Im Namen der Engel
Was könnte offenkundiger sein? Hochmut, Zorn, Neid, Völlerei, Unzucht, Habgier und Trägheit. Und was hat er zu seiner Verteidigung vorzubringen?«
Gabriel grinste sie an. Sein Lächeln war absolut charmant, und Bree stellte zu ihrem großen Verdruss fest, dass sie zurücklächelte. »Er macht mildernde Umstände geltend. Er behauptet, dass er mehr als einmal aus Barmherzigkeit und Mitleid gehandelt habe und dass die Waage der Gerechtigkeit sich zu seinen Gunsten neigen würde, berücksichtigte man diese Taten. Doch der Nachweis muss auf irdischer Ebene erbracht werden. Deshalb verlangt er auch ein irdisches Verteidigungsteam. Die Compagnie.«
»Und das bedeutet, sie alle«, sagte Bree. »Natürlich. Das springt ja förmlich ins Auge. Mir ist schleierhaft, warum ich es nicht schon eher begriffen habe.«
Ihr Sarkasmus perlte an ihm ab wie Wasser am Gefieder einer Ente. »Jedem von uns kommt eine bestimmte Rolle zu, wie es bei allen guten Teams der Fall ist. Meine besteht darin, Sie vor körperlichem Schaden zu bewahren.« Erneut machte sich auf seinem Gesicht das ansteckende Grinsen breit. »Sowohl vor dem Schaden, den Sie anderen, als auch solchem, den andere Ihnen zufügen könnten.«
Bree merkte, wie sie rot wurde. »Danke«, presste sie hervor. »Aber ich bin durchaus in der Lage, auf mich selbst aufzupassen. Was einer der Gründe für meinen Besuch bei Ihnen ist. Ich habe Sie nicht angeheuert, Mr. Striker. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Sie bei meinen Fällen nicht dabeihaben möchte. Kurzum, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich aus allem raus halten würden.«
Gabriel verschränkte wieder die Hände hinter dem Kopf und lehnte sich zurück. »Aha. Sie haben vor, morgen Carlton Montifiore zu befragen?«
Bree beschloss, keine Antwort zu geben. Außerdem kam sie zu dem Schluss, dass sie Mr. Strikers despotische und herablassende Haltung satt hatte. Und warum gab sie sich überhaupt mit einem Verrückten ab?
»Es wäre gut, wenn ich Sie begleiten dürfte.«
»Ich dachte, ich hätte mich klar und deutlich ausgedrückt, Mr. Striker. Ich habe schon genug um die Ohren und möchte mir nicht auch noch Gedanken darüber machen müssen, dass Sie ständig unvermutet irgendwo aufkreuzen könnten. Also streichen Sie mich bitte von Ihrer Klientenliste.«
»In Ordnung.«
»In Ordnung?« Aus irgendeinem Grund hatte Bree mit einer längeren Auseinandersetzung gerechnet. »Einfach so? In Ordnung?«
Er bedeutete ihr mit einer Geste »so ist es«. »Das müssen Sie selbst entscheiden.«
»Na okay.« Bree stand auf und zögerte einen Moment. Dann hängte sie sich ihre Handtasche über die Schulter und wandte sich zum Gehen.
»Sie werden mich brauchen, wissen Sie«, sagte er mit einem noch breiteren Grinsen als zuvor.
Bree presste die Zähne aufeinander. »Das möchte ich bezweifeln, Mr. Striker.«
»Sie brauchen mich dann nur zu rufen.«
»Ihre Karte hab ich ja.« Sie zog seine Visitenkarte aus der Jackentasche und schwenkte sie hin und her. Dann fiel ihr ein, dass keine Telefonnummer angegeben war. Verärgert stopfte sie die Karte in die Tasche zurück und stolzierte zur Haustür.
Jetzt reichte es aber. Voll und ganz. Die Insassen hatten das Irrenhaus übernommen und liefen frei herum. Nachdem sie die Hand auf den Türknauf gelegt hatte, drehte sie sich zurück, um festzustellen, wie ihr Abgang auf ihn wirkte.
Doch er war verschwunden. Und die Schwerter an der Wand ebenfalls.
Bree fuhr nach Hause, ignorierte Antonia, die sich mit klagender Stimme erkundigte, wo sie gewesen sei, und ging zu Bett, um so tief und fest zu schlafen wie schon lange nicht mehr. Als sie dann später erholt und voller Taten drang erwachte, beschloss sie, die verwirrenden Ereignisse der letzten Tage als stressbedingt einfach abzuhaken.
Carlton Montifiores freundliche und tüchtige Sekretärin teilte Bree mit, dass er im Pyramid Office Building in der Liberty Street zu finden sei, wo er in Augenschein nehmen wolle, welche Fortschritte die Renovierungsarbeiten machten. »Genau hier werde ich in ein paar Monaten einziehen«, sagte Bree zu Montifiore, nachdem sie sich vorgestellt hatte.
Montifiore wirkte erfreut. »Stimmt ja. Ihnen gehört das ehemalige Büro des Richters im zweiten Stock.«
Der Fernsehauftritt nach Skinners Tod hatte einen völlig anderen Eindruck von ihm vermittelt. Er wirkte entspannt und schien sich inmitten all der Steinmetze, Zimmerleute, Elektriker und Klempner, die auf der Baustelle herumwuselten,
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