Im Namen Des Schweins
Radio ein ( Here comes the sun and I say: It’s all right … ), macht sich einen Milchkaffee, kehrt zum Ofen zurück, um ihn dort auf einem Stuhl zu trinken, den er sich herangerückt hat, und um zu rauchen.
Fünf genüssliche Minuten: Kaffee, Wärme, Nikotin (,little darling, it’s been a long cold, lonely winter). Als es so aussieht, als würde es zu dämmern beginnen, öffnet er die restlichen Fensterläden, aber die Welt draußen bleibt unsichtbar. Heller Nebel über weißem Schnee: ein vollkommenes Bild des Nichts. Blitzartig macht sich eine Art von Angst in ihm breit, die eigentlich für Kinder typisch ist: die Angst vor übernatürlichen Wesen, davor, dass ein schreckliches, dämonisches Monster auftaucht oder irgendein Wesen aus dem Jenseits. Außerdem fühlt er sich eigenartig schläfrig, fast betäubt, so als hätte er einen grippalen Infekt. Zum Glück dringt das Radio aus irgendeinem Ort im Tal bis zu ihm herauf. Die Töne schweben über die vereisten Straßen hinweg, durchqueren den Nebel und sind für die Ohren so etwas wie ein Leuchtturm ( I want to ride my bicycle, I want to ride my bike … ). Als es bereits nach halb acht ist, beginnt er sich darüber zu wundern, dass noch niemand gekommen ist. Eigentlich hätten doch zumindest ein paar vereinzelte Viehzüchter hier auftauchen sollen. Es wird acht, und dann wird es neun …
Nicht einmal der Junge aus der Bäckerei ist gekommen, um die Waren vorbeizubringen. Auch vom Metzger ist keine Spur zu sehen, der doch um diese Zeit normalerweise ein Sandwich hier isst. Um halb zehn ist noch immer nichts und niemand zu sehen, wenn man aus dem Fenster schaut. Selbst der Klang des Radios beginnt unheimlich zu werden. In Wirklichkeit ist es wie eine Art von Psychophonie ( You ain’t nothing but a hound dog, crying all the time). An diesem Morgen singen nur die Verstorbenen: Stimmen aus dem Jenseits. Um zehn geht er in einem nahezu fieberhaften Zustand auf die Straße, um zu schauen, ob er irgendjemanden durch den Nebel hindurch sehen kann. Niemand. Wenigstens holt er die Zeitungen herein, die der Junge aus dem Laden neben dem Eingang abgelegt hat. Er nimmt sie mit hoch und blättert die Inlandsseiten durch. Im Feuilleton entdeckt er eine Kolumne von Quique Aribau: B. Traven und der erfundene Schriftsteller. Als P die Zeitung komplett durchgesehen hat, sogar den Teil mit den Kreuzworträtseln, ist es viertel nach zehn. Zu guter Letzt taucht endlich Nieves auf, die schwer an ihrem schwangeren Bauch zu tragen hat und an zwei Tüten, in denen alles steckt, was nötig ist, um das Tagesmenü vorzubereiten. P spürt eine kindliche Erleichterung, wie ein Junge, der Stunde um Stunde allein zu Hause gewartet hat und plötzlich hört, dass seine Mama kommt. Er geht zu ihr hinunter, um ihr die Tüten abzunehmen.
»Und? Wie geht’s?«, fragt sie, noch bevor sie ihn begrüßt.
»Ich weiß auch nicht, was los ist … Kannst Du Dir vorstellen, dass noch niemand gekommen ist? Nicht ein einziger Mensch, seit ich um sieben aufgemacht habe. Auch die Waren aus der Bäckerei wurden noch nicht geliefert und die Zeitungen lagen unten vor der Tür …«
Sie sagt nichts dazu, schüttelt aber den Kopf, während sie hinter die Theke geht. P bringt die Tüten in die Küche. Sie geht hinter ihm her und holt aus einer Tüte einen Beutel mit ein, zwei Croissants heraus. Dann gehen sie wieder an die Theke. Sie kocht sich erst einmal einen Milchkaffee.
»Hast Du bloß zwei Croissants mitgebracht?«, fragt P.
»Eins für Dich und eins für mich. Heute morgen wird hier niemand mehr antanzen.«
»Warum …? Wegen dem Nebel?«
Sie zögert ein bisschen mit der Antwort: »Wegen dem, was da bei der Susi gestern vorgefallen ist.«
»Was da vorgefallen ist? … Was ist denn passiert?«
Ihr fällt es schwer, ihm das zu erklären, als hätte sie Sorge, ihn damit zu verletzen.
»Da war doch was zwischen Dir und dem Kainsmal, stimmt’s?«
»Ja, stimmt. Der hat sich wieder mal aufgespielt, und da habe ich ihn ein wenig in seine Schranken verwiesen. Was hat das denn damit zu tun …?«
Wieder eine Pause: »Hier hat alles mit allem zu tun. «
Das Mädchen rutscht auf einen Barhocker hinter der Theke, um ihren Kaffee im Sitzen zu trinken.
»Willst Du damit sagen, dass niemand kommt, weil ich hier bin? Dass sie mit mir nichts mehr zu tun haben wollen oder so was in der Art?«
Das Mädchen nickt, während sie ihr Croissant eintunkt. P ist sprachlos.
»Aber er hat es monatelang darauf
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