Im Licht des Blutmondes
waren sie ungeschützt, doch der Sonnenaufgang war zu nahe gewesen. Sie hätten es nicht mehr rechtzeitig schaffen können.
Stattdessen besprachen sie noch kurz, wie sie weiter vorgehen wollten. Die Körperteile der getöteten Vampire lagen bereits draußen, damit sie bei Sonnenaufgang verbrannten. Die Leichen der Bluthuren hatten sie in einer Ecke des Kellers gestapelt. Wenn man sie irgendwann fand, würde man von einem Massentrinken eines Vampirclans ausgehen, und da dieser Clan hier ausgelöscht war, würden alle davon ausgehen, dass er dafür verantwortlich war.
Nikolas‘ Körper würden sie mitnehmen und ihn würdevoll beerdigen. Fayn wollte nicht, dass er mit den anderen Vampiren verbrannte. Außerdem war noch ein weiterer Vampir im Raum, den sie mit einiger Mühe mit Silberketten gefesselt hatten. Es stellte sich als schwierig heraus, da sie ständig Gefahr liefen, sich selbst daran zu verbrennen.
Als sie ihn mit den anderen rausschaffen wollten, war es das erste Mal gewesen, dass Zacharias wieder auf etwas reagierte. Erst als er sie darauf hinwies, hatte auch Fayn den Jungen erkannt. Anderson. Sie verstand es immer noch nicht, ihr fehlten die Zusammenhänge, der rote Faden, der alles zusammenhielt und vielleicht erklären konnte, was hier geschehen war.
Sie hoffte, Joleen würde alles aufklären können. Es bestand jedoch die Gefahr, dass die Folter sie ihren Verstand gekostet haben konnte.
Fayn seufzte ein letztes Mal, versuchte eine bessere Position einzunehmen, ehe die Sonne den Horizont berührte, und ihren Körper hinab in die vollkommene Regungslosigkeit zog.
Sie würde erst nach Sonnenaufgang erwachen, und dann wartete viel Arbeit auf sie und ihre Familie.
***
C IRRUS
Er klopfte nicht, ehe er Zacharias‘ Schlafzimmer betrat. Sein Bruder saß neben seinem Bett, auf dem Joleen immer noch vollkommen regungslos lag. Das einzige Zeichen dafür, dass sie bereits damit angefangen hatte, zu einem Vampir zu werden war, dass ihre Wunden verschlossen waren. Sein Bruder sah erst auf, als Cirrus sich laut räusperte und die Arme vor der Brust verschränkte.
„Was ist Ci?“, fragte Zacharias mit matter Stimme. Er war erschöpft von dem Blutrausch in der Nacht zuvor. Tiefe Ringe lagen unter seinen Augen.
„Du solltest dich nähren“, stellte Cirrus fest und schüttelte den Kopf.
„Erst wenn sie wach ist“, fauchte Zacharias abwehrend. Cirrus seufzte. Er musste geduldig vorgehen, wenn er seinen Bruder zur Vernunft bringen wollte.
„Und dann wirst du zu schwach sein, um ihr helfen zu können. Geh und nähre dich, such dir eine Bluthure und trink dich satt. Ich werde Lucia anweisen, so lange bei Joleen zu bleiben“, entgegnete Cirrus.
„Wieso Lucia?“ Zacharias runzelte misstrauisch seine Stirn.
„Weil sie und Joleen befreundet sind. Außerdem bin ich ohnehin hier, um dir den Vorschlag zu machen, dass Joleen sich zuerst von Lucia nährt, wenn sie wach wird.“ Cirrus sprach ruhig. Die Idee war gar nicht von ihm, sondern von Lucia selbst gekommen, nachdem er ihr erklärt hatte, was mit Joleen passiert war, und wieso sie dazu gezwungen gewesen waren, sie zu verwandeln.
„Wieso?“, fragte Zacharias erneut. Seit Joleen in seinen Armen gestorben war, erkannte Cirrus in ihm wieder den misstrauischen, übel gelaunten Bruder, den er von der Zeit kannte, bevor Joleen zu ihnen kam. Cirrus hoffte, dass es sich wieder änderte, wenn Joleen erst einmal erwachte.
„Ich selbst habe es auch nicht bedacht, aber Lucia hat mich darauf hingewiesen, dass Joleen sich nach dem, was sie mitgemacht hat, weigern könnte, von einer männlichen Bluthure zu trinken“, antwortete Cirrus ruhig. Zacharias zuckte zusammen, doch in seinen Augen leuchtete Einsicht auf.
„Und da hat sie sich selbst angeboten?“, fragte Zacharias stirnrunzelnd. Cirrus musste ein Lächeln unterdrücken, als er an das Gespräch mit seiner Blutsklavin dachte.
„Sie hat mich persönlich darum gebeten. Sie und Joleen stehen sich sehr nahe. Und sie will ihr helfen. Außerdem wird Lucias Bindung an mich, Joleen davon abhalten, zu viel von ihr zu trinken“, fuhr Cirrus fort. „Ich habe eingewilligt, sie für einige Wochen mit Joleen zu teilen. Obwohl es mir nicht behagt, dass jemand anderes von ihr trinken soll.“ Zacharias sah ihn lange an und nickte dann.
„Dich hat es doch früher nie gestört, wenn du deine Blutsklavinnen mit jemandem geteilt hast“, stellte Zacharias sachlich fest.
„Das tut es bei den anderen immer noch
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