Im Licht der Sterne: Roman (German Edition)
beobachtet, wie du mit Menschen umgehst. Sie vertrauen dir, weil sie dir vertrauen können.«
»Keinen Schaden anzurichten gehört mit zu der Verantwortung, die ich geerbt habe. Bei dir ist es das Gleiche.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin gewissermaßen versklavt gewesen.«
»Und deshalb hast du viel Verständnis für Menschen mit ähnlich schmerzhaften Erfahrungen, für die Hoffnungslosen. Alles hat seinen Sinn, kleine Schwester. Was wir und wie wir damit umgehen, ist der Schlüssel zu dem Wer und Was wir sind.«
Nell sah auf das Meer, auf die Segelboote, die Jet-Ski-Fahrer, die Wellenreiter. Sie konnte alles hinter sich lassen, dachte sie, ihr ganzes früheres Leben. Sie konnte hier ein friedliches und normales Leben haben.
Oder sogar noch mehr.
»Mia, als ich bei dir übernachtet habe, habe ich mir eingeredet, dass ich geträumt hätte, dich auf den Klippen gesehen zu haben.«
Mia drehte sich nicht um, schaute weiterhin ruhig über das Wasser. »Möchtest du das glauben?«
»Ich bin nicht sicher. Ich habe von diesem Platz geträumt. Schon als ich ein Kind war, hatte ich Träume. Lange Zeit habe ich sie ignoriert oder sie verdrängt. Als ich das Bild sah – die Klippen, den Leuchtturm, dein Haus –, musste ich hierher kommen. Es war, als dürfte ich endlich nach Hause kommen.«
Sie sah zurück zu Mia. »Ich habe an Märchen geglaubt, aber dann wurde ich eines Besseren belehrt. Auf die harte Tour.«
Ich auch, dachte Mia. Kein Mann hatte jemals seine Hand gegen sie erhoben, aber es gab andere Möglichkeiten, jemanden zu verletzten und zu verwunden. »Das Leben ist kein Märchen, und Gaben haben ihren Preis.«
Ein Schauder lief Nell über den Rücken. Es wäre leichter, sich abzuwenden. Sicherer, wegzulaufen.
Ein Boot weit draußen feuerte eine Rakete ab. Das zischende Geräusch endete in einem Knall, und ein Goldregen ergoss sich über das Meer. Begeisterte Rufe erhoben sich am Strand. Sie hörte auch Kinderstimmen darunter.
»Du hast gesagt, dass du es mich lehren würdest.«
Mia atmete erleichtert aus. Sie hatte vor lauter Anspannung gar nicht bemerkt, dass sie den Atem angehalten hatte. Es hing so viel davon ab. »Das werde ich auch tun.«
Sie beobachteten gemeinsam, wie die nächste Rakete explodierte.
»Bleibst du hier, um das Feuerwerk zu sehen?«, fragte Nell sie.
»Nein, ich kann es von meinen Klippen aus besser sehen.
Und es ist weniger gefährlich. Außerdem hasse ich es, drittes Rad am Wagen zu sein.«
»Drittes Rad?«
»Ladys.« Zack kam angeschlendert. Ausnahmsweise trug er seinen Sheriffstern an seinem Hemd. »Ich muss Sie bitten, weiterzugehen. Zwei schöne Frauen am Strand sind ein Sicherheitsrisiko.«
»Ist er nicht süß?« Mia umfasste sein Gesicht und gab ihm einen schmatzenden Kuss. »Als ich in der dritten Klasse war, wollte ich ihn heiraten und in einem Sandschloss leben.«
»Du hättest mich vielleicht dazu überreden können.«
»Du hast Hester Birmingham schöne Augen gemacht.«
»Nein, ich hatte nur lustvolle Gefühle für ihr glänzendes rotes Fahrrad. Als ich zwölf wurde, habe ich mein eigenes vom Weihnachtsmann bekommen, und Hester hörte auf zu existieren in meiner kleinen Welt.«
»Männer sind Bastarde.«
»Vielleicht, aber ich habe immer noch mein Fahrrad, und Hester hat Zwillingsmädchen und einen Mini-Van. Rundherum ein Happy-End also.«
»Hester hat dich nach wie vor im Auge«, informierte Mia ihn und freute sich über sein verdutztes Gesicht, seinen offenen Mund. »Und mit dieser Information verkrümele ich mich. Genießt das Feuerwerk.«
»Frauen schaffen es ewig, das letzte Wort zu haben«, murmelte Zack. »Wenn Männer sich gerade mal geräuspert haben, sind sie schon auf und davon. Apropos räuspern: Du siehst umwerfend aus.«
»Danke.« Sie streckte ihre Arme seitwärts aus. »Ich habe groß eingekauft.«
»Und nicht einen Dollar verschwendet. Lass mich das für dich tragen.« Er nahm ihr die Einkaufstüte aus der Hand.
»Ich muss sie nach Hause bringen und noch einiges erledigen, bevor es dunkel wird.«
»Ich kann dich ein Stück begleiten. Ich hatte gehofft, dich hier irgendwo zu treffen. Wie ich hörte, warst du heute fleißig und hast reichlich Kartoffelsalat über die Insel verteilt.«
»Ich habe bestimmt einen Zentner gemacht und so viele Hähnchen gebraten, dass die Geflügelpopulation auf der Insel stark dezimiert wurde.«
»Ich nehme nicht an, dass du noch irgendwas übrig hast?«
Sie zeigte ihre Grübchen.
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