Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
bereits auf den Weg.
»Weißt du überhaupt, wo du suchen musst?«, fragt er. Seine Stimme klingt weder herausfordernd noch überlegen, sondern ganz nüchtern.
Meine schweigende Antwort ist der Beweis dafür, dass ich es nicht weiß.
»Vergeude deine Energie lieber nicht durch zielloses Herumirren. Lass mich erst die Vorarbeit erledigen, dann kannst du übernehmen, wenn es wichtig wird. Komm schon, Dace.« Er legt einen Arm um mich und tätschelt mir die Schulter. »Komm mit uns ins Reservat. Du und Daire könnt bei Tagesanbruch losziehen.«
Typisch Leftfoot. Ständig versucht er, mich von Daire zu trennen. Langsam frage ich mich, ob er schon die ganze Zeit den Verdacht hegte, dass die Liebe zwischen Daire und mir dazu dient, meinen fiesen Bruder zu stärken. Trotz allem empfinde ich ihm gegenüber eine tiefe Zuneigung. Er hat mich alles gelehrt, was ich weiß – und er war immer wie ein Vater zu mir.
»Geht ihr schon voraus«, sagt Chay, indem er sich auf Leftfoots Seite schlägt. »Ich bleibe hier. Paloma und ich können in der Nacht schon ein paar Dinge erledigen, während Daire sich eine Mütze voll Schlaf genehmigt.« Er lächelt mich mit einer so aufrichtigen Miene an, dass ich einfach nichts dagegen einwenden kann. »In ein paar Stunden seid ihr ausgeruht und erfrischt und könnt euch in die richtige Richtung aufmachen. Was meint ihr?«
Ich wende mich zu Daire um, während Chepi und Paloma zustimmend murmeln. »Na gut«, gebe ich nach, da ich weiß, dass es sinnlos ist, die Debatte in die Länge zu ziehen. Die Stammesältesten sind eine gewaltige Macht, vor allem wenn sie sich alle zusammentun. Trotzdem muss ich manchmal etwas in meiner eigenen Zeit erledigen, auf meine eigene Art.
Ehe mich jemand aufhalten kann, gehe ich auf Daire zu und ziehe sie in meine Arme. Und sowie ihre Lippen auf meine treffen, tritt alles in den Hintergrund, und das Einzige, was bleibt, ist unser Kuss.
Ihre Berührung ist weich und beständig, und wir wissen alle beide, dass der Ernst der Lage erneut in den Vordergrund treten wird, sowie wir uns voneinander lösen.
Eine Sekunde – ihre Lippen bewegen sich sanft mit meinen.
Zwei – ihr Atem wird eins mit meinem.
Drei – es gibt nichts, was ich nicht für dieses Mädchen tun würde.
Diesen Schwur nehme ich mit mir, als ich mich widerwillig losmache und auf die Tür zugehe.
Neunundzwanzig
Daire
C hay pflückt frische Kräuter und Blumen anhand der langen Liste, die ihm Paloma genannt hat, während sie und ich ihr Arbeitszimmer aufräumen und uns mit geübter Effizienz umeinanderherum bewegen.
Nach längerem Schweigen wendet sie sich zu mir um. » Nieta , was ist los? Dace ist wieder da, seine Wunden sind geheilt, trotzdem wirkst du reichlich geknickt.«
»Nicht geknickt.« Ich seufze und schäme mich über meinen kleinlichen Missmut angesichts all des Guten, das sie gerade erwähnt hat. »Eher … verstört.«
»Es geht um Axel.« Sie wischt sich die Hände an einem Geschirrtuch und faltet es danach wieder ordentlich zusammen. Paloma konnte schon immer in mir lesen.
»Er hätte mich nicht retten dürfen«, erkläre ich ihr. »Dace hätte sterben sollen, nicht ich.«
»Er hat also dem Schicksal ins Handwerk gepfuscht?« Ihr Tonfall ist sanft, doch ihr Blick ist messerscharf. »Und du bist dir über seine Motive nicht im Klaren?« Sie stellt sich auf die Zehenspitzen, um das letzte Glas aufzuräumen. Aber ich bin größer, also sause ich rasch hinüber und stelle es für sie nach oben.
»Sagen wir einfach, ich mag seine Motive zwar anfänglich missverstanden haben, aber nachdem er sie jetzt offengelegt hat, stehe ich mit noch mehr Befürchtungen da als zuvor. Er behauptet, er hätte mich gerettet, um Dace zu retten. Doch damit hat er ein großes persönliches Risiko auf sich genommen, und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Irgendwie habe ich das Gefühl, auf seltsame Art in seiner Schuld zu stehen.«
»Dann wäre es dir also lieber, er hätte dich sterben lassen?«
Ich werfe ihr einen Seitenblick zu. »Ich hab dir ja gesagt, dass es blöd ist.«
Paloma tritt ans Waschbecken und dreht den Wasserhahn auf. Unter heißem Wasser spült sie den Lappen aus, mit dem ich Dace’ Gesicht und Hände gesäubert habe. » Nieta , du musst begreifen, dass Axel genau dafür erschaffen wurde. Er wurde erschaffen, um zu leiten. Wenn er sich dafür entschieden hat, etwas zu tun, das seiner Überzeugung zuwiderläuft, dann hat er das wissentlich und willentlich
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