Art der Kleidung, denn man schwitzte darin viel und wurde schnell unreinlich.
    Je mehr Fremde nach Waset kamen, umso bunter und lebendiger wurde

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