Im Licht des Blutmondes
Sonnenaufgang würden sie, ihr Bruder, Fayn und Nikolas, sich noch einmal im Salon treffen, um das Vorgehen für den nächsten Abend zu besprechen. Zacharias würde zurückkehren. Dann hätten sie sicherlich einiges zu besprechen.
Nachdem Tony das Zimmer verlassen hatte, warf Agenta noch einen schnellen Blick in den Spiegel. Sie sah erholt aus und ihr rotes Haar glänzte im Schein des Lichtes. Sie lächelte sich selbst zu und verließ ihr Zimmer.
Als sie den Salon betrat, war bis auf Fayn noch niemand dort. Ihre Cousine saß an einem der Fenster und sah mit einem nachdenklichen Blick nach draußen.
„Fayn?“, fragte Agenta, nachdem sie nicht auf ihr Eintreten reagierte. Fayn drehte sich zu ihr um und lächelte angespannt.
„Was beschäftigt dich, Cousine?“ Fayn seufzte laut und stand auf, um auf Agenta zuzugehen.
„Joleen“, gestand sie und lächelte. „Heute Abend habe ich mich länger mit ihr unterhalten, und es hat sich herausgestellt, dass sie die Ereignisse damals im Keller noch nicht ganz verwunden hat. Sie trägt die Angst in sich, dass Martina eines Tages das vollenden wird, was Anderson und der Junge, der gestorben ist, nicht geschafft haben.“
Agenta war überrascht. Ihr war es bisher nicht so vorgekommen, als würde sich Joleen viele Gedanken darum machen. Dennoch zweifelte sie keinen Augenblick an den Worten ihrer Cousine.
„Und was willst du dagegen machen?“, fragte Agenta. „Willst du einen der menschlichen Psychologen für sie kommen lassen? Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee wäre, denn durch die Zeit, die sie mit Zacharias verbringt, kennt sie viele unserer Geheimnisse.“
„Nein“, Fayn lächelte und schüttelte ihren Kopf. „Nein, ich dachte mehr daran, ihr beizubringen, wie sie sich selbst verteidigen kann. Zumindest gegen menschliche Gegner sollte sie mit ausreichend Übung eine Chance haben.“
„Das ist etwas, was wir nicht entscheiden können“, erklärte Agenta. Auch sie hielt die Idee für gut. „Dem müsste mein Bruder erst einmal zustimmen.“ Fayn nickte wissend.
„Und das ist es, was mich beschäftigt. Ich denke darüber nach, welche Worte und Argumente ihn am wahrscheinlichsten davon überzeugen könnten, dass es sinnvoll für Joleen wäre.“ Agenta und Fayn lächelten sich zu, da beide wussten, wie stur Zacharias sein konnte.
„Wo sind Cirrus und Nikolas?“, fragte Agenta und setzte sich auf eines der Sofas, ehe sie ihre Beine übereinanderschlug.
„Mein Bruder ist noch draußen, und müsste im Laufe der nächsten Stunde zurückkommen. Und Cirrus ist in seinen Gemächern und vergnügt sich mit seiner neuen Blutsklavin“, erklärte Fayn nüchtern. Agenta nickte. Cirrus hatte ihnen mitgeteilt, dass er sich mit dem Gedanken trug, eine der Bluthuren zu seiner Blutsklavin zu machen.
Agenta hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass er sein Vorhaben so schnell in die Tat umsetzen würde.
„Übrigens“, sagte Fayn, als sie sich neben sie auf das Sofa setzte. „Die Verbindung zwischen Joleen und Zacharias scheint inniger zu sein, als wir vermutet haben.“
„Wie meinst du das?“, fragte Agenta verwirrt.
„Joleen ist ernsthaft in deinen Bruder verliebt, und ich befürchte beinahe, dass auch er mehr als nur Zuneigung für das Mädchen empfindet“, erklärte Fayn. Agenta überlief es heiß und kalt. Wenn ihr Bruder sich wirklich in das Mädchen verliebt hatte …
„Nun, wir werden es herausfinden müssen. Sollte es der Fall sein, dann müssen wir darüber nachdenken, ob wir sie verwandeln“, erwiderte Agenta ruhig und klang dabei gelassener, als sie sich fühlte. „Wir wissen nicht, wie eng die Bindung zwischen den Beiden ist, aber sollte sich abzeichnen, dass sie so eng ist, dass sie Zacharias gefährlich werden könnte, werden wir darüber nachdenken, sie zu verwandeln.“ Sie schüttelte besorgt ihren Kopf. „Und zur Not auch gegen seinen Willen. Hinterher wird Zacharias es uns danken.“
Fayn nickte zustimmend. Dann lächelte sie zynisch.
„Und auch gegen den von Joleen. Dir ist bewusst, dass wir sie dafür töten müssten“, erwähnte Fayn pragmatisch. Agenta schnaufte.
„Wenn es um die Existenz meines Bruders geht, ist mir das Leben seiner kleinen Blutsklavin erst einmal egal. Ich mag Joleen, wie wir alle. Aber glaubst du wirklich, es schert mich, ob sie verwandelt werden will? Wenn sie erst einmal verwandelt ist, wird sie sich schon damit abfinden.“ Agenta meinte jedes Wort so, wie sie es sagte. Auch sie hegte Zuneigung
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