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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ermahnen und erziehen, mit dem Entzug von Geld drohen oder mehr Geld versprechen, um schnellstens möglichst große Teile der Produktion in private Hände zu überführen. Etwa so, wie ein drastischer chirurgischer Eingriff zwar weh tut, aber dennoch der einzige Weg zur Rettung ist. Die Gangsterherrschaft scheinen sie fast als ein reines Ordnungsproblem zu betrachten.«
    »Wie seht ihr das Risiko einer militärischen Konfrontation? Habt ihr auch dort unterschiedliche Analysen?« fragte Jurij Tschiwartschew.
    »Ja, das eine folgt ja aus dem anderen«, erwiderte Carl. »Bei der raswedka sehen wir kein Risiko einer militärischen Konfrontation zwischen Schweden und Rußland, jedenfalls nicht mittelfristig. Wir arbeiten mit zwei Kriegsfällen größeren Wahrscheinlichkeitsgrades. Einmal handelt es sich um verschiedene russische Bürgerkriege oder einen Krieg zwischen Rußland und der Ukraine. Wir glauben aber eher noch an eine Entwicklung, die damit beginnt, daß irgendein verrückter Revanchist Boris Jelzin ersetzt und sich dann daran macht, die baltischen Staaten zurückzuerobern. Das ist übrigens ein Risiko, das die Balten selbst anheizen, indem sie die dort lebende russische Bevölkerung diskriminieren. Rußland hat die Kapazität, schon heute eine solche Rückeroberung durchzuführen, aber eure Ausrüstung reicht nicht aus, um euch auf einen Gegner außerhalb der alten Sowjetunion zu stürzen. Schweden ist im Moment also zum ersten Mal seit Peter dem Großen außer Gefahr.«
    »Hm«, bemerkte Jurij Tschiwartschew. »Aber euer Ministerpräsident hat sich ja mit Äußerungen hervorgewagt, die sich so deuten ließen, als wolle Schweden militärisch gegen russische Angriffe auf die baltischen Republiken eingreifen, Verzeihung, die baltischen Staaten. Dann hat er noch die Freundlichkeit besessen, uns mit dem Hinweis erziehen zu wollen, daß wir mehr Schocktherapie brauchen und nicht weniger. Wie kann man solche Manieren erklären?«
    »Ich weiß es nicht«, gab Carl fast beschämt zu, als wäre er selbst für die seltsamen Äußerungen seines Ministerpräsidenten verantwortlich. »Wie du selbst weißt, haben wir keinerlei Ressourcen für militärische Operationen auf baltischem Territorium. Was dieses Säbelrasseln also soll, hat keiner von uns verstanden. Unser Oberbefehlshaber hat sogar in der Presse gegen diese Dummheiten polemisiert. Und was diese Äußerung über noch mehr Schocktherapie betrifft, muß man sie wohl als eine Erscheinungsform der persönlichen, aber dogmatischen Einstellung des Ministerpräsidenten sehen, daß nämlich alles, was rechts ist, richtig sei, etwas in der Richtung.«
    »Aber das sind doch sehr unkluge Äußerungen«, überlegte Jurij Tschiwartschew laut. »So etwas fördert doch die Möglichkeiten der allerschlimmsten Revanchisten. Hast du zum Beispiel mal etwas von einem gewissen Schirinowskij gehört?«
    »Ja, ich habe seinen Namen irgendwo in einem Bericht gelesen. Er wird offenbar als ein Mann angesehen, der besorgniserregend an politischem Boden gewinnt.«
    »Korrekt. Und Leute seines Schlages werden von Drohungen, man wolle Krieg gegen uns führen, und wir brauchten mehr Schocktherapie, nachgerade gemästet. Das ist übrigens ein Wort, das die meisten von uns inzwischen hassen. Nun, was haltet ihr von dem Risiko, wir könnten die Macht übernehmen?«
    »Die Sowjetarmee?« fragte Carl. Die indiskrete Direktheit der Frage verblüffte ihn erneut. »Nun ja, ihr müßt darüber gesprochen haben, davon gehen wir mit einiger Sicherheit aus. Soviel wir wissen, gibt es zwei Fraktionen. Eine möchte umgehend die Macht übernehmen, und zwar unter Hinweis darauf, daß man Recht und Ordnung schaffen müsse. Die zweite Fraktion ist skeptischer und meint, daß man die Macht nicht übernehmen könne, ohne gleichzeitig geordnete wirtschaftliche Verhältnisse zu versprechen, und das könnt ihr nicht zusagen. Wir glauben nicht, daß ihr besonders sentimentale Gefühle für oder gegen den Demokratisierungsprozeß aufbringt, sondern halten euch eher für Realpolitiker und praktisch denkende Menschen.«
    »Das war eine bemerkenswert gute Analyse«, sagte Jurij Tschiwartschew mit einem bestätigenden Nicken. »Euer Nachrichtendienst muß in unserem Land heute besser funktionieren als je zuvor.«
    »Ja, das wirst du verstehen«, gab Carl ohne Umschweife zu.
    »Das KGB befindet sich in Auflösung, die Grenzen zwischen legal und illegal sind fließend, und die Leute brauchen mehr Geld als je zuvor. Insgesamt

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