Im Namen der Engel
Treppe, bis Bree sich zu ihr gesellte.
»Was hast du gesehen, als die Sache bei Huey’s passiert ist? Ich dachte, du seist der Ansicht, ich sei an allem schuld.«
»Was ich bei Huey’s gesehen habe? Du meinst, als das Restaurant verwüstet wurde? Nun, du warst echt in Höchstform. Payton hat es auf die Spitze getrieben, woraufhin du über den Tisch gelangt und ihn bei den Ohren gepackt hast. Sicher hättest du ihm gehörig eine verpasst, aber plötzlich …« Sie verstummte. Dann legte sie die Finger an die Schläfen und rieb sie heftig.
»Aber plötzlich was?«
»Das ist mir … irgendwie entfallen!«, entgegnete Antonia überrascht. »Vielleicht ist der Luftdruck gesunken oder so, wie es vor einem Tornado passiert. Als Nächstes kam jedenfalls der Wind hereingefegt und wirbelte uns alle richtig durcheinander. Du sagtest zu mir, du würdest nach Hause gehen, und ich hab noch ein bisschen rumgehangen.«
» Ich habe dir das gesagt?«
»Na, jedenfalls war es nicht der Heilige Geist«, erwiderte Antonia sarkastisch.
»Bist du sicher, dass dir nicht jemand anders gesagt hat, ich sei nach Hause gegangen? Vielleicht ein Mann? Sehr gut aussehend. Kräftig gebaut. Mit irgendwie merkwürdigen Augen. Ich meine, es herrschte ja ein ziem liches Durcheinander.«
»Glaubst du, ich würde einen Typen vergessen, kräftig gebaut, gut aussehend, nur weil es gerade einen kleinen Hurrikan gibt? Bist du verrückt? Warum fragst du? Hast du solch einen schnuckeligen Typen kennengelernt? Hast du dir seine Telefonnummer geben lassen? Ich hab dir schon hundert Mal gesagt, dass du nur dann über die Trennung von Payton der Ratte hinwegkommst, wenn du dir jemand Neues suchst.«
Bree war danach zumute, sich die Finger in die Ohren zu stecken und laut zu schreien. Stattdessen sagte sie: »Bist du sicher?«
»Weißt du«, erwiderte Antonia, »ich bin kurz davor auszurasten. Nein, ich habe niemanden gesehen, auf den deine Beschreibung passt, und ja, du hast mir selbst gesagt, du würdest nach Hause gehen. Und wenn du mich das noch mal fragst, reiße ich dir die Haare büschelweise raus!« Sie atmete tief durch. »So«, fuhr sie gelassen fort. »Kaufen wir uns jetzt was Süßes oder nicht?«
Bree kam zu dem Schluss, dass sie Striker nicht bei dem Fall dabeihaben wollte. »Oder nicht«, sagte sie gedankenverloren. »Ich muss los.«
»Was? Wohin denn?«
»Ich habe was vergessen.« Sie drehte sich um und stieg die Treppe hoch. »Ich nehme den Wagen. Du brauchst nicht aufzubleiben, bis ich zurückkomme. Und denk dran, mit Sascha noch mal Gassi zu gehen, bevor du dich schlafen legst.«
»Bree!«
Antonias frustriertes Gejammere folgte ihr bis zum Wagen, und als sie schon unterwegs war, meinte sie, es immer noch zu hören. Nichts ärgerte ihre Schwester mehr, als von einer interessanten Unternehmung aus geschlossen zu werden. Bree fuhr die Montgomery hi nunter, bis sie zum Parkplatz des Chatham County Gerichtsgebäudes gelangte, wo sie das Auto unter einer Laterne abstellte. Professor Cianquino hatte ihr Gabriel Strikers Visitenkarte gegeben. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie sie in ihr Portemonnaie gesteckt hatte. Richtig. Da fand sie sie zwischen ihrem Führerschein und dem abgelaufenen Mitgliedsausweis eines Fitnessstudios.
GABRIEL STRIKER
PRIVATDETEKTEI
140 TAYLOR, CHATHAM SQUARE
Keine Telefonnummer und keine E-Mail-Adresse. Doch der Chatham Square lag in der Nähe des Forsyth Park, und die Adresse müsste leicht zu finden sein. In der Altstadt von Savannah gab es vierundzwanzig Plätze, die vor fast drei Jahrhunderten vom Gründer der Stadt, James W. Oglethorpe, angelegt worden waren. Bree war sich nicht ganz sicher, wie sie zu James W. Oglethorpe stand. Einerseits hatte er eine der schönsten Städte der Vereinigten Staaten gegründet. Andererseits hatte er Rechtsanwälte, Spanier und alkoholische Getränke aus der neuen Kolonie verbannt. Nach Brees Dafürhalten hatten die Menschen der Kolonie in den ersten fünfzehn Jahren allerlei auszustehen gehabt, vor allem weil sie auf den Trost eines steifen Drinks und einer guten Paella verzichten mussten. Nachdem Oglethorpe nach England zurückgesegelt war, waren die Dinge wesentlich besser geworden.
Die Plätze waren wunderschön. Die meisten hatte man als Parks gestaltet, mit Statuen, Springbrunnen und Unmengen von Blumen. Alle wurden von Häusern, Kirchen, Schulen und Boutiquen gesäumt. Savannah war im Laufe seiner bewegten Geschichte mindestens drei Mal niedergebrannt, und
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