Im Mittelpunkt Yvonne
die Vortreppe hinunter.
»Verdammte Kiste!« schimpfte Sellers. »Hineingetapst bin ich durch Sie, Lam, aber ordentlich.«
»In was?«
»In diesen sogenannten Mordfall, bei dem die Tote frisch und munter wieder zum Vorschein kommt.«
»Angefangen damit hat Mrs. Raleigh«, klärte ich ihn auf.
»Aber bei mir war es die nicht«, sagte er gereizt. »Immerhin werden wir mal mit ihr ein Wörtchen reden.«
Und jetzt brauchten wir noch nicht einmal auf die Klingel zu drücken. Mrs. Raleigh verzichtete darauf, uns vorzutäuschen, daß sie uns nicht beobachtet und nicht erwartet hätte. Sie riß die Tür schon auf, als wir gerade die Stufen betraten.
»Schönen guten Morgen, guten Morgen!« begrüßte sie uns lebhaft. »Bitte treten Sie näher. Ich brenne schon darauf, zu erfahren, was drüben passiert ist.«
Sellers blieb in der Tür stehen. »Eine Frage bloß«, sagte er. »Sie haben die Frau da drüben gesehen, ja?«
»Das habe ich.«
»Ist das Mrs. Wells?«
»Ja.«
»Also die Frau, von der Sie glaubten, sie sei umgebracht worden?«
»Nanu, wie reden Sie mit mir, Leutnant? Ich habe nicht gesagt, daß ich das glaubte, sondern nur, daß ich das Gefühl gehabt hätte, drüben ginge etwas Verdächtiges vor sich. Ich hatte Streit gehört und dann ihren Aufschrei, und dann sah ich den Mann draußen etwas tragen.«
»Was war denn dieses Etwas?«
»Nach dem, was ich jetzt weiß, muß ich annehmen, daß es nur ein paar Decken gewesen sind.«
»Geschildert hatten Sie die Sache aber so, als ob es eine in einen Teppich gewickelte Leiche gewesen sei. Daß die Last schwer war und schwankte...«
»Nun, man kann ja, wenn man jemanden etwas tragen sieht, nicht sagen, wie schwer es ist.«
»Aber am Gang eines Menschen läßt sich erkennen, ob das, was er trägt, schwer ist«, sagte Sellers.
»Nun ja, ich.. Es war doch nachts. Ich habe mich nur bemüht, zu erzählen, was geschehen war. Das ist alles. Habe bloß meine Pflicht getan, Leutnant.«
»Mir sagten Sie doch, Sie hätten deutlich das Geräusch eines Schlages gehört?« sagte ich.
»Na, und wenn?«
»Ich wollte das nur bestätigt wissen.«
»Das kann man doch ganz verschieden deuten. Jeder Mann könnte seine Frau schlagen, aber ich habe nicht behauptet, ich hätte das Geräusch eines Schlages gehört. Gesagt habe ich nur, ich hätte ein Geräusch vernommen, das vielleicht von einem Schlag herrühren konnte.«
»Haben Sie über diesen Punkt mit Mrs. Wells gesprochen?« fragte Sellers.
»Nein, das habe ich nicht. Und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie meinen Namen aus der Sache herauslassen würden.«
»Ja, das kann ich mir denken - jetzt«, sagte Sellers trocken.
»Es besteht also kein Zweifel, daß die Frau, die sich jetzt drüben befindet, Mrs. Wells ist?« fragte ich. »Daß es die Frau ist, die...?«
»Glauben Sie vielleicht, bei der Frau könnte ich mich irren?« gab sie zurück.
»Na, ich denke, das reicht -uns«, sagte Sellers zu ihr. »Kommen Sie, Lam, wir gehen!«
Wir begaben uns wieder zu seinem Dienstwagen. Mrs. Raleigh blieb in der Tür stehen und rief uns nach: »Ich verlasse mich darauf, daß Sie meinen Namen in der Sache nicht erwähnen.«
Sellers würdigte sie keines Blickes und keiner Antwort.
»So, Sie Superdetektiv«, sagte er zu mir, als wir ins Auto stiegen. »Durch Sie bin ich hier ’reingeschliddert, also bringen Sie mich auch wieder ’raus.«
»Was gibt’s denn da herauszubringen?« fragte ich.
»Oh nichts, nicht das geringste«, erwiderte er sarkastisch. »Nur, daß ich einen Mord melden muß, der gar nicht passiert ist. Daß ich mich aufgeregt habe über ein Gerücht und Geschwätz
von einer toten Frau und dann sehen muß, daß die Tote lebendig und gesund wieder auftritt.«
»Sehr lebendig sogar«, bekräftigte ich.
»Das dürfen Sie noch mal sagen, aber es ändert nichts. Ich habe meine Leute für vierundzwanzig Stunden in drei Schichten angesetzt, um das Haus zu überwachen, damit wir Wells bei seinem Auftauchen verhören konnten. Und darüber muß ich genaue Meldung machen. Da soll ich keinen roten Kopf kriegen!«
»Wenn Sie nun schon soweit gegangen sind«, sagte ich, »wollen Sie dann nicht lieber das Haus noch so lange bewachen lassen, bis Wells tatsächlich kommt, und ihn dann verhören?«
»Über was?« fragte Sellers verächtlich. »Etwa, warum er sich mit seiner Frau gezankt hat?« Er zerrte seine zerkaute Zigarre aus den Zähnen und schleuderte sie auf die Straße.
»Falls Sie mir wieder mal einen Tip geben,
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