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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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dass es Unterschiede gab: Wo sie gelegentlich in seine Gesellschaft eintauchen konnte, hatte er keine solche Möglichkeit der Gemeinschaft gehabt. Zwar hatte er Freunde oder Bekannte – Caroline Middey zum Beispiel –, die er ab und zu besuchen konnte oder die zu ihm auf die Plantage kamen, doch das war nicht das Gleiche, wie mit jemandem zusammenzuleben. Es war nicht das Gleiche, wie eine Familie zu haben. Selbst wenn diese Familie sehr schweigsam war, so wie Talmadge und Angelene es mitunter sein konnten.
    Wenn sie allein war, wenn sie arbeitete, war es, als vergäße sie sich selbst. Es schien merkwürdig, es so auszudrücken, aber ihr war, als hätte sie keine Konturen, keinen Körper, obwohl ihre Arbeit körperlich anstrengend war. Wohin gingen ihre Gedanken? Sie waren ganz auf die vor ihr liegende Aufgabe gerichtet. In solchen Momenten spürte sie eine tiefe Verbundenheit mit der Erde und fühlte sich erwachsen, unerschütterlich, bereit zu großem Mitgefühl.
    Zugleich reifte in ihr die Einsicht, dass Talmadge, der ihre Familie war und ihr engster Freund, immer schwächer wurde. Und auch Caroline Middey, die sich wie eine Mutter um sie kümmerte, wurde bald achtzig Jahre alt. Der Mensch, der sie – vielleicht, vielleicht – durch das Erwachsenenleben hätte begleiten können, war jetzt begraben. (Und vor diesem Hintergrund erschien ihr Talmadges Plan, Della zu befreien, dieser furchtbar unvernünftige Plan, gar nicht mehr so dumm wie zu dem Zeitpunkt, als sie davon erfahren hatte. Talmadge hatte gewusst, was er tat. Und sie war ihm dankbar dafür, dankbar für das, was er für sie zu tun versucht hatte.)
    Sie liebte die Einsamkeit, aber nur, weil sie die Möglichkeit hatte, sie jederzeit zu beenden. Mit einem anderen, vertrauten, Menschen zusammen zu sein. Was würde passieren, wenn Talmadge starb? Caroline Middey? Die ganz eigene Sensibilität dieser beiden Menschen wäre fort; und damit auch ihr Wissen um sie, Angelene. Dann wäre sie wirklich allein. Das war eine andere Einsamkeit. Sie machte ihr Angst.

    Während er unbeweglich auf seinem Bett lag, das das Mädchen an den Ofen gerückt hatte – das Mädchen, das sich über ihn beugte und sein Bett richtete –, wich die Vergangenheit zurück, bis sie nur noch ein kleiner Punkt zu sein schien.
    Er war nie der Junge gewesen, der ängstlich und unermüdlich auf die Rückkehr seiner Schwester hoffte. Nie der Siebzehnjährige, der abends nach dem Essen vor Lust verging. Nie der glückliche Mann, der allein arbeitete und manchmal in sich hineinlachte, über irgendeinen Witz, den er andere in der Stadt hatte erzählen hören. Hatte nie seinen Kopf auf Caroline Middeys Brust legen wollen. Nie aus Mangel an Gesellschaft oder aus Einsamkeit Kirchenlieder vor sich hin gesungen. Nie vor irgendwem zugegeben, dass ihm sein eigenes Spiegelbild gefiel, obwohl er wusste, dass er als hässlich galt, selbst ohne seine Pockennarben. War nie freundlich gewesen oder grausam. Hatte nie die zwei Mädchen, die zu ihm kamen, versorgt, sich ihrer nicht erbarmt. Hatte nie bereut, sich nicht an Michaelson vergriffen zu haben – an jenem Tag am Okanogan oder später, als er auf die Plantage kam. Er war nie von Della beeindruckt gewesen oder irritiert – und nie erleichtert, als sie ging. Hatte nie ihr herbes Grinsen vermisst, ihre Zärtlichkeiten, die ihm ans Herz gingen. Ihr seltsames Haar, ihre Augen, ihre Blicke. Ihre
Art.
Hatte nie bezeugt, wie sie, ein Mädchen, das ihm kaum bis an die Schulter reichte, ein Pferd ritt, das so hinterhältig war wie eine Schlange. Hatte nie an einem Sommerabend schweigend mit Clee zusammengesessen und Pfeife geraucht. War nie als Junge mit Clee durch das hohe Gras gestreunt, hinter seiner Schwester hergelaufen: ein Spiel. Hatte nie im Gefängnis gesessen. Nie um seine Mutter geweint. Nie versucht, das Gesicht seines Vaters heraufzubeschwören. Nie eine Aprikose, eine Forelle oder Erde gekostet. Nie unter den sich langsam drehenden Sternbildern gelegen oder in einem Winterbach gebadet.
    Die wunderbaren ebenso wie die schrecklichen Eindrücke verblassten, und wenn er am Morgen die Augen aufschlug, war die Welt verändert; und auch am Nachmittag und später, wann immer er schlief und erwachte. Dieselben vier Hüttenwände hielten unterschiedliche Formen von Licht und Schatten bereit. Den Holzofen. Das Mädchen, das sich in der häuslichen Umgebung bewegte. Er kannte ihren Namen, und dann war es aus irgendeinem Grund nicht mehr nötig,

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