Im Land des Falkengottes. Echnaton
zu treten. Die Herrscher Ägyptens können auch anders, wenn Ihr es wollt!»
Dann wandte sich Nimuria von ihnen ab und verließ zwischen den von so viel Eile überraschten Wedelträgern mit großen Schritten den Audienzsaal. Ich dagegen blieb stehen und hörte weiter.
«Er konnte es nicht gehört haben», flüsterte der Priester, dessen Mund der Fluch entfahren war, Ramose zu.
«Das ist mir ganz gleich», bekam er zur Antwort. «Haltet Euch künftig zurück und schweigt lieber. Es geht hier nicht mit rechten Dingen zu!»
Der Erste Sehende des Amun wandte sich bereits dem Ausgang zu, da drehte er nochmals kurz seinen Kopf nach mir um und sah mich hasserfüllt an. Ich sah ihm nur kurz in die Augen, dann verneigte ich mich zum Abschied ein wenig, verließ den Saal und ging zu Ameni.
«Ich hoffe, Ramose hat diesmal nichts gemerkt», sagte ich zu Nimuria, der gerade das Nemes-Kopftuch abnahm und es seinem Kammerdiener reichte.
«Wieso befürchtest du das?»
«Er sah mich gerade mit einem so durchdringenden Blick an, dass ich mir eigentlich um mein Leben ernsthaft Sorgen machen müsste. Aber wie du weißt, hasst er mich seit jeher, und ich lebe noch immer.»
«Nimm ihn nicht so ernst, Eje. Dass er über den Verlust von einem ordentlichen Stück Land nicht glücklich ist, kann ich verstehen. Morgen wird er angekrochen kommen und meinem Sohn das Land schenken. Das Schöne daran ist ja, dass er sich von etwas trennen soll, das ohnehin mir und meinem Sohn gehört.»
Nimuria sollte Recht behalten. Schon am anderen Tag erschien Ramose mit nur zwei seiner Oberpriester und gab seinen Herrschern vierhundert Aruren Land zurück, damit Amenophis Waen-Re für Aton einen Tempel errichten und ihn mit Gütern ausstatten konnte. Weitere einhundert Aruren erhielt Waen-Re von Prinzessin Sitamun.
Zur Grundsteinlegung, die nur eine Woche später stattfand, waren alle erschienen, die in Oberägypten Rang und Namen hatten. Nimuria und Teje hielten sich im Hintergrund, damit Waen-Re und Nofretete die Zeremonie allein leiten konnten. Zuerst schritt das junge Herrscherpaar mit zwei Landvermessern die gesamte Fläche des künftigen Tempelbaus ab, ließ Pflöcke einschlagen und dazwischen weiße Schnüre spannen. Dann wurde in der Mitte der Fläche eine Gedenktafel vergraben undauf einem eigens aufgerichteten Altar brachten Amenophis und Nofretete unter dem Gesang mehrerer hundert Sängerinnen ihrem Gott Fleisch, Früchte und Gemüse zum Opfer dar. Aus zweiundvierzig Kohlebecken, so vielen, wie Beide Länder Gaue zählten, stieg köstlich duftender Weihrauch zu Aton empor.
Erst an diesem Tag wurde offenbar, dass das Gempa-Aton eine viel größere Fläche einnehmen würde, als der Tempel Amuns, des Verborgenen. Jetzt aber war es geschehen. Jetzt war nichts mehr zu ändern. Amenophis Waen-Re, der Gute Gott, hatte es so gewollt.
Um einen völlig ebenen Tempel zu erhalten, wurde schon am anderen Tag entlang der weißen Vermessungsstricke ein schier unendlich langer Graben gezogen, und als sich das Viereck geschlossen hatte, ließ man den Graben voll Wasser laufen. Die jetzt geschlossene Wasseroberfläche des Grabens bildete die vollkommene Ebene, an welcher sich die Grabungsleiter richteten, um die Oberfläche im Inneren dieses Vierecks abtragen zu lassen. Zur selben Zeit schufen Tausende Arbeiter eine Auffahrt vom Fluss, damit alsbald die Steine, die aus den Steinbrüchen nahe Abu im Süden und aus Tura im Norden kamen, zur Baustelle gebracht werden konnten.
Hor und Suti waren derweil getrennt in beide Steinbrüche gereist, um dort die Steine, sowohl die großen Quader als auch die Talatatblöcke im Namen Seiner Majestät in Auftrag zu geben. Thutmosis, Men und Bek waren tagein tagaus damit beschäftigt, Figuren anzufertigen, die den Vorstellungen ihres Herrschers entsprachen.
Die wichtigste Arbeit übernahm Waen-Re jedoch selbst: die Auswahl der Priester seines künftigen Atonheiligtums. Er kannte seit längerer Zeit einige Priester aus den Heiligtümern der Hathor, des Chons und des Amun, welche bereit waren, in den Dienst des jungen Herrschers und seines Gottes zu treten. Es waren dies aber überwiegend Vorlesepriester, die noch nicht erfahren genug waren, um das so wichtige Amt des Ersten Sehendenzu bekleiden. Diese Ämter gedachte Amenophis auf Priester aus dem Tempel des Re im fernen On zu übertragen.
So reisten Amenophis, Nafteta, Ti und ich mit unseren kleinen Töchtern Meritaton und Mutnedjemet nach Norden. Diesmal war es
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