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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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fällt es uns also außerordentlich leicht, Quellen anzuwerben. Das versteht sich von selbst.«
    »Wie sollten wir bei den Streitkräften mit dieser Situation umgehen? Was meinst du?« fragte Jurij Tschiwartschew.
    Dies war offenbar Carls Chance, die Gedanken auf das eigentliche Ziel zu lenken. Er wollte jedoch unterstreichen, daß er wirklich nachdachte, bevor er antwortete. Deshalb ging er los und holte frisches Holz, blies ins Feuer, so daß es aufflammte und mehr Licht verbreitete, damit sie einander in die Augen sehen konnten.
    »Wir leben in seltsamen Zeiten. Wer hätte glauben können, daß du oder ich jemals dem anderen eine solche Frage stellen könnte«, sagte er, als er sich setzte. Er schien weiter an seine Antwort zu denken, während er sich den schmerzenden linken Schenkel massierte. »Laß uns die Gefahrenmomente nach ihrer Größenordnung behandeln«, fuhr er dann langsam fort. »Wenn die Streitkräfte die Macht übernehmen sollten, wozu ihr natürlich durchaus in der Lage seid, unter Hinweis auf Recht und Ordnung und all das, würdet ihr damit so etwas wie einen neuen Kalten Krieg auslösen. Rußland würde einer intensiven ökonomischen Kriegsführung ausgesetzt werden, die jetzt, nach einigen Jahren der Zerstörung in Form der Schocktherapie, euer Land vernichtend hart treffen würde. Das nächste Risiko entsteht, falls so ein revanchistischer Irrer an die Macht kommt, vielleicht sogar bei demokratischen Wahlen, und den Streitkräften befiehlt, beispielsweise die baltischen Staaten zurückzuerobern. Dann sitzt ihr in einem Fuchseisen. Wenn ihr den Befehlen der legalen Regierung des Landes gehorcht, bedeutet das einen Wirtschaftskrieg mit der westlichen Welt und eine Katastrophe. Wenn ihr nicht gehorcht, nun ja, das ist dann eine Art Aufstand. Doch bis auf weiteres ist das nur eine hypothetische Frage. Schlimmer ist das Risiko einer unmittelbaren Konfrontation mit einflußreichen Staaten im Westen, die etwa durch mangelnde Urteilsfähigkeit der Streitkräfte ausgelöst wird.«
    Nach diesen Worten hielt Carl inne. Jetzt hatte er den Köder ausgeworfen, jetzt stand die Entscheidung unmittelbar bevor.
    »Hast du etwas Bestimmtes im Auge, eine akute Gefahr?«
    fragte Jurij Tschiwartschew.
    »Korrekt. Ich denke an eine sehr konkrete Situation«, erwiderte Carl. Er blickte von seinem schmerzenden Bein hoch und sah Jurij Tschiwartschew in die Augen.
    »Laß hören«, sagte Jurij Tschiwartschew, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Irgendeine Abteilung bei den Streitkräften, sicher mit Anbindung an die raswedka, betreibt im Augenblick in England eine Operation von außerordentlicher Aggressivität. Ihr lauft Gefahr, entlarvt zu werden, und dann wird es sich nicht um irgendeine beliebige kleine Spionageaffäre handeln, sondern es gibt Wirtschaftssanktionen großen Umfangs als Antwort. Ihr sitzt mit einer tickenden Zeitbombe auf dem Schoß da. Das ist die Wahrheit.«
    »Was ist das für eine Operation?« fragte Jurij Tschiwartschew erstaunt.
    »Ihr ermordet handverlesene Spezialisten der britischen Rüstungsindustrie, die an einer bestimmten Marine-Technologie arbeiten.«
    »Dummes Zeug!« schnaubte Jurij Tschiwartschew. »Warum in aller Welt sollten wir uns auf so altmodische und außerdem politisch riskante Dinge stürzen?«
    »Ich habe gedacht, du könntest mir darauf antworten«, entgegnete Carl.
    »Ich weiß nichts von einem solchen Unternehmen und glaube auch nicht daran. Es erscheint mir unmöglich«, erwiderte Jurij Tschiwartschew und schüttelte mißtrauisch den Kopf. »Hingegen kenne ich eine ähnliche Serie von Morden in der britischen Rüstungsindustrie, die sich vor ungefähr zehn Jahren ereignet hat. Und in dem Fall weiß ich zufällig, wie alles zusammenhängt, weil zumindest die britische Presse andeuten wollte, wir steckten dahinter. Wir haben das Ganze sehr genau untersucht. Ich kann zwar nicht auf Details eingehen… ach was, natürlich kann ich das! Es ist schließlich wohlbekannt, daß wir zu jener Zeit die britischen Sicherheitsorgane recht gut penetriert haben. Diese Idioten ermordeten ihre eigenen Leute, und das aus Gründen, die zum Teil unverständlich und zum Teil rational waren. Einige der Opfer waren nämlich unsere Agenten. Aber das war damals. Willst du etwa sagen, es hätte jetzt wieder angefangen?«
    »Ja. Ich habe einen Auftrag erhalten, einen klaren Befehl operativen Inhalts im Zusammenhang mit dieser Geschichte. Ich habe vor Ort in London die Dokumentation durchgesehen, die

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