Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
getan.«
Ich mustere sie aufmerksam. Verfolge, wie sie den Lappen abwechselnd spült, auswringt und in den Händen zusammendrückt, bis das Blut fast ganz herausgewaschen ist und nur noch klares Wasser herausläuft.
»Was meinst du damit, dass er dafür erschaffen wurde?«
»Axel war nie ein Mensch.« Sie studiert den Lappen. Da nach wie vor Blutflecken darauf zu sehen sind, geht sie damit zum Mülleimer.
»Aber hast du nicht gesagt, die Oberwelt sei von wohlwollenden Wesen bewohnt, die einst unter uns weilten und sich jetzt dafür entschieden haben, uns zu leiten?«
»Doch. Das hast du ja wahrscheinlich schon mit eigenen Augen gesehen. Aber es gibt auch welche, die noch nie körperliche Form angenommen haben.«
Das muss ich erst verarbeiten. »Aber wie kannst du dir dessen sicher sein, wenn du ihn gar nicht richtig gesehen hast?«
»Ich brauche ihn nicht zu sehen, um seine Energie zu lesen – und seine Absichten. Sag mal, welche Farbe haben seine Augen?«, fragt sie. »Sind sie überirdisch?«
Ich reibe die Lippen aufeinander und muss es widerwillig zugeben. »Sie sind lavendelfarben. Ziemlich gewöhnungsbedürftig.«
»Anderwelt-Iriden. Das hab ich mir schon gedacht. Pass mal auf«, sagt sie. »Axels Entscheidungen sind einzig und allein seine Sache. Es sind die Entscheidungen, die wir an den Scheidewegen des Lebens treffen, die uns definieren. Axel hat einfach seinen definierenden Moment erlebt.«
»Dann ist sein wahres Wesen also das eines rebellischen Engels?«
Paloma schmunzelt, aber nur ganz kurz.
»Ach, und zu allem Überfluss hat er, glaube ich, auch noch eine Schwäche für Lita.« Ich versuche mir das Stöhnen gar nicht erst zu verkneifen, das mir über die Lippen kommt. »Und soweit ich es beurteilen kann, wird das Gefühl intensiv erwidert.«
Paloma sieht mich eher erschrocken als belustigt an und zieht besorgt die Augenbrauen zusammen. »Dann hoffe ich nur, dass sie beide zu Sinnen kommen, und zwar bald. So etwas endet nie gut.«
Ihre Worte ernüchtern mich, und ich überlege, ob ich Lita warnen oder mir wenigstens etwas einfallen lassen soll, um sie von ihm abzulenken.
»Ach, apropos Lita – das hätte ich beinahe vergessen …« Ich fasse in die Tasche, krame den Turmalin heraus und reiche ihn Paloma. »Cade hat ihn ihr geschenkt. Lita will ihn nicht haben, aber Xotichl sagt, er habe eine sonderbare Energie, und meinte, du solltest ihn dir mal ansehen. Mir sagt er gar nichts, aber wir dachten, dir vielleicht. Es sind eine ganze Menge Turmaline hier im Umlauf«, fahre ich fort und berichte ihr von Marliz und ihrem Verlobungsring.
Paloma schließt die Finger um den Stein, befühlt ihn und wiegt ihn in der Hand. »Vielleicht wollen sie nur ihr Inventar loswerden«, meint sie, obwohl ihre Miene die lockere Bemerkung Lügen straft. »Wir wissen ja wohl beide, dass die Richters nie einfach so etwas verschenken. Bei ihnen steckt immer ein spezieller Zweck dahinter.« Sie lässt den Edelstein in ihre Jackentasche fallen und winkt mich zum Flur hinaus. »Ich kümmere mich darum. Aber jetzt ruh dich erst mal aus, nieta .« Sie fährt mir mit dem Handrücken über die Wange und schiebt mir eine widerspenstige Haarsträhne hinters Ohr. »Ich lasse dich nicht lange schlafen, versprochen. Ich weiß ja, dass du dich unbedingt ans Werk machen willst. Aber ein paar Stunden Schlaf tun dir sicher gut. Chay und ich können uns solange um alles kümmern.«
Ich gehe brav in mein Zimmer, bleibe aber sofort hinter der Tür stehen und presse ein Ohr gegen das Holz. Das leise Tappen von Palomas Füßen, als sie den Flur entlang ins Wohnzimmer geht, wo sich ihre Stimme mit der von Chay vermischt, ist mir Stichwort genug, um zum Fenster zu huschen, es aufzuschieben und in die eiskalte Nacht hinauszuklettern.
Meine Schuhe treffen hart auf dem Kies auf und erzeugen ein lautes Knirschen. Doch als nach ein paar Sekunden noch niemand zum Nachsehen gekommen ist, laufe ich durch den Innenhof und schleiche mich hinter dem Haus durch den Garten und in Kachinas Stall.
So wie sie zur Begrüßung wiehert und mit gesenktem Kopf die Nüstern an mich schmiegt, muss sie mich wohl ebenso vermisst haben wie ich sie.
Ganz im Gegensatz zu Kater, der einen Buckel macht, mich giftig anzischt und auf der Stelle die Flucht ergreift.
»Kater ist wohl immer noch der Alte.« Ich streichle über Kachinas Nacken und die makellosen Streifen ihrer braun-weißen Mähne. »Was hältst du davon, wenn wir seinem Vorbild folgen und auch von
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