Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
ein gesichertes Alter, hatte sich schon im zarten Alter von vierzehn Jahren als Computergenie erwiesen. Er hatte das Telefon der Familie so geschaltet, daß alle Rechnungen an die Niederlassung der Chase Manhattan Bank in San Diego gingen. Es war reiner Zufall gewesen, daß man die Sache entdeckte. Der junge Computerverbrecher war von einem leicht bizarren Richter des lokalen Gerichts zu einer Woche Zwangsbüffelei in der EDV-Abteilung der UCSD verurteilt worden, um, wie es in dem ungewöhnlichen Urteil hieß, »besser kennenzulernen, welche Möglichkeiten Computer bieten, und auf diese Weise einen Blick dafür zu bekommen, was Computer neben Verbrechen noch alles leisten können«.
    Das ungewöhnliche Urteil hatte das Interesse der Lokalpresse erregt, und aus diesem Grund gab es eine Reihe von Zeitungsausschnitten über Luigi-Tonys Strafwoche an der UCSD. Die Woche hatte damit geendet, daß die Universität beschloß, dem jugendlichen Gauner ein Stipendium zu garantieren, falls es ihm gelinge, die High School zu absolvieren. Und mit dieser Möglichkeit vor Augen, die ihn während seiner Schul und Studienzeit als Lockmittel anspornte, hatte es Tony mit Hilfe von Stipendien zum Master of Science gebracht. Die vielversprechende Zukunft wurde bei einem Autounfall zerschlagen. Im Augenblick war unklar, was mit Tony geschehen würde.
    Seine Eltern hatten Luigi in weniger als einer halben Stunde als Sohn-Statisten akzeptiert. Man hatte ihnen eingeredet, es wäre ihre staatsbürgerliche Schuldigkeit, Spionagetheater zu spielen, und Luigi sowie die Männer, die ihn vorstellten, seien CIA-Offiziere, die in London an etwas arbeiteten, was für die USA außerordentlich wichtig sei. Da dies auch einigermaßen den Tatsachen entsprach, hatte Luigi keine Schwierigkeiten gehabt, an diesem Betrug mitzuwirken. Er hatte mit den Eltern ein paar Tage in einer Villa zugebracht, die von der CIA in San Clemente zur Verfügung gestellt worden war. Ununterbrochen hatten sie über den echten Tony gesprochen, der nur drei Jahre jünger war als Luigi. Manchmal stellte Luigi sich vor, daß sie sich hätten treffen können. Sie mußten gleichzeitig an der UCSD studiert haben. Vielleicht waren sie sich irgendwann einmal zufällig begegnet, vielleicht bei irgendeiner Strandparty.
    Die Legende brauchte nicht perfektioniert zu werden. Das Risiko, daß Luigi in London einem von Tonys Freunden begegnete, und einer dieser Freunde erkannte, daß Luigi denselben Namen trug wie ihr Freund, war praktisch gleich Null. Ebenso bestand kaum die Gefahr, daß die Russen versuchen würden, den Hintergrund des potentiellen Selbstmordkandidaten aus Kalifornien unter die Lupe zu nehmen. Und selbst wenn sie es versuchten, würden alle Angaben, die sie auf dem normalen Weg erhielten, ohnehin den Tatsachen entsprechen. All dies erschien Luigi ziemlich unkompliziert. Er hatte zum Spaß ein kleines PC-Programm geschrieben, um die mathematischen Risiken zu berechnen. Dabei hatte er herausgefunden, daß sie der Computerlogik zufolge sehr nahe an Null herankamen. Anschließend hatte er das Programm sofort gelöscht. Als Offizier des Nachrichtendienstes mit einer sehr langen Ausbildung als Spion wußte er jedoch auch, daß der Zufall und der unerwartete menschliche Irrtum ein bedeutend größeres Risiko darstellten als das rein mathematische Risiko.
    Beispielsweise konnte es passieren, daß bei einer Party irgendeine blonde Schwedin auf ihn zukam, ihn auf die Wange küßte und wie selbstverständlich Schwedisch mit ihm sprach, da sie sich seit der Studienzeit kannten, und ihn fragte, was er denn in London mache, und so weiter. So könnte seine Legende zerstört werden.
    Die körperlichen Gefahren hatte er noch nicht abzuschätzen begonnen. Die Operation war noch nicht in die Wege geleitet worden. Das hier war nur Vorbereitung.
    Er konnte unter drei Schlafzimmern wählen und hatte das vermutlich frühere Gastzimmer im ersten Stock ausgewählt. Es war um unpersönlichsten eingerichtet. Man hatte ihm zwei Reisetaschen mit Requisiten mitgegeben, um sein neues Leben auszustatten – – angefangen bei wohlbekannten T-Shirts der Universität, die tatsächlich auch seine gewesen war, bis hinzu manipulierten Familienfotos, auf denen man ihn zwischen seinen frischgebackenen Eltern an die Stelle des echten Tony gesteckt hatte.
    Er legte sich aufs Bett, faltete die Hände im Nacken, blickte an die Decke und grübelte über seine Rolle nach. Dieser Tony war kein großer Sportler gewesen,

Weitere Kostenlose Bücher