Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
müßten wählen. Entweder dürften sie nie mehr eine stille Ruderpartie mit einer Schleppangel genießen, oder es aber dennoch tun, doch dann mußten sie ihre Überlebenschancen vergrößern. Beim Rudern blickte er ständig Richtung Ufer.
    Nach einiger Zeit fragte sie, ob eine Waffe tatsächlich eine Garantie sei. Er antwortete recht unbeschwert, so etwas wie Garantien werde es nie mehr geben. Wenn aber am Ufer bewaffnete Personen auftauchten, werde es für ihn leichter sein, sie zu erschießen, als für sie, ihn zu treffen, denn es sei sein Beruf zu schießen. Im Grunde sei es nichts anderes als ein Sicherheitsgurt im Wagen: Leg immer den Sicherheitsgurt an, auch wenn noch nie etwas geschehen ist. Wenn aber etwas passiere, sei es eine sehr einfache Lebensversicherung.
    Das brachte Tessie auf die Frage ihres Umzugs nach Kalifornien. Carl argumentierte langsam und ohne jede Aggressivität. Es überraschte Tessie nicht im mindesten, daß er das Problem in einer fast mathematischen Ordnung schilderte. Das war seine Denkweise.
    »Als erstes«, erklärte er, »geht es darum, ein Leben zu wählen unter eigener Identität oder eines unter einer falschen. Das Leben unter falscher Identität ist eine traurige Sache, und Kalifornien kann dabei nicht in Frage kommen. Dort würden wir ständig Gefahr laufen, Personen zu begegnen, die wir kennen, zumindest in unserem Teil des Staates, unten im Süden. Zweitens müßten wir unsere gesamte persönliche Geschichte auslöschen, Freunde und frühere Erfahrungen verleugnen, alles. Sagen wir, wir lassen uns in Monterey außerhalb von San Francisco nieder. Du wirst einigen Ärger damit haben nachzuweisen, daß du kalifornische Anwältin bist. Das läßt sich zwar alles regeln, aber es bedeutet auch, daß Leute von deiner Universität in San Diego erfahren, worum es geht. Damit besteht das Risiko, daß Journalisten Wind von der Sache bekommen. Ich selbst habe in dieser Hinsicht nur ein kleineres Problem, da ich mich ganz einfach in ein ziviles EDV-Unternehmen einkaufen kann.
    Es bedeutet, daß wir anfangen müssen, ein völlig neues soziales Umfeld aufzubauen. Und mit eventuellen neuen Freunden wird es uns nie gelingen, je über unseren Hintergrund oder unsere persönlichen Engagements zu sprechen.
    Niemals würden wir in Kalifornien unter unserer wahren Identität leben können. Die verdammten Journalisten werden jeden Sizilianer darüber aufklären, wo wir uns aufhalten, wie wir wohnen und wie wir inzwischen aussehen. Wenn wir uns vor Sizilianern eines bestimmten Typs schützen wollen, was wir von nun an für den Rest unseres Lebens tun müssen, sind die USA in dieser Hinsicht nach Sizilien die zweitschlechteste Möglichkeit. Ich kann zwar nicht auf Anhieb sagen, wie viele Italiener in den USA leben, aber ich gehe davon aus, daß es mindestens ein paar Dutzend Millionen sind; zwei Italiener, die vor San Diego auf dem Badestrand in La Jolla herumlaufen, werden keinerlei Aufmerksamkeit erregen.
    Auf den Mälar-Inseln außerhalb Stockholms sieht es aber ganz anders aus. Es ist praktisch unmöglich, in unser Haus einzudringen, ohne entdeckt zu werden.
    Wenn es um die sizilianische Frage geht, ist es besser, in Schweden zu wohnen als sonst irgendwo. Und es ist besser, in einem großen Haus auf dem Land zu leben als in einer Stadtwohnung. Es mag dir zwar merkwürdig vorkommen, aber so ist es, selbst wenn du an herbstliche Dunkelheit und Winterstürme und andere schreckliche Dinge auf dem Lande denkst. In eine Wohnung in der Stadt einzudringen, ist praktisch unmöglich. Zumindest kann man mit Hilfe einfacher Maßnahmen dafür sorgen, daß es unmöglich wird. Aber es müssen alle Familienmitglieder jeden Tag durch dieselbe Haustür rein und raus, und Haustüren kann man leicht von einem Auto oder aus einer Wohnung gegenüber im Auge behalten. Eine Stadtwohnung ist weit unsicherer als unser Haus hier draußen.
    In sieben Jahren wird sich die Situation verändern, da Ian Carlos dann in die Schule kommt. Aber bis dahin ist noch viel Zeit, sogar für Sizilianer. Außerdem kann es sein, daß die Mafia-Familien, um die es hier geht, bis dahin schon alle Kraft verloren haben. Wir haben reichlich Zeit, uns auf die Probleme einzustellen, die in Kalifornien aber auf jeden Fall schlimmer sein würden als in Schweden.«
    Tessie hatte keine Einwände. Carls logische Form der Argumentation lud nicht gerade zu Widerspruch ein. Außerdem war da noch etwas, worüber er nicht sprach, was Tessie aber immer

Weitere Kostenlose Bücher