Im Namen Ihrer Majestät
und Åke kommen würden und daß sie wie immer unten am Ufer Würstchen über offenem Feuer grillen würden. Jetzt würde es ein etwas größeres Essen geben, und alle Gäste waren mit dem Überraschungsmoment einverstanden. Die Sicherheitspolizei auch, Gott sei Dank. Sie kicherte bei dem Gedanken, was sonst hätte geschehen können; sie sah einen mit Handschellen versehenen Verteidigungsminister, der gegen die Wand gepreßt wurde, einen Oberbefehlshaber, der mit erhobenen Händen aus dem Wagen steigen mußte.
Im Wagen hörte Tessie Kirchenmusik von Palestrina. Sie summte die Musik vorsichtig mit. Als sie vor den schwarzen Stahltoren der jetzt fertiggestellten weißen Steinmauer hielt und an den verschiedenen elektronischen Instrumenten herumfingerte, voller Sorge, nicht die Tore zu öffnen, sondern Alarm auszulösen, fiel ihr plötzlich ein, daß sie in den letzten Monaten nicht mehr gesungen hatte. Keinen Ton. Sie hatte zwar getanzt, aber das war eher ein heftiges körperliches Ausleben, das zu ihrer Trauer gepaßt hatte. Gesungen hatte sie nicht.
An den Wagenspuren auf dem Kies – der täglich geharkt wurde, damit man jede Spur sehen konnte – sah sie, daß Carl nach Hause gekommen war. Fast hätte sie den Wagen vor der Garage stehen lassen. Immerhin war es ein sonniger Sommertag, und kein Wagen, nicht einmal der des französischen Staatspräsidenten, brauchte da in einer Garage zu stehen. Doch sie durfte den Wagen niemals außerhalb der einbruchssicheren und alarmgeschützten Garage stehen lassen. So ging sie entschlossen zurück, machte das Garagentor auf und parkte den grünen Wagen, den sie natürlich benutzt hatte, hinter dem zweiten, dem grauen. Dann tippte sie ohne zu zögern die richtigen Codes ein und ging in der feuchten Sommerdämmerung mit schnellen Schritten ins Haus.
Sie fand Carl wie eine Gewitterwolke vor dem Fernseher stehend. Das erstaunte sie, da gerade Nachrichten gesendet wurden und er Fernsehnachrichten verabscheute. Als sie eintrat, hob er nur die Hand. Es war fast wie ein Befehl. Tessie konnte kaum hören, worum es ging, sondern sah nur ein Bild von ihrem Haus.
In diesem Augenblick schaltete er den Fernseher aus. Er war weiß im Gesicht vor Zorn, nicht vor Trauer, nicht vor Furcht, sondern nur vor Wut.
»Ist was passiert?« fragte sie vorsichtig auf schwedisch. Sie wählte intuitiv das Schwedische, wenn es ihr gefühlsmäßig schwerfiel, etwas zu sagen, und das Englische, wenn es intellektuell kompliziert war.
»Nein, es ist absolut nichts passiert«, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Abgesehen davon vielleicht, daß wir jetzt auch in Schweden ein kommerzielles Fernsehen mit sogenannten Nachrichten haben. Sonst ist absolut nichts passiert.«
Ihm schien plötzlich aufzugehen, daß sie sich nach einem langen Tag auf andere Weise begrüßen sollten. Er trat mit einem entschuldigenden Schulterzucken zu ihr, nahm sie eine Weile in den Arm und küßte sie vorsichtig auf den Hals. Sie spürte, daß sein ganzer Körper angespannt war.
»Von gestern sind noch ein paar Enchiladas im Kühlschrank. Wir können sie in die Mikrowelle tun. Möchtest du ein Glas sehr guten Rotwein dazu?« fragte er dann leise, während er sich gleichzeitig zu entspannen schien.
»Nein«, sagte sie entschieden. »Es ist Freitagabend. Ich habe absolut nichts gegen guten Rotwein, aber ich finde, wir sollten etwas Besseres essen. Hast du Ian Carlos was zu essen gegeben?«
»Ja«, flüsterte er, ohne seinen Griff um sie zu lockern. Er küßte sie erneut behutsam auf den Hals. »Er hat gegessen, hat auch frische Windeln. Außerdem schläft er.«
»Du kommst deinen Pflichten nach, Sailor. Wissen deine Offizierskameraden eigentlich, daß du ein Softie bist?« flüsterte Tessie ihm ins Ohr, als erzählte sie ihm ein Geheimnis.
»Aber ja!« sagte er laut und schob sie mit geraden Armen von sich. »Nun, was möchtest du denn lieber essen?«
»Tja«, sagte sie gedehnt. Dann rückte sie mit einer affektierten Handbewegung die Frisur zurecht und ging mit übertrieben schwingenden Hüften in die Küche. »Etwas verdammt Gutes, zum Beispiel!« rief sie zu ihm zurück.
Er überlegte kurz, was sich im Kühlschrank befand, nickte vor sich hin, als hätte er einen entscheidenden Entschluß gefaßt, und ging in den Weinkeller.
Sie aßen an ihrem Lieblingsplatz an den französischen Fenstern und sahen die Sonne durch das leicht grün schimmernde Licht im Panzerglas untergehen; Tessie hatte ohne weiteres seine
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