Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
Vom Netzwerk:
guter Ermittler zu sein?«
    T lacht schlecht gelaunt.
    »Aufopferung, Technik, Zuverlässigkeit?«
    »Gesunder Menschenverstand. Schau mal … Ich weiß nicht genau, was Dir widerfahren ist, aber wir kennen uns gut genug, um zu wissen, dass es Dir nicht gut geht. Das ist nicht der Augenblick, um sich dort oben einzugraben. Hör auf mich. Ich bin älter als Du. Ich kenne die Berge und weiß, was es heißt, dort einen Winter von der Welt abgeschnitten zu leben. Da habe ich Dir etwas an Erfahrung voraus, auch wenn es vielleicht das Einzige ist.«
    »Die Idee, mich in einem Arbeitsraum eines Provinzkommissariats zu vergraben, kommt mir nicht viel verlockender vor.«
    »Umso besser, dann steig in ein Flugzeug und flieg zurück nach New York. Am besten schon morgen. Dort liegen Deine Träume, also versuch Dein Glück. Klingt das wieder nach einer Ratgeberweisheit? Wenn Du den Auftrag annimmst, kommst Du mit nichts voran. Du wärest vollkommen allein dort oben. Weder Du noch ich wissen, was da wirklich auf Dich zukommen würde. Das Einzige, was ich weiß und Dir sagen kann, ist, dass Du große Gefahr läufst, Dir einen waschechten Albtraum zu bereiten.«
    ***
    Später Donnerstag. Versammlung im Konferenzraum neben dem Büro des Kommissars. Außer dem Kommissar nehmen teil: Prades und Berganza von der Mordkommission, Rodero als Chef des Morddezernats und T. Kurz nach fünf hat Rodero seinen Vortrag begonnen: über Schweine, über den Kokain- und sonstigen Drogenhandel und über die Vorteile, einen verdeckten Ermittler als verdeckten Schriftsteller einzuschleusen. Die Hauptpunkte wurden knapp und präzise an eine Plastiktafel geschrieben, die in seinem Rücken steht. Eine Stunde später redet er immer noch: »Gut. Kommen wir zum Überblick: Wir haben bisher vorrangig gegen drei Personen und ihr Verhältnis zum Schlachthof ermittelt. Genauer gesagt: gegen den Tierarzt, den Schlachter und den Leiter der Verpackungsabteilung«, er schreibt die drei Berufe an die Tafel. »Dazu kommen wir gleich. Wir stehen vor der Schwierigkeit, jemanden im Schlachthof einstellen zu lassen, was praktisch unmöglich ist. Erstens gibt es eine strikte Warteliste, zweitens die Gepflogenheit, niemanden zu nehmen, der nicht in der Gegend lebt und einen Fürsprecher unter den Angestellten hat. Daher wird die erste Aufgabe unseres Mannes darin bestehen, eine Beziehung zu einem dieser drei Männer aufzubauen.
    Sie haben die Möglichkeit, Kontakte zur Leitung des Schlachthofs herzustellen und sind darüber hinaus hervorragende Informanten. Es gibt noch ein paar weitere Personen, die interessant zu sein scheinen. Auch dazu kommen wir gleich … Ich würde Berganza nun bitten, der in situ ermittelte, uns einen kurzen Überblick über den Ort zu verschaffen, wobei es sehr hilfreich für uns sein dürfte, alles zu erfahren, was uns einen ersten Eindruck vermitteln kann …«
    Berganza räuspert sich, um nach dem langen Zuhören die Stimme frei zu bekommen. Er richtet sich im Stuhl auf, schlägt das Notizbuch zu und beginnt zu reden, wobei er am Ohrring spielt und so wirkt, als würde er improvisieren: »Gut … der Ort ist … bizarr. Es fängt schon damit an, dass viele Leute dort hochfahren, um sich umzubringen. Sie stürzen sich vom Plateau des Horlás. Interessanterweise kommen die Selbstmörder, bis auf eine Ausnahme neulich, in der Regel von außerhalb, so dass wir bisher niemals im Ort selbst zu ermitteln hatten. Die einzigen drei Treffpunkte im Ort sind Wirtshäuser: Es gibt die Genossenschaft, in der vorrangig zu Mittag und zu Abend gegessen wird. Hier verkehren vornehmlich ältere Männer, Bauern und Viehzüchter. Dann gibt es noch das sogenannte ›Café unter den Arkaden‹, das am besten besucht ist und in dem die Stammkunden Fußball gucken oder sich betrinken.
    Schließlich gibt es noch einen Laden, den sie Pub nennen, so etwas wie eine Bar, in der vor allem am Wochenende viel los ist. Außerdem gibt es noch ein Hostal, das aber wie eine Krypta ist. Lediglich die Besitzerin des Ladens und zwei taubstumme Paare verkehren dort, die sich seit Jahren eingemietet haben. Außer ihnen haben wir nie jemanden ein- oder ausgehen sehen. Für uns am interessantesten schien die extrem hohe Fluktuation an Barkeepern im Pub: Der Job wird scheinbar je nach Tagesform weitergegeben. Offenbar reicht es bereits, dass einer verkatert ist, damit ein anderer den Job für ihn macht. Von außen hatten wir den Eindruck, dass sie den Laden kollektiv schmeißen. Ich denke,

Weitere Kostenlose Bücher