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Im Namen der Engel

Im Namen der Engel

Titel: Im Namen der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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anzuhören.
    Sie drehte sich zur Seite und sah Grainger Skinner an. »Haben Sie Ihren Vater getötet?«
    »Nein«, sagte er. »Hab ich nicht.«
    Plötzlich wurde Bree mit absoluter Gewissheit klar, dass Jennifer sie aus einem ganz bestimmten Grund im Garten allein gelassen hatte. Diese Pendergasts! , hörte sie Lavinias Stimme flüstern. Eine üble Familie, diese Pendergasts!
    Der Gestank verwester Leichen mischte sich mit dem Geruch verblühender Rosen. Grainger lehnte sich, vom Gin benebelt, mit geschlossenen Augen auf seinem Stuhl zurück. Bree stand so lässig wie möglich auf und stellte ihr Glas auf den Tisch. »Ich finde allein hinaus.«
    Grainger rührte sich nicht.
    Langsam nahm in den Büschen hinter ihm eine dunkle, stinkende Wolke aus öligem Rauch Gestalt an. Bree zwang sich, ruhig und gelassen zum schmiedeeisernen Tor zu gehen. Nachdem sie es geschafft hatte, den Riegel zurückzuschieben, trat sie auf den Bürgersteig hinaus, wo sie wohlige Wärme empfing, und lehnte sich zitternd gegen den Zaun. Nervös blickte sie über die Schulter zurück. Grainger öffnete die Augen und grinste sie an.
    Was immer hinter ihm im Gebüsch gelauert hatte, es war verschwunden.

… Als dies der Erzfeind sah,
Verschmähte er, durchs Tor zu gehn, und sprang verächtlich
Mit einem Satz hin über jedes Hindernis
Von Berg und höchstem Wall …
    John Milton, Das verlorene Paradies
    »Wissen Sie, was ich glaube?«, sagte Bree zu Ronald. »Ich glaube, Mr. Skinner war schon tot, als er auf das Boot gelangte.« Sie steckte halb in einem kleinen Schwarzen, das Ronald ihr zum Anprobieren nach Hause gebracht hatte. »Und dass die fiese Jennifer etwas damit zu tun hatte.«
    »Aber seine Lungen waren voller Meerwasser«, wandte Ronald ein. Er zupfte das Oberteil zurecht und trat zurück, um Bree zu begutachten. »Er ist ertrunken. Und es hilft doch nichts anzunehmen, dass die den Coroner bestochen haben … weil die Leiche noch verfügbar ist. Und selbst nach der Beerdigung morgen kann man sie notfalls wieder ausgraben. So liegen die Dinge«, sagte er, während er Bree herumdrehte und den Reißverschluss schloss. »Warum sollte man ihn an einem Ort ertränken und ihn dann woanders hinbringen?«
    »Nee«, sagte Antonia. »Das passt nicht. Das Kleid, meine ich«, fügte sie hinzu, als sie Brees hochgezogene Augenbraue sah, »nicht deine Theorie, wie das Verbrechen begangen wurde. Falls es ein Verbrechen gegeben hat.«
    »Das gab es definitiv«, erwiderte Bree grimmig. »Und Jennifer steht irgendwie damit in Verbindung. Davon bin ich überzeugt.«
    »Sie haben recht«, sagte Ronald zu Antonia. »Sie sieht nicht schick aus, sondern billig.« Er öffnete den Reißverschluss wieder. Bree zog das Kleid aus und stand in BH und Slip da. Nachdem Ronald das Kleid zu den anderen aufs Sofa geworfen hatte, kramte er in den Einkaufstüten herum, mit denen der Fußboden übersät war. Sascha steckte seine Nase in das Seidenpapier, worauf Ron ihn freundlich wegscheuchte.
    »Na, zumindest steht Miss Overshaw nicht mehr als Bekloppte da«, meinte Antonia. »Wie bist du darauf gekommen, dass sie doch recht hat?«
    Das wusste Bree nicht. Trotzdem war sie sich sicher. Es hatte etwas mit der Erscheinung im Garten und mit Jennifers triumphierendem Lächeln zu tun. Doch das konnte sie Antonia nicht erzählen. Was sie Antonia oder anderen aber mitteilen konnte, war, dass sie aus zahlreichen, wesentlich konkreteren Gründen – Jennifers offenkundiges Unbehagen, die Widersprüche, in die sich das Ehepaar verwickelt hatte, die schizophrene Einstellung der beiden gegenüber Benjamin Skinner, ganz zu schweigen von dem unheimlichen Gefühl, dass sie verfolgt wurde – davon überzeugt war, dass in der Tat jemand Benjamin Skinner, wie Striker es formuliert hatte, »vor seiner Zeit aus dem Leben gerissen« hatte.
    Ron zog ein rotes Outfit aus der Tüte mit dem Label GoFish und schüttelte es aus. Es war von leuchtendem Kardinalsrot. Diese Farbe hatte sie vor Kurzem irgendwo gesehen. »Was halten Sie davon?«
    Bree musterte es mit skeptischem Blick. »Ziemlich knallig, nicht?«
    »Ich glaube, die Farbe würde dir richtig gut stehen«, meinte Antonia. »Probier es sofort an. Ich wünschte«, fügte sie neiderfüllt hinzu, »Ron würde auch für mich einkaufen gehen.«
    »Würde ich sofort tun, wenn Sie das nötige Kleingeld hätten, Schnuckelchen«, erwiderte Ron. »Aber Sie bekommen ja noch nicht mal Arbeitslosenunterstützung.«
    Antonia kicherte. »Wie

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