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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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regionalen Mordkommission eingegangen. Als nächstes müssen wir herausfinden, wer von den Angestellten des Schlachthofs welche Verbindungen zum Drogenhandel unterhält und wer das Zeug möglicherweise nimmt. Der Eigentümer, falls er überhaupt etwas mit der Geschichte zu tun haben sollte, käme danach.«
    »Das müssen Sie selbst wissen. Womöglich sind Sie ja einem gewaltigen Kokainring dicht auf den Fersen … Ausgezeichnet, na, dann mal los und viel Erfolg. Aber wenn Sie meine ehrliche Meinung wissen wollen, dann muss ich Ihnen sagen, dass es mir zwei Monate vor meiner Pensionierung ziemlich gleichgültig zu sein scheint, ob irgendeine arme Sau ein Schweinegeld mit Kokain verdient … Wogegen sich mir allein bei der Vorstellung, dass eine Person frei herumläuft, die sich damit amüsiert, andere zu quälen, die Haare zu Berge stellen. Vielleicht sind es auch zwei Personen oder vielleicht sogar noch mehr. Das wäre der Fall, mit dem ich mich sehr intensiv beschäftigen würde. Schlussendlich wissen wir einiges über ihn und können einiges vermuten.«
    »Beispielsweise?«
    »Beispielsweise wissen wir, dass er literarische Neigungen hat, dass er Spaß am Risiko hat und dass er mit uns und dem Rest der Welt gern spielt. Mit ziemlicher Sicherheit agiert er hinter dem Rücken von ein oder zwei Personen, die allesamt als Psychopathen zu bezeichnen sind, genauer gesagt, mit Komplizen, die vermutlich von ihm abhängig sind.«
    ***
    »Varela, ich bin mal kurz beim Friseur. Ich nehme das Handy mit, falls irgendetwas sein sollte.«
    Der Kommissar verlässt das Gebäude und erfreut sich an der milden Luft. Echter Luft, keiner Klimaanlage. Ihm wird bewusst, dass es ihm zunehmend schwerer fällt, sich acht Stunden ununterbrochen in seinem Büro aufzuhalten.
    Er läuft langsam, mit den Händen in den Taschen, bis er auf die alte schmierige Rambla stößt, die sich zu einer städtischen Attraktion gemausert hat: lebende Statuen, Straßenmusiker, Pflastermaler, Blumenstände, ein Polizeikommissar mit Siebentagebart und Händen in den Hosentaschen …
    Vier Querstraßen weiter verlässt der Kommissar die Rambla wieder und begibt sich ins Gassengewirr des alten Arrabal. Seit Jahren lässt er sich die Haare im selben Etablissement schneiden, der Barberia Siberia. Sie hat ein traditionelles Emblem mit blauen, weißen und roten Streifen.
    »Wie immer, Herr Kommissar?«
    »Wie immer.«
    Aber diesmal überlegt der Kommissar, etwas Neues auszuprobieren. Bevor er das vertraute Emblem der Barberia Siberia sieht, steht er plötzlich vor dem Schaufenster eines anderen, neuen Friseurgeschäfts in derselben Straße. Womöglich ist es ihm nur noch nie aufgefallen: HAIR PLAY, FRISÖRE steht auf dem Schild. Im Schaufenster sind Fotos der Modelle ausgestellt, die dort frisiert wurden. Männer zwischen dreißig und vierzig Jahren, alle korrekt gekleidet, einer mit Bart und grauen Haaren. Den Friseur zu wechseln ist fast so etwas wie den Liebhaber zu wechseln: Dann ist der Augenblick gekommen, etwas Neues auszuprobieren. Einen Moment lang denkt der Kommissar darüber nach, die Barberia Siberia für heute sausen zu lassen und einmal hier hineinzugehen. Die Einrichtung ist freundlich, aus hellem Holz.
    Außerdem wartet nur ein Mann, der zudem fast eine Glatze hat.
    Die Treue siegt. Er läuft weiter bis zur Barberia Siberia, die ein Stückchen weiter auf derselben Straßenseite ist. Als er vor dem Geschäft steht, fällt ihm auf, dass die Jalousien unten sind und ein handgeschriebener Zettel draußen hängt: »Wegen Renovierung geschlossen. Wiedereröffnung am 1. September«. »Die Zeiten ändern sich«, sagt sich der Kommissar. Da er nicht bis September mit dem Haarschnitt warten kann, befindet er sich bereits auf dem Rückweg. Ohne zu zögern, betritt er das Geschäft von HAIR PLAY, FRISÖRE, wobei er sich fragt, was zum Teufel wohl Hair Play bedeuten mag.
    Eine dreiviertel Stunde später ist seine gewohnte Scheitelfrisur einem Kurzhaarschnitt gewichen, der nach vorne frisiert wurde. Sein Schnurrbart wurde drastisch gestutzt und der Bartwuchs zu einem Spitzbärtchen geformt, das an den Mundwinkeln mit dem Schnurrbart zusammentrifft. Die Geschichte mit dem Spitzbart ist nur ein Versuch, den der Kommissar notgedrungen dem abschließenden Urteil seiner Frau wird unterwerfen müssen. Für den Augenblick aber fühlt er sich gut mit dem Wagnis und betrachtet sich beim Gehen in den Schaufenstern. Er fühlt sich so wohl, dass er, kurz bevor er das

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