Im Licht des Blutmondes
Mundwinkel zuckten verdächtig. „Du hast gut gewählt, Ci.“ Nun musste Cirrus lächeln.
„Das tue ich immer Bruder“, erwiderte er und klopfte Zacharias erneut auf die Schulter. „So, und nun werde ich Lucia zu dir schicken und eine Bluthure für dich aussuchen, damit auch du dich nähren kannst. Alles andere können wir besprechen, sobald Joleen dazu in der Lage ist, ebenfalls dabei zu sein.“ Zacharias nickte und Cirrus verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer.
Er musste sich daran gewöhnen, dass Joleen nun nicht mehr länger eine Blutsklavin war, sondern eine von ihnen. Wenn er es recht bedachte, war es ohnehin klar gewesen, dass es so enden würde. Vom ersten Tag an, als sie als Fünfjährige in dieses Haus gekommen war, hatten sie alle unbewusst geahnt, dass Joleen irgendwann eine von ihnen werden würde.
***
J OLEEN
In dem Augenblick, als der Schmerz darüber, dass Nikolas tot war, zu stark wurde, hatte sie sich daran erinnert, was Lucia ihr erzählt hatte. Nicht lange, und Joleen hatte einen Ort in ihrem Kopf gefunden, an dem sie sicher war, sich geborgen fühlte. Dorthin hatte sie sich zurückgezogen. Sie war acht und beobachtete gemeinsam mit Zach die Elefanten und erlebte einen Augenblick vollkommener Ruhe und Zufriedenheit.
Lucia hatte Recht. Ganz entfernt bekam sie mit, was mit ihrem Körper geschah, doch es war so weit weg von ihren Gedanken, dass sie es kaum spürte. Sie bemerkte nur, wie ihr Körper immer schwächer wurde. Joleen wagte es nicht, ihre Gedanken von den Elefanten und Zach wegzuführen, denn sie wusste instinktiv, dass die Schmerzen, die ihren Körper erfüllten, dazu führen würden, dass sie sich selbst verlor.
Dann hatte sie Zachs Stimme vernommen. Mit ihren Ohren, nicht in der Traumwelt in ihrem Kopf. Sie hatte erst dann den Schritt gewagt, und versuchte sich auf ihn zu konzentrieren. Der Schmerz war grausam gewesen, und Joleen hatte geglaubt, dass sie noch nie schlimmere Qualen erlebt hatte. Sie wusste, dass sie sterben würde. Sie spürte Zachs Nähe und hörte seine Stimme, die ihr erklärte, dass sie nicht sterben musste, wenn sie sein Blut trank. Die Ewigkeit an Zachs Seite. Das war es doch gewesen, was sie immer schon wollte. Sie wollte ihn anschauen, wollte ihre Lippen öffnen, um ihm zu sagen, ihm zuzuschreien, dass sie trinken wollte, doch sie bekam keine Kontrolle über ihren Körper.
Erst als sie etwas an ihren Lippen spürte, öffnete sich endlich ihr Mund, und sie wusste, dass das, was die Lippen benetzte und in den Mund lief Zachs Blut war. Sie schaffte es irgendwie zu schlucken, ehe sich ihr Körper stark verkrampfte und dann war plötzlich alles weg.
Sie hatte eine Weile überhaupt nichts gespürt und nun, da sie langsam begann, ihren Körper wieder wahrzunehmen, waren die Schmerzen verschwunden. Sie konnte nicht sagen, dass sie sich anders fühlte als vorher. Hatte sich etwas verändert?
Als sie in ihren Körper hineinhorchte, wurde ihr plötzlich bewusst, dass sie nicht atmete. Erschrocken versuchte sie ihre Lungen dazu zu bringen, sich zu bewegen, doch sie blieben so, wie sie waren.
Die Angst, zu ersticken, führte dazu, dass Joleen panisch ihre Augen öffnete und sich aufsetzte. Ihre Hände legten sich an ihren Hals und sie öffnete den Mund zu einem ungehörten Schrei. Immer noch weigerten sich ihre Lungen, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Joleens Panik verstärkte sich.
Plötzlich spürte sie, wie zwei warme Hände ihr Gesicht umfassten. Zach trat in ihr Blickfeld. Da sie nicht sprechen konnte, warf sie ihm einen flehenden Blick zu.
„Es ist alles gut, Liebste“, flüsterte er ruhig. „Du wirst nicht ersticken. Dein Körper braucht nicht mehr zu atmen.“ Joleen wollte ihm glauben, doch alles in ihrem Kopf schrie, dass sie atmen müsste. Zach lächelte beruhigend. „Die Teile in deinem Gehirn, die deine Körperfunktionen gesteuert haben, sind stillgelegt, weil sie nicht länger benötigt werden“, erklärte Zach ihr mit beruhigender Stimme zu. „Aber du kannst dich bewusst dazu entschließen, Luft zu holen. Du musst dich nur daran erinnern, wie man es tut.“
Joleen sah ihn an und wurde plötzlich tatsächlich ein wenig ruhiger. Sie wusste mit einem Mal, wie sie atmen konnte und holte zitternd Luft. Sie spürte, wie der Sauerstoff in ihren Körper strömte, doch das Gefühl der Erleichterung blieb aus. Trotzdem merkte sie, dass sie sich wohlfühlte. Zach hatte recht, sie brauchte keine Luft. Nun, da sie ruhiger wurde und
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