Im Mond des Raben
länger unseren Bund fürs Leben ab, als wäre er vollkommen bedeutungslos«, beharrte Barr.
Ein gekränkter Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht. »Ich sagte schon, dass ich zurückkommen werde.«
Es gefiel ihr also nicht, wenn ihr Wort in Zweifel gezogen wurde. Genauso wenig, wie es ihm selbst gefiel.
Und er hatte nicht die Absicht, sie ohne ihn fortgehen zu lassen. Nun, da sie schwanger war, kam es erst recht nicht mehr infrage.
Sicher war sie klug genug, um sich dessen bewusst zu sein.
»Ist es wirklich wahr, dass ich ein Kind von dir erwarte?« Das freudige Erstaunen in ihrem Blick und ihrer Stimme trug sehr viel dazu bei, Barrs Ärger zu besänftigen.
»Aye.« Dennoch runzelte er die Stirn, weil er ihre offensichtliche Freude nicht ganz glauben konnte, wenn er ihren Abscheu gegen seinen Wolf bedachte. »Aber nimm die Beobachtung meines Bruders ernst! Es ist anzunehmen, dass unser Kind ein Faol sein wird.«
»Und es wird aufwachsen in dem Glauben, dass kein Chrechte eine Abscheulichkeit ist.« Das Lächeln, das sich auf ihrem Gesicht entfaltete, war wie die Sonne, die nach einem Gewittersturm hervorkommt.
Es erhellte das ganze Zimmer und weckte in Barr ein fast schmerzliches Verlangen, sie zu lieben, aber zunächst einmal war jetzt die Zeit für Offenbarungen gekommen. Für Sabrines Offenbarungen.
»Du sagtest vorhin, du hättest mir viel zu erzählen.«
Obwohl seine Bemerkung Sabrines Freude ein wenig dämpfte, nickte sie. »Ja, das muss ich.«
»Dann sollten wir uns in mein Schlafzimmer zurückziehen.«
»Nein. Verica und Circin verdienen es, mehr über ihre Leute zu erfahren.«
Der Schreck über diese neuerliche Offenbarung fuhr Barr wie ein Blitz in die Glieder.
Aber es war Earc, der seine Gefährtin fragte: »Also hat auch Circin die besondere Fähigkeit, sich in zwei Tierarten verwandeln zu können?«
Auf Sabrines Gesicht erschien ein bekümmerter Ausdruck, der verriet, dass es nicht ihre Absicht gewesen war, die Geheimnisse eines anderen zu offenbaren.
Verica blickte zu ihrem Gefährten auf und nickte seufzend. »Ich hätte es dir sagen sollen.«
»Aber es ist nun mal nicht leicht, anderen Geheimnisse anzuvertrauen, die man nicht allein als seine eigenen betrachtet, nicht?«, warf Sabrine ein. »Es tut mir leid, dass ich auch Circins preisgegeben habe.«
Verica schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist schon gut, Sabrine. Ich vertraue den Anwesenden, und sei es auch nur deshalb, weil mein Seelengefährte ihnen Vertrauen schenkt.«
Die Botschaft, die Vericas Worten zugrunde lag, entging Sabrine nicht. Das sah Barr an dem verstimmten Seitenblick, den sie ihm zuwarf.
Er erwiderte diesen Blick mit einem, der sie aufforderte, sich zu der Feststellung der Heilerin zu äußern.
Sabrine holte tief Luft und wandte sich ihm zu, um ihn – und nur ihn – wieder anzusehen. »Ich vertraue dir, und deswegen vertraue ich auch denjenigen, die bei dir in hohem Ansehen stehen.«
Er konnte ihr ansehen, wie schwer ihr diese Worte gefallen waren, und wieder wurde er von einem überwältigenden Bedürfnis nach der körperlichen Vereinigung mit ihr erfasst. Jetzt, da sie endlich wirklich und wahrhaftig die Seine war …
»Gut.«
Sie runzelte die Stirn, doch ihre braunen Augen funkelten von etwas anderem als Verärgerung. »Du arroganter Mann!«
»So hast du mich schon des Öfteren genannt.«
»Manchmal tritt deine Arroganz eben besonders deutlich zutage.«
»Sie ist ein Familiencharakterzug«, sagte Guaire mit einem unüberhörbaren Lachen in der Stimme.
Niall gab ein Knurren von sich, doch sein Gefährte zuckte mit keiner Wimper. Er schenkte Niall nur ein Lächeln, das Barrs grimmigen Bruder dahinschmelzen ließ wie Eis in der Sonne. Niall nahm Guaire in die Arme und küsste ihn ausgiebig, bevor er ihn wieder freigab. So viele Jahre hatte Niall einsam verbracht und sich nach seinem Gefährten verzehrt! Barr würde nie müde werden, sich an dem neu gewonnenen Glück seines Bruders zu erfreuen. Der Ausdruck der Zufriedenheit auf Nialls narbigem Gesicht krampfte ihm das Herz zusammen. Doch das hätte er vor anderen nie zugegeben.
Du freust dich für deinen Bruder. Sabrines Stimme in seinem Kopf war vor Wohlwollen ganz weich und sanft.
Aye. Er hat Glück und Zufriedenheit bei Guaire gefunden.
Ich habe Krieger noch nie so ruhig und friedlich gesehen. Ihre Stimme enthielt eine Verwunderung und Sehnsucht, die Barr nicht verstand.
Sie könnte genauso friedlich mit ihm leben. Begriff sie das denn
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