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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Personen mit genau deinen Fachkenntnissen in den letzten Jahren Selbstmord begangen haben?« fragte Tony Collins mit ernster Miene.
    »Selbstmord?« sagte Luigi verblüfft. »Glaubst du, ich könnte Gefahr laufen, wegen des Schicksals der Menschheit aufgrund meiner Arbeit deprimiert zu werden? Das kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Zwei deiner Vorgänger hier draußen in Addlestone haben Selbstmord begangen«, wandte der Journalist schnell ein.
    »Hast du noch nichts davon gehört? Hat dich niemand gewarnt?«
    »Nein, darüber hat niemand mit mir gesprochen. Und wovor sollte man mich warnen?« fragte Luigi mit gerunzelter Stirn, als begriffe er rein gar nichts.
    »Vor dem Selbstmord-Risiko oder anderen Gefahren. Hat niemand etwas gesagt?« fragte der Journalist mit einem Gesichtsausdruck, der erkennen ließ, daß er selbst im Begriff war, schon sehr bald mehr zu diesem Thema zu sagen.
    »Nein, von Selbstmord ist in keinem meiner Einstellungsgespräche die Rede gewesen«, erwiderte Luigi nachdenklich.
    »Es kann ja so sein, daß bestimmte Selbstmorde gar keine sind«, sagte der Journalist flüsternd. Dann beugte er sich zu Luigi vor. In seinen Augen blitzte ein Anflug von Irrsinn auf, den Luigi normalerweise zum Anlaß genommen hätte, dem Gespräch rasch ein Ende zu machen.
    »Wenn die Selbstmorde keine Selbstmorde sind, was sind sie dann?« fragte er mißtrauisch.
    »Morde«, flüsterte der Journalist. Er beugte sich jetzt so weit über den Tisch, daß sein Atem Luigis Gesicht streifte und dieser erschrocken zurückzuckte.
    »Und wer sollte uns wohl ermorden?« fragte Luigi ironisch, als er sich wieder gefaßt zu haben schien. »Natürlich SPECTRE?«
    »Es ist wirklich kein Stoff für Scherze. Wir reden von mehr als fünfundzwanzig Fällen rätselhafter angeblicher Selbstmorde in der Rüstungsindustrie«, sagte der Journalist gekränkt.
    »Auf wie viele Angestellte denn?« fragte Luigi mit einem überlegenen Lächeln.
    »Na ja, wenn man alle Verästelungen der Rüstungsindustrie mitrechnet… die sozusagen betroffen sind, dürfte es sich um 150 000 Angestellte handeln«, seufzte der Journalist und senkte leicht den Kopf, als sähe er Luigis Einwand schon voraus.
    »Aha!« sagte Luigi amüsiert. »Also hat ein Computerfreak unter 6 000 Selbstmord begangen? Ich weiß nichts über die Selbstmordhäufigkeit in Großbritannien, da weißt du sicher besser Bescheid als ich, aber einer von 6 000, das klingt doch relativ normal? Wie lautet die Zahl bei der normalen Population?«
    »Sie ist etwa genauso«, seufzte der Journalist resigniert.
    »Du hast also diesen Preis, von dem du vorhin gesprochen hast, dafür bekommen, daß du mit sorgfältigem investigativem Journalismus bewiesen hast, daß Angestellte der Rüstungsindustrie in exakt dem gleichen Umfang Selbstmord begehen wie Leute, die nicht in der Rüstung arbeiten?«
    »Diesen Einwand bringt jeder vor. Du hörst dich an, als hättest du schon davon gehört«, wandte der Journalist mißtrauisch ein.
    »Ach was, hör auf!« sagte Luigi lachend. »Ich beschäftige mich mit Mathematik und Wahrscheinlichkeitsrechnung. Das ist zufällig mein Broterwerb. Möglicherweise können Mathematik und Wahrscheinlichkeit so manche gute Geschichte zerstören, aber so bin ich nun mal, bitte um Entschuldigung.«
    »Und wenn ich behaupte, daß die Selbstmordfrequenz bei solchen Angestellten der Rüstungsindustrie, die sich mit EDV- Programmen für Waffensysteme unter Wasser befassen, hundertsechsundfünfzigmal höher ist als bei der normalen Population?« fragte der Journalist.
    »Wenn das so ist, hast du einen Zusammenhang gefunden, der sich nicht ohne weiteres erklären läßt«, stellte Luigi gleichgültig fest. »Hast du einen solchen statistischen Zusammenhang gefunden?«
    »Ja, die Zahl, die ich dir genannt habe, stimmt.«
    »Wie groß ist das statistische Material?«
    »Acht Personen.«
    »Da hast du’s! Das kann eine zufällige Abweichung sein. In zehn Jahren ist die Zahl wieder normal«, sagte Luigi lächelnd.
    »Falls es dir ein Trost ist, ich habe keinerlei Pläne, Selbstmord zu begehen. Aus dem Grund bin ich nicht nach London gekommen.«
    »Dazu sind deine beiden Vorgänger hier in Addlestone, die jetzt tot sind, auch nicht nach London gekommen.«
    »Durchaus möglich. Aber definitiv kannst du das auch nicht wissen. Leute, die Selbstmord begehen, haben doch meist recht geheime und private Motive?«
    »Sie sind aber meist nicht so geheim, daß sie sich nicht untersuchen lassen.

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