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Im Land des Regengottes

Im Land des Regengottes

Titel: Im Land des Regengottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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Weile kramte Slagman ein Kartenspiel aus seiner Tasche und einer der anderen holte eine Flasche Schnaps aus seinem Gepäck. Sie schickten Petrus mit ein paar Groschen hinüber zum Bauernhaus, dass er ihnen etwas zu essen besorgte, Tabak und eine Petroleumlampe, denn inzwischen war es dunkel geworden. Dann begannen sie zu pokern und zu trinken. Der Schuppen füllte sich mit ihrem Gegröle, ihrem Lachen und ihrem Pfeifenrauch. Als die Schnapsflasche leer war, ließen sie Petrus eine zweite holen und danach noch eine dritte.
    Es gefiel mir nicht, dass sie sich betranken. Ich musste die ganze Zeit an die Soldaten denken, denen ich damals auf dem Weg nach Keetmanshoop begegnet war.
    »Halt dich fern von Betrunkenen«, hörte ich meine Mutter wieder sagen. Aber wie um alles in der Welt sollte ich mich von diesen Männern fernhalten? Ich verkroch mich in einen Winkel des Schuppens, die Knie an die Brust gezogen. In der anderen Ecke des Raumes hockten Petrus, Willem und die Begleiter der anderen beiden Trapper. Petrus’ Blick glitt zwischen mir und den Männern hin und her. Aber er wusste genauso gut wie ich, dass er im Ernstfall gegen drei Betrunkene nichts ausrichten konnte.
    Je mehr sie tranken, desto lauter wurden ihre Stimmen und das Gelächter. Wenn einer von ihnen eine Bemerkung machte, dann gerieten die anderen außer sich, sie schlugen sich auf die Schenkel und wieherten vor Vergnügen. Obwohl ich den ganzen Tag auf dem Maulesel gesessen hatte, war ich todmüde, trotzdem wagte ich nicht, einzuschlafen. Ich kauerte in meiner Ecke, stützte das Kinn auf die Knie und konzentrierte alle meine Willenskraft darauf, dass mir die Augen nicht zufielen.
    Dann öffnete sich plötzlich die Schuppentür. In der Öffnung erschien die Farmersfrau, ein flackerndes Windlicht in der Hand. Die Männer bemerkten sie gar nicht, erst als ihre laute, schrille Stimme durch den Raum gellte, verstummte ihr Gegröle. Die Frau schien sich über den Lärm zu beschweren, denn Slagman legte beschwichtigend einen Finger auf die Lippen und nickte. Als er sich wieder den anderen zuwandte, riss er in gespielter Furcht die Augen auf. Seine beiden Freunde prusteten aufs Neue los.
    Die Farmersfrau, die Slagmans Gesicht nicht sehen konnte, runzelte missbilligend die Stirn. Dann winkte sie mir, zu ihr zu kommen. Ich rappelte mich sofort hoch. » Kom saam met my « , sagte sie sehr langsam und deutlich. » Hierdie dronkaards is gevaarlik. «
    Ich war ganz ihrer Meinung. Dankbar folgte ich ihr über den Hof ins Haus, wo sie mir ein schmales Bett in einer kleinen Kammer anwies. Sie gab mir eine neue Decke, denn die andere hatte ich drüben im Schuppen gelassen. Dann strich sie mir über den Kopf wie einem Kind. » Lekker slaap. «
    »Gute Nacht«, sagte ich. »Und vielen Dank. Dankie « , übersetzte ich, so viel hatte ich immerhin schon gelernt.
    Sie war schon fast aus der Tür, aber jetzt drehte sie sich noch einmal zu mir um und lächelte mich an. » Dis’n plesier, my skat. «
     
    Ich schlief ruhig und tief bis zum nächsten Morgen. Keine Sorge hinderte mich am Einschlafen, kein böser Traum störte meine Ruhe. Wenn ich überhaupt etwas träumte, dann hatte ich es am nächsten Morgen vergessen.
    Die Farmersfrau servierte mir Maisbrei zum Frühstück, den sie Mieliepap nannte. Er schmeckte genau wie der Brei der alten Nama-Frau, den ich an jenem Morgen auf dem Weg nach Keetmanshoop bekommen hatte. Während ich mein Frühstück mit großem Appetit verschlang, versuchte ich, mich zu erinnern, wie lange es nun schon her war, dass ich aus Bethanien geflohen war. Acht Wochen oder zehn oder noch länger? Ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit ich bei den Nama verbracht hatte und wie lange wir danach unterwegs gewesen waren. Es war ja auch vollkommen egal. Jetzt waren wir hier, das allein war wichtig.
    » Vandag kom julle tot by Springbok « , sagte die Farmersfrau, nachdem ich die dritte Schüssel Mieliepap geleert hatte. Meinte sie damit, dass wir Springbok heute schon erreichen würden? Der Gedanke beflügelte mich richtiggehend. Sobald wir in Springbok waren, konnten wir uns von Slagman trennen. Und von dort war es nicht mehr sehr weit bis nach Wupperthal, wo die Cordes lebten.
    Der gefährlichste Teil unserer Reise lag hinter uns, dachte ich, während ich zum Schuppen ging. Das Schlimmste hatten wir geschafft. Von nun an wollte ich nicht mehr zurückblicken, sondern nur noch nach vorn. Auch wenn die Zukunft nach wie vor im Dunkeln lag. Ich hatte ja keine

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