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Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Titel: Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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unartikuliert. »Molly hat mich sitzenlassen und … Herrgott, ich weiß nicht, warum ich …« Ein Husten. »Wollt nur, dass du … ja, was denn eigentlich?« Wieder ein trockenes Husten, so als wäre er kurz davor, sich zu übergeben. Siobhan schaute aus dem Fenster, ohne die Landschaft wirklich wahrzunehmen. »Verdammt, und dann … was genommen … zu viel genommen …«
    Sie fluchte leise, drehte den Zündschlüssel um und legte hastig den ersten Gang ein. Die Scheinwerfer voll aufgeblendet, ihre Hand an jeder roten Ampel auf der Hupe. Es gelang ihr zu lenken und gleichzeitig einen Krankenwagen zu rufen. Sie schätzte, dass sie es noch rechtzeitig schaffen würde. Nach nur zwölf Minuten hielt sie vor seinem Wohnblock an – kein Schaden außer einem Kratzer an der Karosserie und einem eingedellten Außenspiegel. Das bedeutete einen weiteren Besuch in Rebus’ freundlicher Autowerkstatt.
    An Bains Wohnungstür brauchte sie nicht einmal zu klopfen – die Tür war einen Spalt breit offen geblieben. Sie rannte hinein, fand ihn zusammengesackt auf dem Boden im Wohnzimmer, den Kopf an einen Stuhl gelehnt. Leere Smirnoff-Flasche, leere Paracetamol-Flasche. Sie packte sein Handgelenk – es war warm, sein Atem flach, aber gleichmäßig. Ein von Schweiß glänzendes Gesicht und ein Flecken im Schritt, da, wo er sich bepinkelt hatte. Sie rief ein paarmal seinen Namen, schlug ihm mit der flachen Hand auf die Wangen, zog seine Augenlider auseinander.
    »Los, Eric, aufgewacht!« Sie schüttelte ihn. »Zeit, aufzustehen, Eric! Komm schon, du fauler Sack!« Er war zu schwer für sie; keine Möglichkeit, ihn ohne fremde Hilfe zu schleppen. Sie stellte sicher, dass sein Mund frei war – dass nichts die Atemwege verlegte. Schüttelte ihn wieder.
    Wie viele hast du genommen, Eric? Wie viele Tabletten? Los, sag schon!«
    Die angelehnte Tür war ein gutes Zeichen – er hatte also gefunden werden wollen. Und außerdem hatte er sie angerufen … sie angerufen.
    »Du hast immer aus allem ein Drama gemacht, Eric«, sagte sie, während sie ihm das nasse Haar aus der Stirn strich. Im Zimmer herrschte Chaos. »Wenn Molly nun zurückkommt und sieht, wie unordentlich hier alles ist? Steh jetzt mal lieber auf.« Seine Augenlider flatterten, und tief aus seinem Inneren drang ein Stöhnen. Geräusche an der Tür: die Sanitäter in ihren grünen Uniformen, einer von ihnen mit einem Erste-Hilfe-Koffer.
    »Was hat er genommen?«
    »Paracetamol.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Ein paar Stunden.«
    »Wie heißt er?«
    »Eric.«
    Sie stand auf und trat ein paar Schritte zurück, um ihnen Platz zu machen. Sie prüften seine Pupillen, holten die Instrumente heraus, die sie brauchen würden.
    »Können Sie mich hören, Eric?«, fragte einer von ihnen. »Können Sie mir zunicken? Vielleicht ein paar Finger für mich bewegen? Eric? Ich heiße Colin und werde mich jetzt um Sie kümmern. Eric? Nicken Sie einfach mit dem Kopf, wenn Sie mich hören. Eric …?«
    Siobhan stand mit verschränkten Armen da. Als Eric sich zu übergeben begann, bat einer der Sanitäter sie, sich in der übrigen Wohnung umzusehen: »Schauen Sie mal, was er sonst noch genommen haben könnte.«
    Als sie den Raum verließ, überlegte sie, ob der Mann ihr wohl nur den Anblick hatte ersparen wollen. Nichts in der Küche – sie war makellos, abgesehen von einem Liter Milch, der in den Kühlschrank gehörte... und daneben der Schraubverschluss der Smirnoff-Flasche. Sie ging ins Badezimmer. Die Tür des Arzneischränkchens stand offen. Ein paar ungeöffnete Tütchen mit Schnupfenmittel lagen im Waschbecken. Sie legte sie zurück. Dann gab es noch eine neue Flasche Aspirin mit intaktem Verschlusssiegel. Die Paracetamol-Flasche war also vielleicht schon früher geöffnet worden, was bedeutete, dass er womöglich gar nicht so viele genommen hatte, wie sie dachte.
    Schlafzimmer: Mollys Sachen waren noch da, lagen aber auf dem Fußboden verstreut, als hätte Eric irgendeine Vergeltungsmaßnahme an ihnen geübt. Ein Foto von den beiden war aus dem Rahmen genommen, ansonsten jedoch nicht beschädigt worden, so als hätte er es nicht übers Herz gebracht, es zu tun.
    Sie erstattete den Sanitätern Bericht. Eric hatte aufgehört sich zu übergeben, aber das Zimmer roch nach dem Zeug.
    »Das macht also siebzig Zentiliter reinen Wodka«, sagte der Mann namens Colin, »und dazu vielleicht dreißig Tabletten.«
    »Wovon das meiste gerade rausgekommen ist, um hallo zu sagen«, ergänzte sein

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