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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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lügen. Wenn er gewollt hätte, wären diese Carol und er am Ende dieses sehr feuchten Abends gemeinsam nach Hause gegangen. Er hatte jedoch darauf verzichtet, den schüchternen Amerikaner gespielt und etwas davon gemurmelt, es sei der erste Abend und falsch, sofort miteinander zu schlafen. Warum er verzichtete, war ihm selbst nicht ganz einleuchtend. Er wollte Lady Carmen nicht »untreu« sein.
    Er war unsicher, ob er selbst oder Tony Gianelli in sie verliebt war. Und wenn sie in diesen Tony Gianelli verliebt war, war es nicht seine wirkliche Identität, die sie vor Augen hatte. Das war sehr verwirrend. Sie hatte angedeutet, daß sie sich vielleicht scheiden lassen wolle. Sie hatten sogar scherzhaft über ein gemeinsames Leben gesprochen, irgendwo weit weg, wo es keine Engländer gab. Er glaubte ihr keine Sekunde und war nicht einmal sicher, ob sie es überhaupt erwartete. Ihre Treffen waren in der letzten Zeit seltener geworden. Beide gaben der Arbeit die Schuld. Luigi mußte den Umgang mit anderen Menschen suchen, ihre Gründe kannte er nicht. Er ging jedoch davon aus, daß sie alle bei allem anlog; die Art, wie die Ehefrau des ehemaligen Verteidigungsministers ihn so blitzschnell erobert hatte, deutete darauf hin, daß sie so etwas nicht zum ersten Mal getan hatte. Das kränkte Luigi nicht im mindesten, obwohl er nicht wußte, wie Tony Gianelli sich dazu gestellt hätte. Luigi hatte es jedenfalls vorgezogen, den naiven Amerikaner auch weiterhin unschuldsvoll und ohne jeden Verdacht bleiben zu lassen, als wäre er, also Tony Gianelli, tatsächlich so unwiderstehlich, daß eine Lady Carmen gar nicht anders konnte, als sich gerade in ihn zu verlieben.
    Er kam zwei Minuten zu früh zur Kirche.
    Als er am Eingang etwas von dem Weihwasser genommen und sich bekreuzigt hatte, ging er durch das gesamte Mittelschiff bis zu dem Seitenaltar, an dem man Gedenkkerzen anzünden oder beten konnte. Er nahm eine Kerze und stellte sie ein Stück weg von den anderen Kerzen. Diese schienen zusammenhalten zu wollen wie verlorene Seelen.
    »Verzeihen Sie mir«, flüsterte er der brennenden Kerze zu.
    »Verzeihen Sie mir, Mr. Collins.«
    Langsam und mit gesenktem Kopf ging er den Mittelgang entlang und bog zu dem verabredeten Treffpunkt ab. Aus dem Augenwinkel hatte er schon gesehen, daß Kincaid auf dem vereinbarten Platz saß.
    »Gott sei Tony Collins’ Seele gnädig«, flüsterte Luigi.
    »Jesses, bist du gläubiger Katholik?« erwiderte Kincaid amüsiert.
    »Tony Gianelli ist es, falls du dich erinnerst«, gab Luigi zurück.
    »Nun, wie schön für ihn, aber jetzt geht es um dich und mich«, antwortete Kincaid nach einigem Zögern. Ausnahmsweise hatte sein Tonfall nicht diesen selbstsicheren und überlegenen Klang.
    »Wir haben sie dazu gebracht, Collins zu ermorden, nicht wahr?« sagte Luigi etwas geschäftsmäßiger.
    »Ja, das hat zweifellos einige Befürchtungen bestätigt. Wie schade, daß sie sich nicht über dich hergemacht haben, alter Knabe.«
    »Ja, es ist schade, wirklich schade. Wißt ihr etwas über die Methode? Wie viele Mann, Giftanalyse, all das?«
    »Die Leiche war völlig frei von Giften. Wir vermuten, daß man ihn mit einer Waffe bedroht hat. Aber die Polizei glaubt, daß ein Selbstmord vorliegt. Deshalb geben die Beamten sich keine übertriebene Mühe. Außer ein paar Faserproben haben wir nichts bekommen. Baumwolle, ägyptische, ukrainische, was auch immer, aber die Analysen sind noch nicht abgeschlossen.«
    »Kann Ihre Majestät nicht ein bißchen Druck machen?«
    »Du Witzbold! Es fällt mir außerordentlich schwer zu glauben, daß sie so etwas tun könnte.«
    »Ich meine den Dienst.«
    »Ach so, den Dienst, aha. Es würde ein bißchen komisch aussehen, wenn wir uns da einmischten, in eine ganz normale Polizeiermittlung, die sich um das schäbige Hinscheiden eines kleinen beschissenen Journalisten kümmert. Es würde unangemessene Aufmerksamkeit erregen. Wir müssen uns bis auf weiteres mit dem Bescheid begnügen, daß die Gegenseite irgendwie angebissen hat. Schließlich haben sie den Burschen ja umgenietet. Armer Kerl, übrigens. Es muß schrecklich peinlich gewesen sein.«
    »Wieso peinlich?«
    »Was würdest du davon halten, in einer rosa Korsage aufgefunden zu werden?«
    »Ach so, das. Nun ja. Ihr scheint es aber leicht zu nehmen?«
    »Es liegt ein gewisser Humor in dieser Geschichte. Der Gegner scheint ebenfalls einen erstaunlich hohen Grad von Humor zu haben. Beinahe könnte man vermuten, daß das

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