Im Leben wird dir nichts geschenkt.
und ich fand nichts, um mich daran festzuhalten und hochzuziehen. Natürlich hätte das auch nichts geholfen – bei seiner Kraft fiel es ihm nicht schwer, mich unten zu halten. Fünf bis zehn Sekunden lang wehrte ich mich, dann gab ich auf. Ganz offensichtlich hatte sein Verstand völlig ausgesetzt, er war blind vor Wut, und in diesem Zustand blieb nur noch seine überwältigende Körperkraft. Stumm schloss ich mit meinem Leben ab und hoffte, dass mich einige Menschen in guter Erinnerung behielten. Ich hoffte, dass Julian mich nicht vergaß und zu einem guten, glücklichen Mann heranwuchs … Ich schluckte dieses eisige Wasser und glaubte, dass ich allein schon von der Temperatur bewusstlos werden würde. Mark zog mich hoch – vielleicht, weil er wie ein kleiner Junge, den man auf frischer Tat ertappt, Reue empfand – doch dann überlegte er es sich offenbar wieder und tauchte mich zum zweiten Mal unter, und so gab ich auf. Ich spürte eine schicksalsergebene Ruhe und Wärme, die Angst war gewichen. Und dann zog er mich aus dem Wasser.
Für einen so gewalttätigen Mann hatte er eine liebenswürdige, freundliche Seite, und wahrscheinlich klammerte ich mich daran. Das machte mir eigentlich die größte Angst. Ich vergab ihm, doch tief im Inneren wusste ich, dass ich vor ihm größere Angst als vor irgendeinem anderen Menschen hatte.
Ich fuhr mit der Krebsbehandlung fort, und schließlich teilten mir die Ärzte mit, ich sei geheilt. Sie hatten mir erklärt, dass die Behandlung die Chancen, wieder schwanger zu werden, reduziere, und so war ich fassungslos, als genau das passierte. Irgendwie musste es wohl so kommen – selbst mein Vater lachte, und sagte, offenbar sei es mir bestimmt, Kinder zu bekommen. Er machte seine Witze und sagte, ein Mann bräuchte mich wohl nur anzusehen, damit ich schwanger würde, und offenbar lag er nicht weit daneben. Ich war überglücklich, den Ärzten zu beweisen, dass sie sich irrten, auch wenn ich nicht recht sagen kann, weshalb ich das Baby behielt und bei Mark blieb. Ich wusste, dass die Beziehung vermutlich nicht halten würde, und mit dem Baby im Bauch fühlte ich mich noch verletzlicher, doch mir war sonnenklar, dass ich eine Abtreibung nie fertig bringen würde.
Ich glaubte Mark, dass er mich liebte, auch wenn bei ihm die Steroide inzwischen vollkommen die Oberhand gewonnen hatten. Zwar zeigte sich die Wirkung der Pillen selten wieder so drastisch, doch sie waren stets da und ein Teil von ihm. Und jetzt ging es nicht mehr nur um mich, sondern auch um das Baby. Konnte ich wirklich mit Mark eine sichere, behütete Beziehung haben, oder musste ich mich damit abfinden, ihn zu verlassen? Ich beschloss zu bleiben, bis das Kind auf die Welt kam und ich genügend bei Kräften war, um den notwendigen Schritt zu tun. Das war eine Fehlentscheidung.
Etwa im achten Monat hatte ich nur noch Babysachen und Ähnliches im Kopf und verbrachte Stunden in einem entsprechenden Laden, um mit dem Verkäufer alles auszusuchen. Mark war die ganze Zeit bei mir. Als wir bei einer dieser Gelegenheiten nach Hause kamen, schien er in einer düsteren Verfassung zu sein. »Wieso warst du zu dem Kerl im Laden so nett?«, brüllte er. Ich weiß nicht, was er glaubte gesehen zu haben, doch das Ganze war eine Einbildung, die von den Steroiden ausgelöst wurde. Er konnte nicht ernsthaft glauben, dass eine Frau wenige Wochen vor der Geburt ihres Kindes mit jemandem flirtete, der Babysachen verkaufte. Doch genau das schien er zu denken. Der Streit ging weiter, als ich mich in der Ankleide unseres Schlafzimmers umzog.
Trotz alledem brachte ich am 15. Dezember 1989 einen wunderbaren, gesunden Jungen zur Welt, und nur neun Wochen später ergriff ich mit dem kleinen Killian im Arm die Flucht aus der Wüste von Arizona. Meine Mutter, die zuvor mit Julian auf Besuch da gewesen war, stand hundertprozentig hinter meiner Entscheidung. Sie wünschte mir nur Glück – sie wollte, dass ich wieder stark war. Also wartete ich, wie seinerzeit bei Sylvester, bis Mark das Haus verließ, nahm ein paar wichtige Dinge für das Baby mit, schnallte es behutsam auf seinem Sitz fest und fuhr in einem Rutsch bis nach Los Angeles. Den ganzen Abend und die ganze Nacht hindurch, die ich den Highway 10 entlangfuhr, weinte ich hilflos. Als ich den Bundesstaat hinter mir ließ, ging die Sonne auf. Es war wunderschön, und ich wusste, dass ich nie zurückkehren würde.
Die nächsten drei Wochen verbrachte ich im Four Seasons Hotel in Los
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