Im Namen Des Schweins
kann, den er sich gerade kopfüber zwischen die Zähne geschoben hat.
»Also was war denn dann los …? Du wolltest doch eigentlich eine Aufenthaltsgenehmigung und ein Stipendium beantragen, nicht wahr?«
»Das habe ich auch beantragt … Bevor der Bescheid kam, ob es klappt, war ich allerdings schon wieder weg.«
»Und warum …?«
T kann sich nicht um eine ehrliche Antwort drücken.
»Keine Ahnung … Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass ich nicht in die Arche Noah gehöre.«
Der Kommissar setzt ein intelligentes Gesicht auf, schleckt sich die Finger und trinkt einen großen Schluck Bier, bevor er antwortet: »Mir fällt nur ein einziger Grund ein, weswegen einem genau das auf einer Arche Noah passieren kann …«
»Und der ist vermutlich richtig.«
Der Kommissar vergisst für einen Augenblick seine Boquerones.
»Das muss etwas Ernstes gewesen sein, in so kurzer Zeit …«
»Ernst genug, um ihr einen Ring zu kaufen. Das habe ich noch nie in meinem Leben gemacht.«
»Und was ist dann passiert … wenn ich fragen darf …«
T antwortet bedächtig, nachdenklich: »Ich bin mir nicht ganz sicher …«
»Ging irgendwas schief …?«
»Ich weiß es nicht. Manchmal habe ich mich gefragt, ob sie mit einem Mal Angst bekommen hat vor einer verbindlichen Beziehung. Das passiert scheinbar heutzutage sogar dem weiblichen Geschlecht.« Der Kommissar macht ein verständnisvolles Gesicht. »Egal, ich glaube, ich muss es eigentlich auch gar nicht mehr so genau wissen: Jedenfalls bin ich mit dem Ring in der Kulturtasche zurückgekommen. Eigentlich hätte ich ihn in der letzten Nacht in New York vom Empire State Building schmeißen sollen. Nun werde ich mir wohl einen anderen Ort suchen müssen … der hoch genug ist.«
»Mmh … Und warum bist Du plötzlich nach Irland gereist …?«
T hebt die Augenbrauen und schüttelt den Kopf.
»Vermutlich hat dieses irrationale Wesen, das manchmal in mir schlummert, sich gleich die nächste Irin angeln wollen.«
»Sie kam aus Irland?« T nickt. Der Kommissar braucht ein bisschen, bevor er weiterredet. »Sag mal, dieses irrationale Wesen, das in Dir steckt, denkt doch wohl nicht ernsthaft über das nach, was Dir Rodero vorschlägt?«
»Wir haben gestern miteinander gesprochen. Ich habe gesagt, dass er wahrscheinlich auf mich zählen kann.«
»Das war ein Fehler. Früher oder später musst Du doch mal aufhören, solche Dummheiten zu machen.«
Die restlichen Boquerones haben aufgehört zu dampfen. T schaut sie an, ohne sie zu sehen, presst die Luft aus und wiegt den Kopf.
»Schau mal, Tomas«, redet der Kommissar weiter, »ich hatte das Glück, dass die einzige Frau, in die ich mich in meinem Leben je verliebt habe, uns im Augenblick eine Paella zubereitet, aber ich kann mir vorstellen, was es heißen würde, sie zu verlieren …«
T unterbricht ihn: »Es ist ja nicht nur das, und das weißt Du ja auch: Was habe ich in meinem Leben eigentlich noch nicht verloren?«
»Ja, da fallen mir mehrere Dinge ein. Zum Beispiel die Besonnenheit. Es ist einfach nicht klug, immer nur nach vorne zu fliehen.«
»Fliehen würde man doch nur dann sagen, wenn jemand woanders hinrennt, statt dort zu sein, wo er hingehört. Mein Problem ist, dass ich überhaupt keine Ahnung mehr habe, wo ich hingehöre. Wohin denn? Weißt Du es?«
»Vielleicht musst Du einfach mal eine Weile an einem Ort bleiben. Das Glück erreicht man nicht, wenn man hinter ihm her rennt. Manchmal muss man ihm Zeit geben, dann erwischt es Dich von ganz allein.«
»Entschuldige, aber das klingt mir zu sehr nach einem Zen-Spruch …«
»Das ist kein Spruch, ich meine das ganz ernst … Das mit Rodero ist doch gequirlte Kacke … Der hält sich für wahnsinnig intelligent und das sollen wir alle zur Kenntnis nehmen. Hat er Dir erzählt, was er sich da hat einfallen lassen? Da soll einer so tun, als wäre er Schriftsteller und all das?«
»Ja, das hat er mir erzählt …«
»Aber das ist doch der größte Schwachsinn unter der Sonne, meinst Du nicht auch?«
T antwortet nicht gleich: »Ehrlich gesagt, ist mir das ziemlich egal. Wichtig ist mir nur, dass San Juan del Horlá weit weg vom Rest der Welt zu sein scheint.«
Der Kommissar rutscht auf seinem Stuhl vor.
»Und du willst mir erzählen, dass dies keine ›Flucht‹ ist?«
T fällt es erneut schwer, zu antworten.
»Ich würde eher sagen: Lernen, sich mit etwas zu beschäftigen, wenn einem schon nichts mehr wichtig ist.«
»Ist es Dir nicht einmal mehr wichtig, ein
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