Im Namen Ihrer Majestät
das Gefühl gehabt, tatsächlich ein Terrorist zu sein und zu dieser Bande in Hamburg zu gehören. Er hatte eine Liebesaffäre mit einem der Mädchen gehabt, einer gewissen Monika, und im nachhinein hatte er Schwierigkeiten, sich einzugestehen, daß die Legende in sie verliebt gewesen war und nicht er selbst. Manchmal hatte er an den Offizier des Nachrichtendienstes Carl Hamilton gedacht, als wäre dieser ein entfernter Bekannter, eine Art Verwandter, den er als seinen Feind und den der Bande betrachtete. Was Monika anging, hatte es damit geendet, daß er gezwungen gewesen war, auf sie zu schießen. Die GSG 9 habe die Sache dann völlig unnötig beendet und sowohl Monika als auch alle anderen ermordet.
Luigi lauschte aufmerksam und schob gelegentlich eine Frage ein. Er versuchte, Carls Erfahrungen mit dem zu vergleichen, was ihn vielleicht selbst erwartete.
»Tony Gianelli ist ja ein nice guy«, sagte er. »Der Unterschied zwischen mir und Tony Gianelli kann doch nie so abgrundtief werden wie zwischen dem Terroristen Hamilton und dem Offizier des Nachrichtendienstes Hamilton. Was mich von Tony unterscheidet, ist, daß Tony andere Menschen nicht mit bloßen Händen töten kann. Und es kann ja nicht sehr schwierig sein, diesen Teil geheimzuhalten. Der Rest des Theaters, daß Tony Gianelli zum Beispiel nicht so italienisch ist wie Luigi – und außerdem aus einem Teil Italiens stammt, den Mailänder als Afrika bezeichnen –, gehört schließlich zum Feinschliff. Und in der Barbarennation, in der wir uns gerade befinden, werden nur wenige in der Lage sein, das eine vom anderen zu unterscheiden. Für Engländer sind doch sogar Spaghetti, Pizza und Cannelloni ein und dasselbe. Sozusagen nicht ihre Tasse Tee.«
Doch da kam Carl wieder auf Lady Carmen zu sprechen.
»Die muß ja irgendeinen romanischen Ursprung haben.
Selbst wenn sie keine Italienerin ist, wird sie doch zwischen Mailand, Neapel und schlimmstenfalls Palermo unterscheiden können. Wir sollten vielleicht herausfinden, wer sie wirklich ist.
Wenn sie einen Verteidigungsminister Großbritanniens hat heiraten können, muß sie schließlich allerlei Sicherheitskontrollen überstanden haben. Vielleicht brauchen wir nur Sir Geoffrey zu fragen. Andererseits müßten wir dann erklären, weshalb wir eine solche Frage stellen. Wie auch immer – du mußt ohnehin über deine Eskapaden berichten, sobald du einen Führungsoffizier des MI 6 bekommen hast. Vielleicht läuft dann alles automatisch.«
Luigi wand sich bei dem Gedanken, vor irgendeiner Gestalt mit Krawatte und Weste über solche Details seines Lebens berichten zu müssen.
»Was wissen die überhaupt? Vielleicht sitze ich dann mit so einer Figur zusammen, die im Grunde Plastiktüten und Apfelsinen bevorzugt?«
Carl tröstete Luigi damit, daß die Information über das Verhältnis so zu Lady Carmen ohnehin den Dienstweg durchlaufen müsse, nämlich über den britischen Dienst, dem sie jetzt auf den ausdrücklichen Befehl des schwedischen Ministerpräsidenten hin dienen sollten. »Da du wahrscheinlich nicht vorhast, die Dame zu entführen und mit ihr nach Capri auszureißen, um dort auf ewig glücklich zu leben, ist es ja nur eine Zeitfrage, wie lange dieses Vergnügen noch weitergehen kann.«
Carls leichter Plauderton war auf die Tatsache zurückzuführen, daß sie sich am Ende der außerordentlich gelungenen Mahlzeit befanden und den Wein fast leergetrunken hatten.
Luigi ergriff die Chance, von dem Gesprächsthema Lady Carmen wegzukommen, um statt dessen nach Dingen zu fragen, die zwar persönlich waren, nach denen er aber doch fragen mußte.
»Was ist eigentlich geschehen? Ich habe zu diesem Thema ja nur etwas in der britischen Presse gelesen. Ich habe mich völlig isoliert gefühlt, da ich keine Möglichkeit hatte, anzurufen oder auch nur von mir hören zu lassen. Es ist nicht ganz leicht gewesen.«
»Ich begreife durchaus«, erwiderte Carl, »daß es nicht ganz einfach für dich gewesen ist. Schließlich hätte es auch umgekehrt sein können.«
Dann berichtete er sachlich und mit kurzen Worten, was passiert war und welche Sicherheitsvorkehrungen inzwischen auf Stenhamra installiert worden waren. Allerdings bleibe noch das Schwierigste, fuhr er fort. Tessie müsse nämlich verstehen, daß der geplante Umzug nach Kalifornien buchstäblich ein zum Tode verurteiltes Vorhaben sei.
Luigi faßte sich ein Herz und fragte: »Wie werdet ihr mit der Trauer fertig?«
Carl hielt einen Moment inne. Dann sagte
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