Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
tröstende Worte in unserer Muttersprache.
Ich streiche ihr über den Rücken und erschrecke darüber, wie ihre Schulterblätter hervorstehen. Engelsflügel hat sie sie immer genannt. Jedes Mal, wenn ich als Kind krank wurde, hat sie gefastet und gebetet und wurde immer dünner, bis ich mich erholt hatte.
»Mama, bitte. Es gibt keinen Grund zu weinen«, flüstere ich. »Ich bin wieder da. Ich bin in Sicherheit. Ich bin geheilt. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis meine Seele wiederhergestellt ist.«
Bei der Erwähnung meiner fehlenden Seele macht sie einen Satz nach hinten und blickt mir in die Augen. Als sie meine Worte bestätigt findet, wirbelt sie zu Daire herum. »Du hast versprochen, seine Seele zurückzuholen!«, herrscht sie sie an.
Ich will dazwischengehen, doch ich muss Daire zugutehalten, dass sie den Angriff gelassen aufnimmt und nicht einmal zusammenzuckt. »Ich habe versprochen, ihn zu finden, und das habe ich getan. Seine Seele wiederherzustellen steht als Nächstes auf der Liste.«
Chepi ist verwirrt und wütend. »Ich nehme dich mit nach Hause.« Sie zerrt an meiner Taille. »Du hast eine lange Reise hinter dir und musst dich ausruhen.«
Ich löse ihre Finger und falte meine Hände über ihren. Dann absorbiere ich ihre Wut, bis ihre Gesichtszüge weicher werden, ihre Schultern herabsinken und sie ruhig genug ist, um mich anzuhören. »Mama, bitte. Ich muss mich nicht ausruhen. Mein Körper ist geheilt und stark. Ich kann für mich selbst sorgen. Ich habe schon zu lange nichts getan. Jetzt muss ich zuerst meine Seele zurückholen. Und dann muss ich mit Cade abrechnen. Erst dann werde ich wieder richtig ausruhen können.«
»Du behauptest, du seist jetzt stark, aber wie lange wird das anhalten?« Chepi schaut zu Paloma hinüber, offenbar außerstande, Axel zu erkennen, der direkt daneben steht.
»Mit ein bisschen Beistand von einer göttlichen Quelle werden seine Wunden bald heilen.« Paloma gestattet sich ein mattes Lächeln, als sie mich konzentriert anblickt. »Ich habe deine Wunden geschlossen und dir einen sehr starken Heiltrank eingeflößt. Du spürst doch sicher die Hitze in dir umherwirbeln?«
Ich nicke. Es ist intensiv, aber damit kann ich umgehen.
»Lass dich von der Temperatur leiten«, rät sie. »Du weißt, dass es Zeit für die nächste Dosis ist, wenn dir kühl wird. Wenn du zu lange wartest und ganz abkühlst … tja, dann wirst du leider wieder ganz zum Anfang zurückgeworfen.« Sie fixiert mich mit einem festen Blick, der unterstreichen soll, wie ernst ihre Worte gemeint sind.
»Und das war’s dann?« Ich ringe mir ein halbherziges Lächeln ab. »Wenn der Motor abkühlt, wird es Zeit für einen Kundendienst?« Ich übersetze ihre Warnung in die Autobastlersprache, die ich am besten verstehe.
»Wie lang wird es halten?«, will Daire wissen.
»Es war eine ziemlich starke Dosis.« Axel schaut zwischen Daire und mir hin und her. »Aber genau kann man es nicht wissen.«
»Wie auch immer, es wird ausreichen müssen«, sage ich, begierig darauf, in die Gänge zu kommen. Meine Kraft zu nutzen, solange ich sie habe. Doch Axel wirkt unschlüssig und sieht mich mit trübsinniger Leichenbittermiene an.
»Mit wem sprichst du?« Chepi blickt sich mit schmalen Augen um.
»Mit Axel. Dace’ Geistführer ist hier«, erklärt Daire, doch die Worte beruhigen Chepi nicht.
»Aber die erscheinen doch nur, wenn jemand sterben muss!« Sie schreit auf und klammert sich erneut an mich.
»Ja. Ich sollte auch sterben«, gestehe ich ihr und bereue auf der Stelle meine plumpen Worte, als ich den Schmerz über ihr Gesicht ziehen sehe. Doch es ist zwecklos zu lügen. Sie hat es verdient, die Wahrheit zu hören. »Nur dass ich nicht gestorben bin. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund habe ich überlebt. Also werde ich jetzt anfangen, mein Leben auf sinnvolle Weise zu nutzen. Und zwar ab sofort.«
»Ich verstehe deine Ungeduld und deinen Wunsch, gleich loszulegen«, sagt Leftfoot und schickt mir mit den Augen eine stumme Botschaft, die ich erst ganz allmählich begreife. »Aber es ist mitten in der Nacht, und du hast eine ganze Menge durchgemacht. Warum nimmst du Chepis Rat nicht an? Ein paar Stunden Ruhe machen keinen großen Unterschied.«
Ich mustere den alten Medizinmann aus schmalen Augen. Es kommt nur selten vor, dass ich seinem Rat nicht folge.
Diesmal muss es sein.
»Dazu reicht die Zeit nicht – ich muss die Energie nutzen, solange ich sie habe!«, widerspreche ich und mache mich
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