Im Land des Falkengottes. Echnaton
Ägypten reifte, Wein aus der Domäne des Amun.
Prinz Amenophis schwärmte in der kleinen, aber ausgelassenen Runde von der herrlichen Aussicht, die man von der Dachterrasse seines Palastes auf Waset und das Westgebirge hatte undberichtete von einigen Umbau- und Verschönerungsarbeiten, über die er sich schon seit Monaten Gedanken machte. Aper-el hörte aufmerksam zu und gab schließlich zu bedenken, ob es sich nicht anbieten würde, an einer anderen Stelle einen völlig neuen Palast zu errichten. Der Aufwand und die Kosten sprächen nach seiner Ansicht eher für einen Neubau.
«Und an die Stelle des alten Palastes könntest du inmitten von Waset ein Heiligtum für Aton errichten», fügte ich hinzu, ohne dass ich diese Bemerkung selbst sonderlich ernst genommen hatte.
«Noch einmal», sagte der Prinz und sah dabei erst mich und dann Aper-el mit weit geöffneten Augen an.
«Du meinst wirklich, die Errichtung eines neuen Palastes wäre günstiger zu bewerkstelligen als die Umgestaltung des jetzt bestehenden?»
«Und es geht wesentlich schneller», fügte der Palastverwalter ungefragt hinzu.
Weil der Prinz schwieg, fuhr er gleich fort: «Dieser Palast ist aus luftgetrockneten Ziegeln errichtet und schon sehr alt. Die Ziegel sind teilweise spröde. Er wurde mehrfach umgebaut, und er erhielt regelmäßig Anbauten. Manche Mauern haben gewaltige Ausmaße, und wir besitzen keine genauen Kenntnisse darüber, welche Mauern wegen ihrer Bedeutung für die Haltbarkeit des Gebäudes nicht eingerissen werden dürfen und auf welche man verzichten kann. Durch die Anbauten aus verschiedenen Zeiten erhielt der Palast ein sehr uneinheitliches Aussehen. Das ließe sich nur dadurch berichtigen, dass ganze Gebäudeteile wieder eingerissen und der unbrauchbare Ziegelschutt entfernt wird. Allein der zeitliche Aufwand hierfür wäre gewaltig, und es wäre nicht viel gewonnen.»
Der Prinz besaß so viel Weitsicht und so viel Vernunft, dass er jetzt schwieg. Ich sah ihm zwar an, wie es in seinem Kopf arbeitete, und ich war mir sicher, dass er noch in dieser Nacht die ersten Federstriche machen würde. Er wusste aber auch, dass ervon Nimuria kaum die Erlaubnis zu diesem Vorhaben erhalten würde, solange er nicht Mitregent war.
«Lassen wir diese Gedankenspiele, Aper-el. Wir haben uns offenbar missverstanden. Ich will natürlich nicht den gesamten Palast umgestalten, sondern nur einige Räume.»
Für den Augenblick war ich beruhigt und versuchte, das Gespräch auf einen anderen Gegenstand zu lenken, damit Aper-el und Tutu, der als geschwätzig galt, das vorige Gespräch schnell wieder vergaßen.
«Sag mir doch, Nafteta, welche Vorkehrungen hast du denn für die Zeit deiner Schwangerschaft getroffen? Stehen in eurem Schlafgemach schon unzählige Figuren des kleinen nackten Bes, mit krummen Stummelbeinen, gefletschten Zähnen und eingedrückter Nase? Oder bevorzugst du mehr die erhabene Gestalt der Thoeris» – und mit meinen Armen deutete ich vor meinem Körper einen dicken Bauch an –, «dieses heiligen Flusspferdes mit Hängebrüsten, Krokodilschwanz und den Tatzen der Löwin?»
«Du solltest dich als Mann über diese Dinge nicht lustig machen, Eje», ging Ti auffallend ernst dazwischen und fuhr gleich fort: «Bes und Thoeris sind nun einmal die Götter der Schwangeren und Gebärenden. Man kann nie genau wissen, was sie nützen.»
«Oder was sie nicht nützen. Ich weiß», sagte Nofretete und sah mich mit ernstem Gesicht an, denn sie kannte meine Meinung dazu.
«Eje hat aber Recht», sagte Amenophis und fasste nach Naftetas rechter Hand.
«Bes zählt nicht einmal zu den großen Göttern unseres Landes. Ich glaube nicht, dass eine Stein- oder Tonfigur dieses hässlichen Zwerges irgendetwas bewirken kann. Dazu bedarf es anderer Mächte wie …»
«Sei dir da nicht so sicher, Amenophis», unterbrach ihn Nafteta. «Seit vielen hundert Jahren stellen sich die Frauen unseresLandes unter den Schutz von Thoeris und Bes. Vielen tausend Frauen haben sie geholfen.»
«Woher wisst ihr das?», fragte der Prinz und sah beide Frauen nacheinander mit hochgezogenen Schultern fragend an.
«Die Priester sagen es. Die Ärzte sagen es, und viele Frauen sagen es. Ist euch das nicht genug?», gab Ti die Frage an uns zurück.
«Wenn Tutu euch sagt, dass die Erde eine Kugel ist, dann glaubt ihr ihm das auch, oder?»
«Nicht, Eje», mischte sich der Arzt jetzt ein.
«So darf man mit diesen Dingen nicht umgehen. Ganz gleich, ob eine Frau
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