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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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fragte vor dem Hinausgehen: „Kommst du Reiten heute Nachmittag?“
    „ Klar! Bis dann!“
    Er strahlte über das ganze Gesicht und seine Augen leuchteten. Ich hatte ihn schon eine Ewigkeit nicht mehr so glücklich gesehen.
    Als ich allein war, wurde mir bewusst, dass wir über mein Verschwinden am Vortag gar nicht gesprochen hatten. Besser noch: Dank ihm hatte ich zwei Stunden lang nicht mehr an diesen Albtraum gedacht. Ich war erleichtert, meinen Manuel wiedergefunden zu haben, und fühlte mich einfach großartig. Zum Teufel mit der Clique! Zum Teufel mit Melanie!
     

5
     

     

     

     

    Mit einer Karotte in der Hand rannte ich gegen zwei Uhr zum benachbarten Grundstück. Beim Anblick der Pferde auf der Koppel hielt ich am Zaun inne. Anna hatte mich gebeten, mich ihnen nicht allein zu nähern. Also lief ich am Zaun entlang bis zur Straße und begab mich zur Eingangstür. Ein seltsames Gefühl zu klingeln. In der Regel kam ich von hinten und betrat das Haus durch die Veranda. Miguel machte die Tür auf, groß und stämmig schaute er mich streng an, der Schnurrbart über seiner Oberlippe nur ein schmaler Strich, die Stirn gerunzelt. Ohne meinen Gruß zu erwidern, ohne mich hereinzubitten, rief er: „Lilly ist da.“
    Kein Zweifel, er wusste Bescheid. Manuel kam lächelnd aber überrascht zu mir.
    „ Entschuldige meinen Vater. Keine Ahnung, welche Laus dem schon wieder über die Leber gelaufen ist. Seit gestern ist er total mies drauf. Noch schlimmer als sonst. Wieso klingelst du überhaupt?“
    „ Ich war gerade spazieren und habe dann den direkten Weg zu euch genommen.“
    Kaum war ich mit dieser Erklärung fertig, begrüßte mich Anna mit den Worten: „Ich würde mich freuen, mit dir zu reiten.“ Ohne auf meine Antwort zu warten, drehte sie sich zu ihrem Sohn: „Hast du keine Hausaufgaben zu erledigen?“
    Verblüfft wanderte Manuels Blick von seiner Mutter zu mir und wieder zurück. Schließlich antwortete er ziemlich aggressiv: „Jetzt wo du so fragst: Ich denke schon, dass ich in Mathe etwas aufhabe. Aber da du meine Nachhilfelehrerin entführst, weiß ich nicht, ob ich sie hinbekomme. Es spielt aber keine Rolle mehr, das Schuljahr ist so gut wie vorbei. Wenn du mich loswerden willst, sag es doch einfach!“
    „ Man kann dir wirklich nichts vormachen. Ich möchte in der Tat gerne allein mit Lilly reiten, wenn es dir nichts ausmacht“, gab sie zu.
    „ Natürlich tut es das. Ich denke, das macht aber keinen Unterschied, oder?“
    Gekränkt rannte er die Treppe hoch, ohne auf eine Antwort zu warten. Wie angewurzelt stand ich da. Anna, der es nicht entgangen war, versuchte mich zu beruhigen: „Keine Sorge, er wird sich schon wieder einkriegen. Komm, lass uns gehen. Ich habe alle Pferde auf die Koppel gebracht, bis auf Aquila und Arabella, so kannst du keine Panik auslösen.“
    Als wir dem Stall näher kamen, beobachtete ich Arabella, die am Zaun der Koppel angebunden war. Meine Anwesenheit schien Annas Stute nicht zu beunruhigen. Von weitem zumindest schenkte sie mir keine Beachtung. Kaum hatten wir den Stall betreten, fing Aquila an zu stampfen. Es machte mich nervös, was eigentlich albern war, denn das tat sie immer. Sie hatte nun mal kein bisschen Geduld.
    „ Sprich mit ihr“, riet mir Anna.
    Was ich auch tat, während ich mich ihr näherte. Sofort schnappte mir die Stute die Möhre aus der Hand. Sollte sie ein Raubtier in mir gerochen haben, gewannen Verfressenheit und Gier die Oberhand. Während sie kaute, streichelte ich ihren Nasenrücken und ihre Ganasche. Meine Hände gingen langsam zu ihren Nüstern, wo ich sie ein paar Sekunden hielt. Keine Reaktion.
    „ Ich denke, du kannst sie satteln. Sobald ich mit Arabella soweit bin, rufe ich dich.“
    Als ich später Annas Stute streichelte, blieb sie die Ruhe selbst. Kein Stutzen, kein Stampfen, kein Ausschlagen, rein gar nichts. Ein breites Lächeln zeigte sich in Annas Gesicht. Ein Lächeln, das ich von Manuel so gut kannte, das aber zu selten bei seiner Mutter zu sehen war.
    „ Vamos!“, rief sie, während sie Arabella bestieg.
    Auf dem Weg zum Wald wollte Anna wissen, wie ich geschlafen hatte. Ich erzählte ihr von meinen Albträumen.
    „ Hast du den Stein beim Schlafen getragen?“
    „ Nein, die Kette ist gerissen.“
    „ Ich werde dir ein Band aus Leder geben, damit du ihn tragen kannst.“ Mein Mangel an Begeisterung stand mir bestimmt ins Gesicht geschrieben, denn sie fuhr fort: „Glaub mir, dieser Stein hat nichts Magisches. Du

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