Im Mond des Raben
durchmachten, bis ihnen Haare an anderen Körperstellen als ihrem Kopf gewachsen waren, war das eine erstaunliche Leistung.
Die allerdings auch Earc für sich in Anspruch nehmen konnte, wenn auch erst ein Jahr später.
Er maß Rowland mit einem verächtlichen Blick. »Ihr werdet schon die erste Herausforderung nicht überleben.«
»Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Rowland schnell, obwohl ihm die Worte offenbar nur schwer über die Lippen kamen.
»Genügt dir das, um deine Forderung zurückzunehmen?«, fragte Barr Earc.
Sein Freund wandte sich an Verica und wiederholte die Frage noch einmal für sie. Sie schaute ihn mit Empfindungen an, die zu vielfältig waren, um sie benennen zu können, doch die vorherrschende war dieser alte Kummer, den Earc schon in der Nacht zuvor an ihr bemerkt hatte. »Mir nicht. Seine Worte sind nicht ernst gemeint.«
»Was willst du denn dann?«, fauchte Rowland. »Dass ich mich vor dem gesamten Clan erniedrige?«
»Ja. Wenn Ihr mich beim Mittagessen im großen Saal vor den Soldaten höflich um Verzeihung bittet, werde ich Eure Entschuldigung annehmen.« Irgendetwas in Vericas Gesichtsausdruck verriet, wie sicher sie sich war, dass der ältere Chrechte diese Bedingungen niemals akzeptieren würde.
Rowland schüttelte sich buchstäblich vor Wut, und allen war klar, dass die Macht eines sehr starken Wolfes schon ganz dicht unter der Oberfläche lauerte. »Ich werde nichts dergleichen tun, du nichtswürdige Tochter eines dreckigen Raben!«
Vericas Blick huschte zu Earc, und ein neues Gefühl – Furcht – überwog jetzt alle anderen, die er in ihren Augen sah.
Er wusste nicht, was sie ausgelöst hatte, doch das spielte keine Rolle. Earc schenkte ihr ein Lächeln, um sie daran zu erinnern, dass er sie als seine Gefährtin beansprucht hatte. Sie verstand vielleicht noch nicht, was das bedeutete, aber sie würde es schon noch begreifen. Von jetzt an würde er sie ihr Leben lang beschützen. Vor allem und jedem.
Dann wandte er sich wieder dem Mistkerl zu, der seiner neuen Gefährtin solchen Kummer bereitete. »Wir treffen uns in dreißig Minuten im Wald, Rowland. Solltet Ihr nicht kommen, werde ich Euch jagen und nicht zögern, Eurer elenden Existenz ein Ende zu bereiten.«
Rowland hatte endlich genügend Vernunft angenommen, um echte Panik zu verspüren. Sie zeigte sich in seinen Augen, die so weit aufgerissen waren, dass man das Weiße darin sah. Aber es war zu spät.
Barr sah Circin an. »Versammle alle Chrechten auf der Lichtung an dem kleinen See! Alle! Jeder, der sich weigert zu erscheinen, wird von heute an als Ausgestoßener gelten.«
»Das könnt Ihr nicht tun! Der König hat mir meinen Platz in dem Clan zugesichert«, versuchte Rowland es ein letztes Mal.
Doch Barr blieb ungerührt. »Und mit Eurer Tat habt Ihr das Geschenk zerstört, das er Euch machte.«
»Ihr glaubt, Ihr hättet gewonnen, doch Ihr werdet schon sehen. Niemand besiegt mich!« Speichel spritzte aus den Mundwinkeln des Mannes, als er diese Worte schrie und danach fluchtartig das kleine Haus verließ.
»Du dummer Mann«, sagte Sorcha, presste dann aber so fest die Lippen zusammen, dass sie fast nicht mehr zu sehen waren.
»Du denkst, ich könnte ihn nicht im Kampf besiegen?«, fragte Earc sie. Doch dann erkannte er, wie dumm die Frage war. Natürlich glaubte sie nicht an seinen Sieg. Sie konnte ja nicht wissen, dass auch er ein Wolf war.
»Sie denkt, dass du einer heimtückischen Kreatur eine halbe Stunde Zeit gibst, deine Ermordung vorzubereiten«, antwortete Verica mit unverhohlener Besorgnis.
Es war schön zu wissen, dass sie sich um ihn sorgte, auch wenn nicht klar war, ob die Möglichkeit, dass er sterben könnte, sie ebenso sehr beunruhigte wie die Frage, ob Sorcha dadurch in Gefahr bleiben würde, bis Barr den überführten Mörder zur Strecke brachte.
Earc hatte keine Lüge in der Stimme der Köchin wahrnehmen können, als sie behauptet hatte, Rowland habe die Verantwortung für den Tod ihres Ehemannes übernommen.
Doch ungeachtet dessen, was der Grund für die Besorgnis seiner reizenden Gefährtin sein mochte, bemühte Earc sich, sie zu beschwichtigen. »Ich werde mich doch nicht von einem so elenden Haufen Pferdemist besiegen lassen«, erklärte er.
»Glaubst du, mein Vater hätte das nicht auch gedacht?« Vericas Unruhe hatte sich nur noch verstärkt.
»Dein Vater vertraute ihm; wahrscheinlich dachte er, die Chrechte-Natur des Mannes würde ihn von allzu schlimmen Missetaten gegen
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