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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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wiedererkennen.
    Verstehen Sie, was ich meine?«
    Der Kommissar hat seine eigene Floskel ausgepackt, um sich eines gegenseitigen Verständnisses zu versichern.
    »Genau. Das ist interessant, nicht? Das fällt einem erst auf, wenn man anfängt, darüber nachzudenken …«
    »Gut. Was ich aber noch nicht sehe, ist, wohin uns die Reise führen soll.«
    »Das hat mich auf eine zündende Idee gebracht. Stellen Sie sich vor, Quique wäre nicht ein Schriftsteller, der unerkannt bleiben will, sondern in Wirklichkeit ein Geheimagent der Polizei, der in ein Bergdörfchen entsendet wurde, um einen Mord aufzuklären.«
    Der Kommissar denkt einen Augenblick darüber nach.
    »Ich sehe nicht, was wir durch einen Agenten gewinnen, der sich als … was weiß ich … als Ex-Junkie ausgibt, der ein wenig frische Luft schnappen will.«
    »Irrtum. Es gäbe eine Reihe von Vorteilen. Es fängt mit etwas ganz Subtilem an: Es ist immer einfacher, etwas zu verbergen, was gar nicht der Fall ist. Können Sie mir folgen? Beispielsweise wird es einem verdeckten Ermittler leichter fallen, so zu tun, als wolle er vertuschen, dass er Schriftsteller ist … Statt zu überspielen, dass er für uns arbeitet. Wenn wir einen Agenten entsenden, der sich als heroinsüchtig ausgeben soll, hätten wir das Problem, dass er eine Scheinidentität aufrechterhalten muss. Schicken wir dagegen jemanden, der so tut, als wolle er nicht, dass man erfährt, dass er Schriftsteller ist, obwohl er in Wirklichkeit zur Polizei gehört, liegen die Dinge viel einfacher. Erstens stattet uns diese doppelte Vortäuschung mit einer Art Plan B aus, für den Fall, dass unser Mann in seiner Rolle als Nicht-als-Schriftsteller-erkannt-werden-Wollender enttarnt wird. Können Sie mir folgen? Wenn jemand ahnt, das er in Wirklichkeit nicht ein Nichtschriftsteller ist, können wir dafür sorgen, dass er als Schriftsteller auffliegt und nicht gleich als Geheimagent, okay? Zweitens, wird die Versuchung deutlich geringer sein, einen bereits Enttarnten nochmals zu enttarnen, okay? Und zusätzlich haben wir es damit in der Hand, zu entscheiden, wann es sinnvoll ist, unseren Mann scheinbar enttarnen zu lassen. Wir müssen lediglich eine Zeitschrift ins Dörfchen einschleusen, in der er als Schriftsteller zu sehen ist. Oder ein Buch mit seinem Foto auf dem Umschlag oder so etwas Ähnliches.
    Niemand würde sich wundern, ihn nicht viel früher erkannt zu haben, weil sie ja in der Regel niemanden erkennen, den sie einfach vorher noch nicht kannten.«
    Der Kommissar sagt nichts. Er kratzt sich ein bisschen am Bart, wiegt leicht den Kopf … Aber Rodero erwartet mehr als diese Gesten.
    »Was halten Sie davon?«
    »Eine komplizierte Konstruktion. Und ich bin mir auch noch nicht ganz sicher, ob ich sie in all ihren Auswirkungen verstanden habe.«
    »Je komplizierter, desto besser. Das ist ja gerade unser Vorteil. Ich habe lang und breit darüber nachgedacht. Ich finde es perfekt.«
    »Das Ziel muss aber doch sein, jemanden in den Schlachthof einzuschleusen, nicht wahr? Und soweit ich sehe, dürfte es nicht viel einfacher werden, einen verdeckten Schriftsteller in einen Schlachthof einzuschleusen als einen verdeckten Ermittler. Niemand ist scharf darauf, einen Schriftsteller in seinem Betrieb zu haben, der dort herumschnüffelt. Einmal abgesehen von uns … Das aber hat damit zu tun, dass wir nichts Illegales zu verbergen haben. So wie die Dinge liegen dürften, scheinen wir da die Einzigen zu sein.«
    »Oh, Sie dürfen nicht vergessen, dass die Enttarnung als Schriftsteller lediglich unser Plan B ist. Im besten Fall wird es nie dazu kommen. Falls es aber dazu kommen sollte, womöglich erst nach einigen Monaten, hätten wir eben unsere Vorteile. Dazu kommt noch ein weiterer Punkt: Unterschätzen Sie die Eitelkeit der Menschen nicht.«
    »Die Eitelkeit?«
    »Die Eitelkeit, ja. Der überwiegende Teil der Menschen wird mit dem größten Vergnügen vor einem Schriftsteller die Hosen herunterlassen. Voller Begeisterung werden die ihm alles Erdenkliche ausplaudern. Bei Polizisten sind alle vorsichtig und zurückhaltend, aber schauen Sie doch nur, wie die Leute sich darum prügeln, vor dem Mikrofon eines Journalisten aus dem Nähkästchen zu plaudern. Haben Sie keinen Fernseher zu Hause? Das funktioniert doch ganz einfach: Dem erstbesten Schwachkopf werden fünfzehn Minuten im Rampenlicht eingeräumt, in denen er Skandalöses, Gemeines oder Indiskretes erzählen darf Je indiskreter oder skandalöser oder

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