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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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herauskommt. Er hat seine Haare sehr kurz geschnitten und den Bart radikal abrasiert. Über der Schulter baumelt ein kleiner Lederrucksack. Er schaut sich um, als würde er jemanden suchen und geht am Kommissar vorbei, ohne ihn zu erkennen.
    »Tomas!«, T dreht sich nach der Stimme um. Jetzt erkennt er ihn endlich und runzelt lächelnd die Stirn:
    »Lieber Himmel, was ist denn mit Dir passiert?« Dabei fährt er sich mit den Fingern ans Kinn, um zu zeigen, dass er den Spitzbart meint.
    »Auf meine alten Tage werde ich noch ein Playboy.«
    Die beiden gehen lachend aufeinander zu und schlagen sich laut in die Hände. »Sag mal, Du hast ja ganz schön abgenommen. Gibt’s in den anderen Ländern nichts Gutes zu essen?«
    »Nee, nee, das hat damit nichts zu tun, aber das Fitness-Studio habe ich echt vermisst. Ich fühle mich ein bisschen schlaff.«
    »Na, komm, lass uns erst einmal nach Hause gehen und Mercedes Hallo sagen. Danach können wir ja noch einmal losziehen und ein Bier trinken. Dann erzählst Du mir alles.«
    Sie laufen den kurzen Weg zurück zum Appartement, gehen die Treppen hoch, der Kommissar steckt den Schlüssel ins Schloss, aber seine Frau hat sie bereits gehört und kommt, um schnell die Tür zu öffnen:
    »Da haben wir ja den Reisenden … Komm rein, mein Junge. Ich bin noch ein bisschen in der Küche am wirbeln.«
    Sie geben sich ein Küsschen.
    »Kannst Du Dir vorstellen, dass ich Deinen Mann erst nicht erkannt habe, als ich aus dem Bus gestiegen bin?«, sagt T.
    »Hör bloß auf, mein Junge, der macht mich verrückt. Er hört den ganzen Tag nur noch diese moderne Musik.«
    Der Kommissar jubelt und lächelt: »Die Zeiten ändern sich …«
    »Und kannst Du Dir vorstellen, dass er seit Neuestem ganz verrückt danach ist, an den Strand zu gehen? Den kriegst Du überhaupt nicht mehr aus dem Wasser.«
    »Er sieht ja auch aus wie ein Krokodiljäger …«
    So geht das Geplänkel noch für einige Minuten hin und her, bis Mercedes fragt, ob sie lieber hier einen Aperitif trinken möchten oder noch mal raus wollen, um in Ruhe zu reden. Der Kommissar entscheidet schnell, dass sie besser in die Bar gehen, wo es die leckeren Boquerones gibt. »Gut. Und für wann soll ich den Reis aufsetzen?«
    Sie laufen zurück Richtung Busbahnhof. »La Parrilla« steht auf dem Schild an der Ecke. Der Kommissar und T gehen hinein und nähern sich der Theke: »Carmen, was würdest Du uns zu einem eiskalten Cruz Campos empfehlen? Falls Dein Mann es nicht wieder versteckt hat?«
    »Montse paniert gerade ein paar Fischchen. Was haltet ihr von ein paar Boquerones …?«
    Sie setzen sich an einen der Holztische, vor denen lange Bänke stehen: »Du wirst sehen, gleich bekommst Du die besten panierten Boquerones vorgesetzt, die Du je gesehen hast.«
    Das Gespräch ist noch nicht richtig in Gang gekommen, als die zwei Flaschen Bier kommen, die von der Kälte beschlagen sind, und eine große Platte mit heißen Fischchen.
    »Nun verrate mir mal ein Geheimnis«, sagt der Kommissar. »Magst Du Zitrone dazu?«
    »Ja, danke, gern … Welches Geheimnis?«
    »Ist es so schrecklich dort in New York, dass Du Hals über Kopf abhauen musstest?« Der Kommissar muss schlucken, so läuft ihm das Wasser im Mund zusammen.
    »Ganz im Gegenteil …«
    »Dir hat’s gefallen?«
    »Ich habe die Stadt geliebt …«
    »Echt, ja …? Sie hat den Ruf, anstrengend zu sein, hört man immer mal wieder …«
    »Man sagt aber auch, dass man an keinem zweiten Ort auf der Welt leben will, wenn es einem dort erst einmal gefällt. Mir ging das schon nach wenigen Tagen so.«
    »Das klingt doch … nach einer interessanten Zeit.«
    Der Kommissar gibt sich alle Mühe, T ein wenig die Zunge zu lockern, während er gleichzeitig mit den Boquerones beschäftigt ist. T nimmt sich mit den Fingern ein Fischchen, ohne rechten Appetit zu haben.
    »Es war sogar mehr als interessant … Einmal in der Morgendämmerung, als ich in der Seventh Avenue bei einem Koreaner Hühnerflügelchen gegessen hatte, dachte ich, dass man Manhattan retten müsste, wenn man nur eine einzige Stadt auf der Welt retten dürfte. Wenn man Segovia rettet, hat man die Leute aus Segovia gerettet, aber wenn Du New York rettest, hast Du die ganze Menschheit im Boot. Diese Stadt ist wie eine Arche Noah, die an der Mündung des Hudson River vor Anker liegt.«
    »Ich wäre gespannt, was die Leute in Segovia dazu sagen …« Der Kommissar lächelt und verdeckt sich den Mund, damit man nichts von dem Fisch sehen

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