Im Namen Des Schweins
Kommissariat erreicht hat, auf die Idee kommt, noch einen kleinen Abstecher zum Plattenladen zu machen.
Ohne lang nachzudenken, geht er mit aller Natürlichkeit hinein, so als wäre nichts Besonderes passiert:
»Guten Tag, mein Junge«, sagt er.
Es reagiert der mit dem Piercing im Bauchnabel, bei dem seit neuestem auch ein paar schmale Heftpflasterchen auf dem Nasenrücken glänzen: »Hey, was für eine Überraschung … Sie wollen uns doch nicht etwa überfallen, mein Herr?«
»Sehe ich so aus, als wollte ich jemanden überfallen?«
»Na, so wie Ihnen das kuriose Spitzbärtchen steht … frage ich mich, ob der Oberpolizist zum Feind übergelaufen ist. Nach dem Motto: Wenn du sie nicht aufhalten kannst, dann verein dich mit ihnen«.
»Da muss ich Dich leider enttäuschen: Ich wollte eine CD mit diesen neueren Sachen, die ihr hier habt, kaufen und mal hören, wie das kürzlich noch ausgegangen ist …«
»Wenn Sie damit auf meine kleine Schlägerin anspielen, so habe ich nach Stichen gewonnen, wie Sie sehen können. Uh, wie kommt es denn zu dieser Bräune, vom Strand …? Ich erblasse vor Neid. Mir hat der Arzt gesagt, dass ich nicht in die Sonne darf, bis die Wunde gut verheilt ist, sonst bleibt eine Narbe. Jetzt weiß ich gar nicht, was ich machen soll: Narben sind auch sexy … Würden Sie mir ein paar kurze Bemerkungen zu Ihrem neuen Outfit gestatten?«
»Mmmmm, seien Sie vorsichtig, junger Mann, Sie wissen ja, was Ihre Stilberatungen in der Regel zur Folge haben …«
»Na, da Sie keinen Motorradhelm auf dem Kopf haben, will ich es mal wagen … Jetzt fehlt Ihnen nur noch eine neue Brille: Diese mit Goldrand passt nicht mehr zu Ihrem neuen Haarschnitt und dem Drei-Musketier-Bärtchen. Ich würde Ihnen zu einer raten, wie sie Filmregisseure tragen, im Stil der Sechziger: mit schwarzem, eckigem Rahmen. Am besten eine, die noch gelbe Gläser hat …«
Diesmal geht der Kommissar mit einer CD von Simply Red hinaus und einem deutlich gesteigerten Vertrauen in seinen neuen Look. Der nächste Prüfstein wartet mit dem Kommissariat.
Natürlich wird er von allen beäugt, vor allem sein Spitzbärtchen, das merkt der Kommissar genau, aber niemand wagt es, sich zu einer Bemerkung hinreißen zu lassen. Bis auf Quique Aribau, der mit Sanchís in der Cafeteria sitzt. »Das Spitzbärtchen steht Ihnen gut«, sagt er, »nur dass Sie gar nicht mehr so richtig nach einem Kommissar aussehen, sondern … eher … wie ein Filmregisseur …«
Der Kommissar nimmt die Koinzidenz zur Kenntnis.
Sie geht ihm auf dem Rückweg im Bus weiter durch den Kopf. Filmregisseur ist schon viel besser als Notar.
Da schwingt so etwas von Führungspersönlichkeit mit, was ihm gefällt. Nur würde er sich selbst nie als kreativen Menschen einschätzen und will eigentlich auch gar nicht so wirken. Er ist ein Mann mit Prinzipien, ein Mann der Gesetze und der Zuverlässigkeit. Das ja. Während er den Verkehr wie jeden Tag durch das Busfenster beobachtet, schweifen die Gedanken zu der Frage, welche Verkleidung er sich gern überstreifen würde, falls er noch einmal zu einem Maskenball eingeladen werden sollte. Keine Frage: als Gangster wie aus einem Kriminalfilm. Mit schwarzem Hemd, weißer Krawatte, einem Filzhut und einem langen Kamelhaarmantel. Letztlich sollte man die Unterschiede zwischen einem Paten der Mafia und einem Hauptkommissar nicht überbewerten: Beide müssen gleichermaßen Respekt einflößen und vertrauenerweckend wirken. Je nach Situation werden sie sich unbeugsam oder großherzig geben, einschüchtern oder Schutz bieten. Ein delikates Gleichgewicht aus Gegensätzen …
Als er nach Hause kommt, hat er bereits völlig vergessen, dass die letzte und entscheidende Prüfung seinen neuen Looks noch vor ihm liegt. Gerade als er den Schlüssel im Schloss dreht, fällt es ihm siedend heiß wieder ein.
»Hallihallo, wo steckst Du …?«
»In der Küche … Du bist ja heute früh …«
»Ja, ich muss Dir was zeigen. Bitte bekomm keinen Schreck, ja?«
Seine Frau ist nach dieser Ankündigung natürlich auf alles gefasst und erscheint postwendend in der Küchentür, wo sie sich schnell die Hände an einem Tuch abtrocknet. Der Kommissar schaltet in der Diele das Licht an, damit sie ihn gleich voll und ganz bestaunen kann: »Und? Wie findest Du’s?«
Die erste Reaktion ist nicht mehr als ein Heben der Augenbrauen. Sie legt dabei die Hand an den Mund.
»Ach, jetzt hatte ich aber schon einen Schreck gekriegt … Hast Du Dich deshalb seit
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