Im Mittelpunkt Yvonne
etwas über das im Testament erwähnte Stück Land bekannt?«
»Keine Ahnung. Mit der Beschreibung eines Grundstücks in der Einöde hätten wir unsere Leser kaum begeistern können, aber mit dem, was diese Mrs. Wells bildlich zu bieten hat, konnten wir in der kleinen Stadt eine Sensation hervorrufen.«
»Können Sie mir die Adresse der früheren Wohnung von Wells geben?«
»Die steht in dem Artikel. Sie haben doch ein Exemplar davon, ja?« sagte er.
»Stimmt.«
»Es war ein gemietetes Haus, wo sie nicht sehr lange geblieben sind. Über Wells selbst habe ich nicht gerade viel in Erfahrung gebracht. Nach meinem Eindruck ist der Mann unstet und - unter uns gesagt, Mr. Lam: Mich würde es nicht überraschen, wenn an der Hochzeitszeremonie irgend etwas faul war.«
»Wie kommen Sie denn auf diese Idee?«
»Ach, wenn man dauernd überall Leute interviewt, fällt einem leicht dies und jenes auf. Der Wohnung fehlte ganz die Atmosphäre eines richtigen Haushalts, wissen Sie, und eine Frau wie die - na, ich weiß nicht recht. Sie benahm sich, als sei sie leicht zu haben, wenn man’s darauf anlegte. Ich bin selbst verheiratet und habe gar nicht erst versucht, mit ihr anzubändeln, aber diesen Eindruck nahm ich mit, wie gesagt. Na, Sie kennen sich doch auch in so was aus.
Mir ging es nur um den Bericht über die Hausfrau Soundso in der engeren Heimat, die von einem reichen Verwandten in Texas fünfzehntausend Piepen und ein Stück Land geerbt hatte. Es wäre bloß einer der üblichen Artikel geworden, wenn die Frau spießig ausgesehen, arbeitsschwielige Hände und unbezahlte Rechnungen gehabt hätte. Als aber Mrs. Wells vor mir stand, wußte ich gleich, daß sich mit so einer Figur ein Knüller machen ließ. Und das ist es ja dann auch geworden.«
»Mit Nachbarn speziell haben Sie sich wohl nicht unterhalten?«
»Nein, gar nicht. Ich notierte mir die Tatsachen als Umriß für einen Bericht, die knallige Aufmachung war Sache der Redaktion. Aber nun sagen Sie mir mal, warum Sie so einen großen Wirbel um die Geschichte machen.«
»Mir liegt viel daran, Mrs. Wells zu finden«, erwiderte ich.
»Aus welchem Grunde?«
»Gewisse Dokumente bedürfen noch ihrer Unterschrift.«
»Die Wells wohnen irgendwo im Bezirk Los Angeles«, sagte er. »Um was geht es denn bei den Dokumenten? Ergäbe sich daraus ein neuer guter Zeitungsartikel?«
»Jemand interessiert sich für das Land und möchte ein Angebot machen«, sagte ich.
»Warum?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Seien Sie doch so nett und benachrichtigen Sie mich, wenn ein Verkauf zustande kommt oder Sie noch mehr Einzelheiten erfahren, ja? Wir bringen immer gern Fortsetzungen von solchen lokalen Nachrichten. In der Gegend da bei Yucca, wo die Wells jetzt wohnen, ist sowieso dauernd toller Betrieb. Es sieht aus, als wenn halb Los Angeles sich plötzlich dort ansiedeln will.«
»Wird gemacht«, sagte ich. »Wenn wir auf etwas besonders Interessantes stoßen sollten, gebe ich Ihnen Nachricht. Vielen Dank einstweilen für die Auskünfte.«
»Es muß ja da einer verflixt scharf auf das Land sein«, meinte er nachdenklich.
»Das glaube ich kaum«, gab ich zurück. »Vielleicht ist einer darauf scharf, es zu stehlen, aber daß jemand einen hohen Preis dafür bezahlen will, ist unwahrscheinlich.«
»Aber finden wollen Sie die Frau jedenfalls?«
»Sehr richtig.«
»Das könnte doch eine Story für meine Zeitung geben.«
»Nein, jetzt noch nicht, aber vielleicht später.«
»Sind Sie bereit, wenn ich vorläufig gar nichts berichte, mir später alles Wichtige, das sich noch ergibt, mitzuteilen?«
»Machen wir«, sagte ich, »vorausgesetzt, daß überhaupt entsprechende Informationen für die Presse freigegeben werden. Dann gebe ich sie Ihnen aber mit Vorsprung.«
»Fein«, sagte er, »das ist mir was wert.«
10
In der Nacht zum Sonntag logierte ich in Banning in einem Motel. Niemand wußte, wo ich mich aufhielt.
Die Bergluft war klar, kühl und trocken. Das Hotel lag in geringer Entfernung von der Chaussee. Vor dem Einschlafen hörte ich gedämpft den Verkehrslärm von der großen Überlandstraße: die riesigen Lastzüge, die aus dem Tal die Steigung hinaufdonnerten, und das fast wie Pfeifen klingende Jaulen der Motoren schneller Personenwagen. An einem frischen, sonnigen Morgen wachte ich auf, zog mich an, rasierte mich und ging ins Restaurant, wo ich mir starken, feinen Kaffee mit Sahne, eine dicke Scheibe Schinken und zwei Eier schmecken ließ. Ich bestellte noch
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