Im Land des Falkengottes. Tutanchamun
Treppe, einen Gang und drei oder vier Kammern. Lass dir die Pläne geben, und beginne noch morgen mit den Arbeiten. Es muss in einer Woche so weit fertig sein, dass wir die ersten Beigaben ins Grab bringen können.»
Wir brachten Tutanchamun in dieser Nacht nicht in das Haus der Ewigkeit jenseits des Flusses, sondern in das Totental, damit er dort in aller Heimlichkeit von den Balsamierern für sein Leben im Jenseits vorbereitet wurde.
Erst im Morgengrauen kehrten wir zurück.
Ich dachte lange darüber nach, welche Rechtfertigung ich gegenüber Haremhab für mein vorschnelles Handeln vorbringen sollte. Endlich gelangte ich zu einem knappen und sehr einfachen Ergebnis: Wenn ich erst Pharao war, brauchte ich niemandem gegenüber eine Rechtfertigung. Die Krone, die ich dann tragen würde, war Rechtfertigung genug. Ich brauchte nur Zeit; genügend Zeit, um vollendete Tatsachen zu schaffen.
Mahus Aufgabe in diesen Tagen war es, all diejenigen zu beschwichtigen, die nach dem Befinden Tutanchamuns fragten und zu ihm vorgelassen werden wollten. Sie alle erhielten nur die Auskunft, dass er noch krank und unansprechbar war.
Derweil suchten Maja und ich die ersten Grabbeigaben aus. Anfangs waren es nur Stücke, deren Fehlen nicht weiter auffiel: der Thron aus Kindertagen und Möbelstücke, die er schon länger nicht mehr benutzt hatte; Schmuckstücke, Waffen und die kleinen Nachbauten von Schiffen, die er als Kind so geliebt hatte. In großer Eile wurden in den Werkstätten die drei Särge, in welche man ihn nacheinander betten würde, und die Schreine, die sie umgeben würden, gefertigt. Ebenso Figuren, die Pharao, Anubis und andere Gottheiten darstellten. Brote, Weinkrüge und andere Lebensmittel wurden bereitgestellt undalles, was fertig oder vorbereitet war, in dunkler Nacht und in aller Heimlichkeit ins Tal gebracht.
Es rückte aber der Zeitpunkt näher, als sich der Tod Pharaos und die Vorbereitungen, die zu seiner Bestattung getroffen werden mussten, nicht mehr verheimlichen ließen. Denn wir mussten darangehen, die großen und kostbaren Grabbeigaben bereitzustellen, vor allem die Särge, den Schmuck und die Goldmaske Pharaos.
Auch das Pektorale mit der Träne des Re sollte nach meinem Willen ein Teil seines Grabschatzes werden, denn zu viel Unglück hatte sie über Tutanchamun und die Seinen gebracht. Ja, die Gier nach dem kostbarsten und seltensten aller Schätze hatte erst mich geblendet und beinahe ins Verderben gestürzt, und ich war mir sicher, dass die Träne auch all das weitere Unglück über uns gebracht hatte.
So ließ ich jetzt den Tod unseres jungen Herrschers verkünden, damit die siebzigtägige Trauer beginnen konnte. Aber niemand ahnte, dass Pharao schon seit zwanzig Tagen nicht mehr lebte. Es ging ein Wehklagen durch Waset, durch Ober- und Unterägypten, denn niemand konnte begreifen, warum Tutanchamun so jung sterben musste.
Ich selbst hatte aber jetzt Eile, alles zu unternehmen, damit Haremhab vorerst nicht nach Waset kam. Dazu ersann ich mir einen bösen und gemeinen Plan, wie man ihn sich hinterhältiger kaum vorstellen kann. Ich ließ Anchesenamun einen Brief an Suppiluliuma schreiben. Nach der üblichen Begrüßung hieß es darin:
«Mein Gemahl ist gestorben, und er hat keinen Sohn hinterlassen. Man sagt aber, dass Deine Söhne zahlreich sind. Wenn Du mir aber einen Deiner Söhne gibst, so wird er mein Gemahl sein. Denn niemals werde ich einen meiner Diener zum Gatten nehmen. Denn Eje ist ein alter Mann, und vor Haremhab habe ich Angst.»
Ich besprach mich mit Anchesenamun und klärte sie auf, was dieser Brief bedeutete.
«Haremhab wird rasen vor Wut, wenn dieser Brief in seine Hände gelangt. Er wird niemals zulassen, dass Suppiluliuma einen seiner Söhne an den Nil schickt, damit er als Pharao über Ägypten herrscht.»
«Und wie soll der Brief in die Hände Haremhabs gelangen?», fragte mich Anchesenamun.
«Es muss so aussehen, als wäre der Brief allein deine Sache. Deswegen wirst du in aller Heimlichkeit einen Boten bestellen. Er soll das Gefühl haben, dass du auch mich übergehst. Dann schicke ihn auf dem schnellsten Weg nach Byblos. Sollte sich Suppiluliuma in Qadesch aufhalten, soll er den Brief dorthin bringen. Ich bin mir sicher, dass der Brief nicht bei Suppiluliuma ankommt, ohne nicht vorher von Haremhab gelesen worden zu sein. Die Grenzen nach Nordsyrien sind zu dicht, und das Netz, das Haremhab dort gesponnen hat, ist zu eng, als dass ihm diese Botschaft
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