Im Namen Ihrer Majestät
Erklärung akzeptiert, daß es nicht gut sei, draußen zu sitzen, wenn es dunkel werde. Dann kämen nur die Mücken.
Die Mahlzeit begann mit Meereskrebssuppe. Dazu gab es einen ungewöhnlich kraftvollen spanischen Wein, der wie griechischer fast ein wenig nach Baumharz schmeckte. Sie hatte ihn noch nie getrunken. Dann servierte Carl Kalbsfilets, in Butter gedünstete Champignons, Zuckerschoten und einen Bordeaux, nach dem sie sich gar nicht erst erkundigte. Vermutlich würde sie doch nichts anderes meinen, als daß er gut, schlecht oder verdammt gut war. Das waren die einzigen Bewertungen, die auch er vornahm. Zum Abschluß saßen sie mit einigen Käsesorten da.
Sie hatten nicht viel gesprochen, doch das Fehlen der Worte störte sie nicht. Das Schweigen war nicht mehr angestrengt und quälend wie noch vor einem Monat. Dann fragte Tessie, was vorhin im Fernsehen gewesen war. Sie bereute es sofort, als sie sah, wie er erstarrte.
»Die schwedische Sicherheitspolizei hat wieder etwas verkündet«, sagte er schnell und fast aggressiv.
»Ja?« fragte Tessie, um ihn zum Weitersprechen zu bewegen.
»Es ist so«, begann er etwas müde. Er warf ihr ein vorsichtiges Lächeln zu. Das war ein Signal, daß er nicht mehr empört war und Zeit gefunden hatte nachzudenken. »Ein Reporter soll vor kurzem die interessante Neuigkeit ans Licht gebracht haben, daß ein gewisser Spion namens Stig Sandström heute als finnischer Geschäftsmann in Österreich lebt, und zwar in Saus und Braus. Das alles natürlich russischen Hundert-Dollar-Quellen zufolge. Jetzt hat er mitteilen können, daß die schwedische Sicherheitspolizei sich nicht nur um dein und mein Wohlergehen Sorgen macht, sondern auch um die Sicherheit aller Mitarbeiter von IBM, wenn du weiter dort arbeitest, sowie um das Wohlergehen aller, die etwas mit meinen Immobiliengesellschaften zu tun haben. Angeblich schweben alle diese Menschen unseretwegen in Lebensgefahr. Außerdem meint der Mann, die Steuerzahler müßten für uns aberwitzige Summen aufbringen. Die Scheißkerle haben die Namen meiner Angestellten genannt, eine große Zahl von Häusern mit Bild und Adresse vorgestellt und gesagt, sie könnten in die Luft gesprengt werden, und der Teufel weiß, was sonst noch.«
»Sandström?« fragte sie verwirrt. »War das nicht der Mann, den du getötet hast?«
»Das war eine direkte Frage, wenn ich so sagen darf. Es ist von schwedischer Seite nie offiziell erklärt worden, was mit Sandström in Moskau geschehen ist. Aber eins kann ich jedenfalls sagen, nämlich daß er nicht in Saus und Braus in Österreich lebt. Aber was weiß ich schon im Vergleich zum Fernsehen?«
»Nun, darüber sollten wir jetzt vielleicht nicht sprechen«, sagte sie. »Aber was ist mit IBM und deinen Angestellten?«
»Wie kommst du nur auf die Idee, ich hätte Sandström liquidiert?« fragte er.
»Es stand in allen amerikanischen Zeitungen, und deswegen wurdest du doch Man of the Year, oder hast du das schon vergessen?«
»Jaja, ach so, das. Sie behaupten, daß du eine Zeitbombe wärst, wenn du weiter bei IBM arbeitest. Den Sizilianern sei es völlig gleichgültig, wer in der Nähe stehe, wie es die Fernsehreporter und Säpo ausgedrückt haben. Die Säpo hat sich jetzt nämlich in den Kopf gesetzt, daß ich von Sizilianern verfolgt werde und nicht von Arabern. Das gleiche gilt für meine Angestellten, meine Immobilien, alles. Ferner bringen sie Karten und Namenslisten und Aussagen erschreckter Menschen, die, wie kaum anders zu erwarten, der Meinung sind, sie möchten am liebsten nicht ermordet oder in die Luft gesprengt werden.«
»Was unternehmen wir?« fragte sie resigniert.
»Die Sache mit den Immobilien ist einfach. Ich habe ein Angebot von deutscher Seite. Ich verkaufe den ganzen Mist am Montag, ohne Rücksicht auf steuerliche Konsequenzen und anderes. Dann ist die Sache aus der Welt.«
»Und mein Job bei IBM?«
»Das können wir nicht so leicht erledigen. Offen gestanden, ich weiß nicht, was wir machen sollen.«
»Ich will aber nicht hier sitzen wie die Jungfrau, die vom Drachen bewacht wird und nichts anderes mehr tun kann. Dann ist mir Kalifornien schon lieber. Gibt es denn keine amerikanischen Autos dieser Art?«
Carl war nicht ganz sicher, ob das Galgenhumor war, oder ob sie tatsächlich spontan gefragt hatte.
»Ich habe beim Essen versucht, ein wenig über all das nachzudenken. Ja, entschuldige, aber ich kann ja kaum anders. Das Ganze hängt davon ab, wie es mit deinem Job aussieht
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