Im Namen Ihrer Majestät
dich heute schon mal anrufen lassen.«
»Das war vor der Tragödie. Da war er nur Held und wollte sich wohl von dem Verdacht reinwaschen, er hätte auf diese Frau geschossen. Das ist ein gewisser Unterschied.«
»Kannst du ihm nicht eine höfliche Nachricht schicken und sagen, du könntest gegebenenfalls jederzeit, wann immer er will… bei allem Respekt und so weiter? Fragen müssen wir schließlich doch, oder etwa nicht? Wir dürften ja kaum die einzigen sein, die was von ihm wollen.«
»Ich weiß«, erwiderte Erik Ponti knapp. »Sie filmen ein Fenster, in dem Licht brennt, und behaupten, Hamilton befinde sich hinter diesem Fenster.«
»Schreib ihm eine Mitteilung, eine höfliche Anfrage, dann schicken wir sie ihm mit einem Boten rüber«, sagte der Chef mit einer Autorität in der Stimme, die andeuten sollte, daß die Diskussion beendet sei.
Erik Ponti nickte stumm und hob die Hand zum Zeichen, daß er genügend Argumente gehört habe. Dann drehte er sich seinem PC zu, rückte die Tastatur zurecht und senkte den Kopf, als müßte er nachdenken. Der Chef schlich hinaus.
Erik Ponti blieb lange untätig vor den Tasten sitzen. Dann begann er zu schreiben. Er ging von dem aus, was sich in sachlicher Hinsicht bislang ergeben hatte. Er schrieb, wie wichtig es sei, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, erklärte, daß die Jagd der Araber jetzt als Bluff enttarnt werden könne, daß es die Schuld der Säpo sei, daß…
Daß – was denn? dachte er. Daß dein Kind und deine frühere Frau ermordet worden sind, schrieb er nach langem Zögern. Er ging davon aus, daß Hamilton einer offenen Sprache den Vorzug gab. Dann wollte er die Anfrage mit der Bemerkung beenden, daß er jederzeit und wo auch immer zur Verfügung stehe. Doch da verlor er schon wieder den Faden.
Er versuchte sich Hamiltons Gefühle hinter dem inzwischen von allen fotografierten einsam erleuchteten Fenster im Sophia-Heim vorzustellen. Doch er konnte es einfach nicht.
*
Carl lag mit offenen Augen auf dem Rücken und starrte an die Decke. Man hatte ihn eben in aller Hast in ein anderes Zimmer verlegt, da die Medien erneut dabei waren, ihn zur Zielscheibe zu machen. Niemand hatte während des kurzen Transports etwas gesagt.
Vor ein paar Stunden hatte er um ein kleines Transistorradio gebeten, um sich zum Spaß anzuhören, was Erik Ponti aus dem kurzen Interview gemacht hatte. Doch er hatte geschlafen, so daß er zufällig in die erste verlängerte Sondersendung des Abends geriet. Sein Interview bekam er nicht mehr zu hören, es war schon nicht mehr aktuell. Statt dessen erfuhr er, daß Stan, Burt und ihre Hausangestellten in Santa Barbara und Eva-Britt und Johanna Louise in Gamla Stan ermordet worden waren. Dann hatte er plötzlich die Selbstbeherrschung verloren und seine Trauer hinausgebrüllt. Als das erschrockene Krankenhauspersonal zu ihm hereinkam, war er schon nicht mehr zu bändigen, weinte und wollte aufstehen. Krankenpfleger wurden geholt, und nach kurzer Beratung mit dem diensthabenden Arzt gab man ihm eine Spritze, die ihn betäubte. Anschließend hielt man ihn im Bett fest, sprach vermutlich tröstend und beruhigend auf ihn ein. Später erinnerte er sich an kein Wort davon. Dann hatte er unter der zunehmenden Wirkung des Mittels, das man ihm gespritzt hatte, losgelallt und erklärt, er müsse ein Telefon haben, er müsse mit seiner Frau telefonieren und es ihr erzählen, bevor sie die Nachrichten einschaltete oder das Fernsehen oder die Hyänen sie anriefen.
Doch als er Tessie erreichte, war es schon zu spät. CNN war es irgendwie gelungen, beim Generalstab die Telefonnummer zu bekommen, und als sie den Hörer abnahm, hatte sie eine gehetzte junge Frau am Apparat, die um einen Kommentar dazu bat, daß ihr Sohn und ihr früherer Mann von Profis ermordet worden seien, die der Mafia nahestünden.
Im Augenblick war sie unter militärischer Bewachung zu Carl unterwegs. Der Generalstab hatte sich geweigert, den Schutz von der Sicherheitspolizei übernehmen zu lassen. Åke Stålhandske saß hinter den geschwärzten Scheiben neben ihr und hielt ihre Hand. Sie war angespannt und sehr bleich, fast geistesabwesend, weinte aber nicht mehr.
Carl lag im Bett und blickte an die Decke. Er hatte das Gefühl zu schweben, keinen Körper mehr zu haben. Einer seiner Verbände war wieder voller Blut. Neben ihm auf dem Nachttisch lag Johanna Louises Zahn, den er ihr noch vor kurzem aus dem Mund gedreht hatte; eine Sophia-Schwester hatte sich daran
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